Trugschluss
linken Hand hielt, waren ebenfalls
dezent-vornehm gekleidet. Der Ältere öffnete die Beifahrertür und nickte dem
Chauffeur zu, der eine Illustrierte zur Seite legte. Der andere stieg hinten
rechts ein. »Willkommen in good old Germany«, sagte der Fahrer und schüttelte
seinen Gästen die Hände. Der Amerikaner lächelte freundlich: »Guten Tag, ich
bin Mr. Armstrong. Aber das dürften Sie ja wissen. Das hier …« Er deutete nach
hinten. »Das ist mein Mitarbeiter Joe Clearwood.«
Sofort startete der Mann hinterm Steuer
den Motor und ließ die Daimler-Limousine aus dem Münsinger Zentrum rollen.
»Ich hoffe, sie hatten einen guten Flug«,
begann der Chauffeur eine Konversation, während er die Richtung Laichingen
ansteuerte.
»War ein bisschen umständlich«, erwiderte
der braungebrannte Gast auf dem Beifahrersitz, »wir mussten in Genf umsteigen.«
Die Fahrt ging aus dem Zentrum mit seinen
schmucken Fachwerkhäuschen hinaus. Kurz vor dem Ortsende bog die Limousine
links ab, vorbei an den Gebäuden einer Kaserne.
Armstrong vermutete, dass es hier bereits
längere Zeit nicht mehr ausgiebig geregnet hatte. Die Stauden am Straßenrand
schienen welk zu sein, Blumen ließen ihre Blütenköpfchen hängen.
Einige Lebensmittelmärkte huschten vorbei,
auch zwei Tankstellen, dann das Ortsschild von Auingen. Die Männer saßen
schweigend in dem klimatisierten Wagen und beobachteten die wenigen Menschen,
die sich am Straßenrand bewegten. Nach einem leicht abschüssigen Stück führte
die lange Ortsdurchfahrt wieder aufwärts. Dort setzte der Fahrer den Blinker
nach links. ›Altes Lager‹, stand auf weißen Schildern. Armstrong und sein
Begleiter wussten, dass sie am Ziel waren. Der Daimler rollte auf eine
geschlossene Schranke zu. ›Fotografier- und Filmverbot‹, war auf einem der
Schilder zu lesen. Die ›Standortverwaltung Münsingen‹ machte auf ihnen
deutlich, dass Unbefugten das Betreten dieses militärischen Sicherheitsbereichs
streng verboten sei. ›Vorsicht Schusswaffengebrauch‹, las Armstrong. Ein
anderer Hinweis erinnerte an die Zeit, als hier noch Franzosen stationiert
waren: ›Casernement Administration‹.
Der Chauffeur fuhr dicht an die Schranke
heran und stoppte. Die große runde Bahnhofsuhr, die rechts von der
Backstein-Fassade wegragte, zeigte zehn nach zwei. Und die Sonne brannte
gnadenlos auf die Asphaltfläche herab, auf der sich jetzt zwei Uniformierte
näherten. Unterdessen hatten sich einige bewaffnete militärische Wachposten
abseits der Schranke gezeigt, hinter der eine breite, von jungen Bäumen
flankierte Zufahrt in das Gelände hineinführte.
Der Mercedes-Fahrer ließ die Seitenscheibe
nach unten gleiten und streckte einem der salutierenden Uniformierten einen in
Folie geschweißten Ausweis entgegen. Unterdessen trat ein anderer Wachposten an
die Beifahrertüren heran. Dort hatten Armstrong und Clearwood sofort die
richtigen Druckknöpfe zum Öffnen ihrer Scheiben gefunden. Die Männer griffen in
die Innentaschen ihrer Jacketts und reichten dem Uniformierten ebenfalls
Dokumente. Dieser las, salutierte und gab sie wieder zurück. Augenblicke später
bewegte sich das Tor summend zur Seite und der Mercedes durfte passieren.
»Bis wann muss die Anlage geräumt sein?«,
fragte Armstrong, während der Wagen nun an einigen Gebäuden entlangfuhr, die
von hohen Sträuchern umgeben waren. Dort parkten Pkws mit zivilen Kennzeichen
aus allen Teilen Deutschlands.
»Ende übernächsten Jahres, soweit ich das
weiß«, antwortete der Fahrer, fügte dann aber zweifelnd hinzu: »So ganz kann
ich das aber noch nicht glauben.« Sie ließen jetzt den bebauten Bereich hinter
sich.
Nach knapp zwei Kilometern, während denen
sie durch eine von Panzerspuren durchfurchte Heidelandschaft kamen, erreichten
sie das Ziel: Ein einstöckiges Gebäude, das eher wie eine Baracke aussah, um
das herum jedoch auf mehreren unterschiedlich hohen Masten eine Vielzahl von
Antennen und Parabolspiegel angeordnet war.
Kaum hatte der Mercedes gehalten, kamen
aus dem Gebäude, das im gleißenden Licht der nachmittäglichen Sommersonne lag,
annähernd zehn Männer heraus, alle ziemlich jung, leger gekleidet, meist mit
Jeans und blauen kurzärmeligen Hemden. Sie zeigten sich erfreut, den hohen Gast
und seinen Begleiter begrüßen zu können, und schüttelten ihnen nacheinander die
Hände. Nachdem ein paar freundschaftliche Worte gewechselt waren, vor allem
darüber, dass sich beide Seiten von dem Treffen Fortschritte
Weitere Kostenlose Bücher