Trugschluss
junger
Kollege an einem DVD-Player hantierte, der auf einer Art Schrankwand mit
unzähligen weiteren technischen Geräten untergebracht war.
»Wir haben zum besseren Verständnis ein
paar Grafiken mitgebracht«, erläuterte Armstrong und schaltete die Projektion
mit der Fernsteuerung ein. Auf der Leinwand erschien ein Satellitenbild, das
ein fast wolkenfreies Europa zeigte, über das in gleichmäßigen Abständen
vertikale, verschiedenfarbige Linien gezogen waren, als seien es Längengrade.
»Meine Herren«, begann Armstrong, »wir
haben überall auf diesen Linien unsere ›Energy-Points‹ aktiviert und über das
›Flash-Net‹ verknüpft. Wir sind damit in der Lage, alles zu erfassen, was sich
in den Sektoren A, B und C im Datenverkehr bewegt.« Zur Bekräftigung ließ der
Redner nacheinander eingefärbte Felder aufleuchten, die große Bereiche des
Nahen Ostens sowie den Kontinent entlang einer Linie über den Ural zum Nordmeer
bedeckten.
Er erläuterte ausführlich, wie die
einzelnen Stationen miteinander kommunizieren konnten, ohne dass die
gigantischen Datenmengen, die ständig bewältigt werden mussten, anderen Stellen
auffallen würden.
»Der Feind hört mit, hat es früher
geheißen«, stellte er schließlich fest, »heute ist Mithören zweitrangig
geworden. Heute müssen wir, das ist Ihnen allen bekannt, elektronische
Steuerimpulse überwachen, sensibelste Änderungen auf tausenden von Frequenzen.«
Armstrong nahm einen Schluck Überkinger Mineralwasser. »Die wahren Kriege,
meine Herren, werden mit Mausklick geführt«, sagte er.
Dann, nach fast einstündigem Referat über
die Gefahren des Terrorismus und zu dessen Abwehr, kam er auf ›Projekt Echo‹ zu
sprechen, das den Zuhörern weitaus fremder war, als das Security-Netz, das sie
um den Globus gelegt hatten und dessen Aufbau seit dem 11. September forciert worden
war.
›Projekt Echo‹, fuhr Armstrong fort und
spürte, wie das Interesse der Männer wieder zunahm, »es wird im kommenden März
in seine entscheidende Phase treten.« Er machte eine kurze Pause und ließ auf
der Leinwand ein seltsames Gitternetzmuster erscheinen, das in der Mitte eine
Verzerrung aufwies.
»Was ich vorausschicken möchte, dürfte
Ihnen als Physiker der deutschen Elite zwar bekannt sein. Ich gehe einfach mal
davon aus, dass Sie Einstein gelesen und verstanden haben.« Seine Zuhörer
nickten eifrig. »Aber, seien wir mal ehrlich, man tut sich schwer damit,
verdammt schwer. Doch der große Meister, der ja ganz in der Nähe von hier
geboren wurde, hab ich recht? – ja, der wurde in den vergangenen Jahrzehnten in
allem bestätigt, was seinem genialen Hirn entsprungen ist. Und wir sind dabei,
sogar noch einen Schritt weiterzugehen.« Er lächelte zufrieden in die Runde,
fügte dann aber ernst hinzu: »Wenn uns niemand in die Quere kommt.«
26
Münsingen, Montag, 14. Juli 2003.
Die beiden dunkelhäutigen Männer, deren Deutsch einen starken
arabischen Akzent erkennen ließ, hatten sich gleich nach ihrer Ankunft am
Stuttgarter Flughafen mit dem Taxi nach Münsingen fahren lassen. Ihre Zimmer
waren im Hotel Herrmann vorbestellt. Fürs Abendessen hatten sie einen Tisch für
vier Personen in einer Ecke reservieren lassen.
Als die beiden Araber den gediegen
eingerichteten Speiseraum betraten, wurden sie von einem Dutzend Gästen
unauffällig gemustert und vermutlich als Geschäftsreisende eingestuft.
Gleiches galt für das Paar, das wenig
später am Tisch der Araber Platz nahm und von diesen freundlich begrüßt wurde.
Das Interesse der übrigen Gäste, vor allem der männlichen, galt der jungen
Begleiterin des 40-jährigen Mannes. Sie trug ein kurzes, ärmelloses
schneeweißes Kleidchen, das ihre dunkelbraunen schulterlangen Haaren besonders
zur Geltung brachte. Er hatte sich sein Jackett über die linke Schulter
geworfen und es lässig am Kragen festgehalten.
Nachdem sich die vier Personen wieder
gesetzt und Getränke bestellt hatten, kam der Araber, der mit »Abdul« angeredet
wurde, gleich zur Sache. Er sprach mit gedämpfter Stimme. »Meine Freunde«,
sagte er mit rollendem »r«, wie es Araber immer tun, wenn sie deutsch sprechen,
»wir befinden uns auf heißer Erde.« Er blickte sich vorsichtig um und
vergewisserte sich, dass die Nebentische weit genug entfernt und die anderen
Gäste außer Hörweite waren. »Nur vielleicht hundert Kilometer von hier
entfernt, in Ihrem lieblichen Stuttgart, befindet sich ›Eucom‹ , die
Kommandozentrale der US-Streitkräfte
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