Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
einmal mehr unterbelichtet vor, Lindas und Bobs Diskussion in den Ohren, wie ich unbemerkt rein und raus käme.
Mr. Carlton versuchte indes eine neue Strategie: „Haben Sie schon gehört, dass Jackson total pleite ist und Schulden wie der Hund Flöhe hat? Es wird spekuliert, ob er wieder auftreten wird, um flüssig zu werden…Sie haben doch bestimmt mit Linda oder ihm selbst oder mit jemandem vom Personal gesprochen, nicht?“
„Mr. Carlton, was soll das?“, schnappte ich und nahm meine Tasche. „Sie interpretieren ein bisschen zu viel in meine Wenigkeit.”
„Wie ist er denn so zu seinem Personal?“, griff Carlton unverschämt an. „Hören Sie, ich kenne die Regeln...und die Knebelverträge, die solche Stars machen. Sie müssen nichts sagen, Sie müssen nur nicken. Stimmt es, dass er die Angestellten zwingt, den ganzen Tag zu lachen...und dass seine Kinder...“
„Keine Ahnung“, zischte ich und rutschte vom Barhocker. Carlton hielt mich am Arm fest, was mich furchtbar aggressiv machte, und sah mir bedeutsam in die Augen. Dann senkte sich sein Blick auf die Kaffeetasse, neben die er einige hundert Dollar geschoben hatte. Ich riss mich los, warf ihm einen üblen Blick zu und ging so schnell wie möglich nach draußen. Wollte mir ein Taxi rufen, überlegte es mir anders und lief frustriert einfach drauflos. Mischte mich unter die Menge, setzte mich in einen Bus, fuhr irgendwohin, und suchte mir ein kleines Lokal. Mit Mühe vergrub ich mich in mein Buch, um mich abzulenken.
Als ich aufsah, bemerkte ich mir gegenüber einen Mann, der mich freundlich anlächelte und Anstalten machte, mit mir in Kontakt zu kommen. Abrupt bezahlte ich die Rechnung und ging. Das Lächeln im Gesicht des Mannes erlosch wie ein Licht. Auf der Straße sah ich durchs Fenster. Er saß da immer noch, machte nicht die geringsten Anstalten, mir zu folgen. Er war einfach nur freundlich gewesen. Schlagartig wurde mir die Absurdität der Situation bewusst. So schnell fühlte man sich verfolgt. Ein einziges Erlebnis. Wie viele hatte Michael gehabt?
***
Zu meinem unendlichen Erstaunen wiederholten sich Erlebnisse à la Carlton nun fast jeden Abend und jeden Morgen – in anderer Form und anderen Darstellern, aber alle wussten, dass ich aus dem Haus von Michael kam und bombardierten mich mit den unmöglichsten Fragen.
Schon nach kurzer Zeit fühlte ich mich außerhalb Michaels Domizils, zu jeder Sekunde beobachtet und wurde misstrauisch jedem gegenüber, dessen Blick mich auch nur streifte, wenn ich in der Stadt unterwegs war.
Mein Gott, dachte ich, wie muss sich Michael fühlen, der doch ein Leben lang unter solchen Umständen in weit dramatischerer Form lebte und litt?
Anfangs dachte ich noch, das würde sich irgendwann legen und ich wieder meine gewohnte Ruhe haben. Aber als einer dieser zwielichtigen Gestalten schon am Morgen vor meiner Zimmertür stand, mir Geld gegen Informationen bot und durchsickern ließ, dass der Wahrheitsgehalt absolute Nebenrolle spiele, solange ich meinen Namen dafür hergab, wurde mir die Sache zu bunt. Ich musste mit Linda reden.
„Ich hab damit gerechnet, Schätzchen“, sagte sie und seufzte, „aber dass diese Bande so schnell dahinter kommt... die reinsten Kriminalbeamten sind das! Wenn nur ein Teil von denen Straftaten aufdecken würde, gäbe es keine Verbrechen mehr in Amerika!“
Allerdings war sie auch sehr ernst und bedankte sich, dass ich sie informiert hatte. Dann verschwand sie für geschlagene zwei Stunden und als sie wieder kam, machte sie ein äußerst entschlossenes Gesicht.
Ihr Ernst machte mir Angst. War’s das jetzt gewesen? In diesem Moment merkte ich, dass ich nicht gehen wollte, dass ich überaus gerne bereit war, mehrere Wochen meiner Tour zu opfern, nur um in dieser von Michael gespeisten Atmosphäre verbringen zu können.
Stumm setzte ich mich mit Linda an den großen Küchentisch. Sie schenkte uns Kaffee ein, rührte, nach Worten ringend, Zucker und Milch zusammen und blickte schließlich auf.
„Chi, es ist nicht leicht, gute Leute zu finden, die den Mund halten können“, begann sie. „Viele kommen von Agenturen, die Deals mit der Presse haben. Die meisten verkaufen Fotos oder Infos von hier mit entsprechend verdrehten Informationen. Egal, wer sich hier bewirbt – die Gefahr, dass es eingeschleuste Leute sind, ist hoch. Da waren Sie ein echter Glücksgriff und wir wären froh, wenn Sie den Job noch eine Weile machen könnten.“
Ich atmete auf. Ich würde schon mal
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