Truthahn um zwölf
treffen erwartet hätte. Sie gehörte nicht in Kaufhäuser, und man
sah es ihr auch an. Aber sie war hier, ruhig und beherrscht, unterwürfig
begleitet von einem »leitenden Angestellten«, wie Bertie sagen würde. Das
Erstaunliche aber war, daß die Leute ihr Platz machten. Ursula schritt wie eine
Königin durch die Menge und erblickte mich genau in dem Augenblick, in dem der
Verkäufer nach meinem »Mann« rief.
Sie sah sich nach Paul um und
wandte sich dann kühl und laut hörbar an mich: »Meine liebe Susan, was um
Himmels willen tun Sie und Paul denn hier — und wo ist Paul denn?«
Jetzt war ich froh über das
Versehen des Verkäufers. Ich glaube nicht, daß es Ursula gestört hätte, wenn
ich in diesem Kaufhaus den Wölfen vorgeworfen worden wäre; aber jetzt meinte
sie, Paul erretten zu müssen. In dem Lärm war es mir unmöglich, eine Erklärung
abzugeben, außerdem war Paul der richtige Köder, um Ursula an meine Seite zu locken.
Und wenn sie kam, würde der »leitende Angestellte« auch kommen, und wir würden
plötzlich erstklassig behandelt werden. So winkte ich ihr also nur hilflos zu,
und sie bahnte sich einen Weg durch die wogende Menge, die sich teilte durch
das gleiche Wunder, durch das die Kinder Israels den Jordan überschritten. Der
»leitende Angestellte« folgte ihr. Jetzt würden wir bedient werden, und ich war
froh, die Sache bald hinter mir zu haben.
Ursula wiederholte: »Wo ist
Paul?« Es klang schon drohend, aber gerade da war es Bertie gelungen, sich an
meine Seite durchzuboxen. Vor Erschöpfung fing ich fast an zu lachen, und mir
gelang es nur noch zu keuchen: »Paul ist nicht hier«, und auf Bertie zu zeigen,
»der Verkäufer hat ihn gemeint«. Ursula musterte Bertie, und ihr »den?« sprach
Bände. »Aber Susan, wie können Sie ...«
Mit Vergnügen bemerkte ich, daß
sie dachte, ich amüsierte mich einen Abend mit unserem Lehrer. Sie war nicht
nur entsetzt, sie war auch enttäuscht. Statt meines großen, gutaussehenden
Mannes stand hier dieser blasse, erschöpfte kleine Mensch, dem der Mantel halb
heruntergerissen worden war und der anscheinend den Tränen nahe war.
Ich nahm mich zusammen und
sagte schüchtern: »Ursula, bitte helfen Sie uns. Wir müssen alle Geschenke für
den Christbaum in der Schule aussuchen und haben eine schrecklich lange Liste
dabei. Wenn Sie diesen Herrn vielleicht bitten könnten, daß er uns hilft...«
Ursula liebt solche Bitten.
Schweigend nahm sie mir die Liste aus der Hand, wandte sich gebieterisch an den
»leitenden Angestellten«, und in einer halben Stunde waren alle Geschenke
ausgesucht und verpackt. Ich überließ alles ihr und Bertie und sagte nur: »Sie
wissen es sicher besser.« Als das geschafft war und Bertie seine einzige Tat
des Abends vollbrachte und die Schachteln zum Auto trug, bedankte ich mich bei
Ursula und fügte wahrheitsgemäß hinzu: »Ich weiß nicht, was wir ohne Sie
gemacht hätten.«
Sie lächelte herablassend und
sagte: »Ach, man muß nur wissen, wie man diese Leute in den Geschäften
behandeln muß. Ich habe da nie Schwierigkeiten«, und ich fühlte mich kleiner
und unbedeutender denn je. Ich hatte noch die Geistesgegenwart zu fragen: »Aber
was tun Sie hier? Ich dachte, sie hätten alle Einkäufe schon im Oktober
gemacht?«
Eigentlich war das gemein von
mir, nachdem sie mir nun geholfen hatte, aber ich konnte sie gar nicht treffen,
denn sie sagte nur: »Natürlich mache ich keine Einkäufe für mich — in so einem
Geschäft! Aber Tim merkte plötzlich, daß er ein paar Leute vergessen hatte, und
der Arme regte sich so auf. Er schien Anne heute Abend nicht allein lassen zu
wollen, und so bot ich natürlich meine Hilfe an.« Dann lächelte sie milde und
sagte: »Sie wissen ja, wie die Männer sind!«
Wie oft sagte Larry genau das
gleiche, aber es klang ganz anders. Ich stimmte zaghaft zu und behauptete,
schnell hinter Bertie her zu müssen um nachzuschauen, ob er die Pakete mit den
Geschenken auch in das richtige Auto bringe. Das war nur die halbe Wahrheit.
Zwar wollte ich wirklich sicher gehen, daß Bertie sich noch daran erinnerte, wo
wir das Auto geparkt hatten, und wie es aussah, aber ich wollte auch gleich die
Gelegenheit nützen, etwas einzukaufen, von dem niemand etwas wissen sollte.
Ich wußte, daß ich mich nicht ganz an die Spielregeln hielt. Wir hatten
so viel davon geredet, daß wir einander nichts schenken wollten, aber ich
konnte den Gedanken nicht ertragen, daß Paul von mir nichts zu
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