Truthahn um zwölf
Weihnachten
bekäme. Immerhin hatte es auch in den Jahren, als es uns noch schlechter ging,
immer für eine kleine Überraschung gereicht, und zu einem richtigen
Weihnachtsfest gehörte ein Geschenk für meinen Mann.
Und ich hatte auch schon etwas
Bestimmtes im Auge. Paul sagte schon seit einiger Zeit, daß sein altes Fernglas
nicht mehr gut sei und er sich bei Gelegenheit ein neues kaufen müsse. Er
benützte es viel, wenn die Schafe lammten, und auf unserem unwegsamen und
hügeligen Grund sparte man viel Zeit und Arbeit, wenn man das Gelände mit ihm
absuchte. Ich wußte, was das »bei Gelegenheit« bedeutete, denn so großzügig
Paul sonst ist, so geizig ist er, wenn er für sich selbst Geld ausgeben soll.
Für dieses Fernglas hatte ich schon seit einiger Zeit gespart, und jetzt hatte
ich die Gelegenheit, schnell zu verschwinden und es zu kaufen, so daß nicht
einmal Larry es erfahren würde.
Bertie versuchte gerade, die
Tür eines großen und schönen Autos zu öffnen, als ich ihn fand, und ich war nur
dankbar, daß ihn dabei weder der Besitzer noch ein Polizist erwischt hatten.
Ich führte ihn sich er zu unserem bescheidenen Fahrzeug, setzte ihn hinein und
befahl ihm, sich nicht von der Stelle zu rühren, bis ich wiederkäme. Dann eilte
ich davon zu einem Geschäft, in dem ich genau das gesehen hatte, was ich
suchte.
Was immer auch passieren
mochte, Paul sollte ein Weihnachtsgeschenk unter dem Baum finden.
12
Die Weihnachtsbescherung in der
Schule war am Mittwoch Abend, und die Kinder waren außer Rand und Band, wie
immer um diese Jahreszeit. Am aufregendsten war die Aussicht auf den Ausflug in
die Stadt, ausnahmsweise unter der Obhut ihrer Väter. Die Männer waren unserem
Rat gefolgt und fuhren mit zwei Autos. Paul sollte in unserem Auto einen Teil
der Kinder mitnehmen, (»Aber haltet die Zwillinge getrennt, wenn ihr das
irgendwie schafft«, sagte Anne) und Tim und Sam im anderen Wagen die ungebärdigeren
Geister, um notfalls zu zweit eingreifen zu können. Die Kinder redeten nur noch
davon, daß sie Santa Claus sehen, Lift und Rolltreppe fahren und ins Kino gehen
würden.
Die Schulfeier war
verhältnismäßig harmlos. Wie gewöhnlich gab es vorher und nachher viel zu tun,
und als Frau des Vorsitzenden mußte ich den Christbaum schmücken, die Geschenke
ordnen, die Blumen richten und das ganze Schulzimmer für das abendliche Fest
herrichten. Ich schnappte mir Larry, und wir verbrachten einen langen, heißen
Nachmittag damit, Luftballons aufzublasen, Sterne und Kerzen am Baum zu
befestigen und Päckchen mit Namen zu versehen. Dann eilten wir nach Hause und
richteten die »Platten«, was bedeutete, daß wir Kuchen und Kekse buken. Dann
fingen wir unsere Kinder ein, zogen sie anständig an und versuchten sie dazu zu
bringen, viel zu essen, damit sie nicht wie die Wölfe über die Tische mit dem
Abendessen herfielen.
Der Abend verlief wie alle
Schulfeste: Ein paar Lieder und Tänze von den Kindern, die sie schlecht und mit
viel Gekicher aufführten, ein paar kurze Reden von Erwachsenen, die jeder schon
einmal gehört hatte, die Verteilung der Geschenke an die Kinder, zu denen auch
ein brüllendes Baby gehörte, dessen Mutter stolz ein Geschenk in Empfang nahm,
und zuletzt ein paar Gesellschaftsspiele, die mit Streit und Raufereien
endeten. Ich dachte voll Sehnsucht an unseren früheren Lehrer, der sogar auf
einer Schulfeier Ordnung halten konnte, und verglich ihn mit dem armen Bertie,
der gerade erfolglos versuchte, einen von den Großen zu überreden, den
Kleineren nicht alle Luftballons kaputt zu machen.
Ursula war nicht zu übersehen.
Sie gab damit an, daß sie die Geschenke ausgesucht hatte und tat so, als hätte
sie sich einen ganzen Nachmittag damit abgeplagt. Es war mein Glück, daß ich
gerade in der Küche war, als Christopher und der große Junge, der die Kleinen
geärgert hatte, aufeinander losgingen. Unsere sechs schlossen sich begeistert
zusammen, und natürlich war es Ursula, die sie trennte. Ich hörte sie sagen,
die Kinder in Neuseeland seien wirklich kleine Barbaren, aber was sollten die
Väter dagegen tun, da sie ja den ganzen Tag arbeiteten.
Wir brachten unsere Sprößlinge
früh heim und entschuldigten uns mit dem Ausflug in die Stadt am nächsten Tag,
steckten sie ins Bett und erklärten, daß sie Santa Claus nicht sehen würden,
wenn wir noch einen Ton hörten. Diesmal wenigstens fielen sie in erschöpften
Schlaf und ließen ihre Spielsachen, die wir unter solchen
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