Truthahn um zwölf
immer. Sie sagte:
»Susan, du mußt mir zuhören. Ich muß mir einfach Luft machen. Fährst du gleich
zu diesem verflixten Sportfest, oder können wir uns noch ein bißchen in deinem
Zimmer unterhalten?«
Ich zögerte. »Wir müßten
eigentlich gehen, weil Paul das Eintrittsgeld kassiert, aber ich hab’ gar keine
Lust. Ich bin müde und würde bei dieser Hitze viel lieber mit dir hier sitzen
bleiben. Ist Tim schon weg?«
»Ja, er und die Kinder. Und Ursula
natürlich auch.« Ihre Stimme klang matt, und sie beherrschte sich nur mühsam,
deshalb sagte ich schnell: »Dann können wir ja zusammen gehen und brauchen uns
nicht zu beeilen. Komm, wir setzen uns auf die Veranda und trinken gemütlich
Kaffee.«
»Das wäre himmlisch. Aber ich
gehe nicht zum Sportfest. Ich fahr’ dich natürlich hin, also laß die anderen
schon losziehen.«
»Du mußt kommen, Anne! Nur ganz
kurz. Nur um Sahib springen zu sehen.«
Sie sagte heftig: »Ich will ihn
nicht springen sehen! Hoffentlich gewinnt nicht er, sondern Babette und Larry.
Das glaube ich auch, denn Ursula reitet zwar gut, aber Sahib mag sie nicht besonders.
Weißt du was? Sie nennt ihn >mein liebes kleines Pferdchen Ich beeilte mich zu sagen:
»Ach, wie lustig!«, obwohl ich es überhaupt nicht lustig fand. Aber ich konnte
sehen, daß Anne in der verzweifelten Stimmung war, in der sie, ohne mit der
Wimper zu zucken, zu den größten Rücksichtslosigkeiten fähig war, nachdem sie
viel zu viel geschluckt hatte. Ich wollte Paul und die Kinder aus dem Wege
haben, aber in diesem Moment stürzten Christopher und Patience aus dem Haus, um
sie zu begrüßen. Manchmal glaubte ich, sie liebten Anne mehr als mich, und sie
zwang sich wie gewöhnlich, ihnen zuzuhören und sich für alles zu interessieren.
Aber es strengte sie an, sie war am Ende ihrer Kräfte. Ich griff ein und
scheuchte die Kinder mitsamt ihrem Vater davon.
»Ich komm’ bald nach. Seid
schön brav inzwischen!«
Paul sagte: »Wird schon gut
gehen. Ich muß am Eingang bleiben, aber Ursula wird schon auf sie aufpassen.«
»Das wird allen viel Spaß
machen«, rief ich, und Paul fuhr los, überzeugt davon, daß er mich beruhigt
hatte und sehr taktvoll gewesen war.
Ich drehte mich um und lachte,
als sie abfuhren. »Du siehst, Paul ist genauso. Nicht ganz so schlimm wie vor
der Geschichte mit dem Eis, aber sie ist immer noch die tüchtige Ursula.«
Anne lachte nicht. Sie sagte:
»Ich wollte bloß, Papa und Tim hätten gesehen, wie sie sich damals benommen
hat. Sie sind immer noch ganz vernarrt in sie — wirklich, Susan, ich halt’ es
einfach nicht mehr aus.«
Das hatte ich befürchtet. Ich
konnte ihr deshalb keine Vorwürfe machen. Ich hätte Ursula auch nicht lange
aushalten können, und ich war nicht im neunten Monat. Es schien mir das beste,
sie einfach reden zu lassen, Kaffee zu kochen und zuzuhören.
»Normalerweise bin ich wirklich
nicht eifersüchtig«, begann sie, »aber vermutlich liegt es daran, daß ich so
mies aussehe und mich genauso fühle. Und es ist auch keine richtige Eifersucht,
denn ich weiß genau, daß beide, Tim und Papa ...«
Sie zögerte, und ich fiel ein.
»Selbstverständlich liegt den beiden in Wirklichkeit verdammt wenig an Ursula.
Ich meine, es ist dumm, da überhaupt Vergleiche anzustellen.«
»Das weiß ich ja«, sagte sie
müde. »Ich sage mir das zehnmal am Tag, aber trotzdem werde ich immer wieder
wütend darüber, wie sie alles übernommen hat — mein Pferd, mein Haus und meine
Kinder. Ganz zu schweigen von meinem Mann und meinem Vater. Natürlich wollen
sie mir nur jede Mühe abnehmen. Es heißt immer — >Ursula macht das
schon<. Und Tim sagt: >Ursula hilft mir schon. Sie kann das gut!< Das
Schlimme ist, daß sie alles gut kann. Und sogar den Kindern haben sie
beigebracht, Mammi in Ruhe zu lassen und Tante Ursula zu fragen. Und sie reißt
alles an sich. Sie drängt mich richtig
hinaus. Ich hab’ das Gefühl, daß mir eigentlich nichts mehr gehört, nicht
einmal Sahib. Ich hab’ ihn wirklich gerne gehabt, und jetzt hoffe ich, daß er
heute nicht gewinnt. Ach, Susan, ich werde so gemein und boshaft!«
Sie war ehrlich bekümmert, und
ich versuchte, sie aufzumuntern: »Arme Anne. In drei Monaten wirst du darüber
lachen. Ich weiß, wie man sich in diesen letzten Wochen fühlt, besonders wenn
es so heiß ist. Jetzt, wo wir bessere Straßen haben, sollten wir unsere Kinder
tatsächlich nur noch im Winter bekommen.«
Anne lächelte nicht einmal. »In
drei Monaten?
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