Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
die Hand nahm, und sich in der dunkelsten Ecke des Zimmers zusammenkauerte wie ein kleines Kind, das sich verstecken wollte.
„Mike, was hast du?“, fragte Jordy verdutzt. Doch schon ging die Tür auf und Evan stand auf der Schwelle.
„Hi, Jordy“, sagte er und sah sich suchend um.
Michaels Herz klopfte ihm bis zum Hals. Aber er wusste, er konnte nicht in der Ecke bleiben - wie sah das aus! Also kam er schüchtern vor, den Blick mehr gen Boden als auf Evan gerichtet und gab ihm verlegen die Hand. Nix Superstar, nix King of Pop, nix fester, kräftiger, „Jetzt mach mal einen Diener! - Macho-Händedruck“...nein: Ein zu Tode verunsicherter, ängstlicher und scheuer Mann stand vor ihm und die Giftwolke um Evans Herz fing augenblicklich an, sich aufzulösen. Sein Sohn Nikki war es, der zusätzlich kräftig auf die Ventilöffnung drückte und enormen Druckablass verursachte. Er stürmte ins Zimmer, schrie:
„Wow! Michael Jackson!“, und Evan beobachtete perplex, wie Michael sich von einer Sekunde zur anderen verwandelte. Er stieß einen Juchzer aus und saß sofort mit dem Kleinen auf dem Boden, innerhalb von Bruchteilen einer Sekunde mit verblüffender Intensität in ein Spiel vertieft, als würden sie sich schon jahrelang kennen.
Mit offenem Mund stand Evan an der Tür und schaute schließlich zu Jordy. Der grinste, zuckte mit den Schultern und sagte: „Tja, Dad, das ist Mike.”
Evan brauchte eine Weile, bis er das verarbeiten konnte. Dieses Bild passte so gar nicht zu dem, was er sich bisher gemacht hatte. Ihm erging es so wie allen, die Michael nur aus der Presse oder vom Hörensagen kannten.
Verdattert ging er zu June in die Küche. Sie warf ihm einen kurzen Blick zu, dann grinste sie ebenso wie Jordy und meinte: „Das ging uns allen so. Es ist schwer zu begreifen und unmöglich zu beschreiben. Man muss es erlebt haben.”
Beim Abendessen saßen sie dann zusammen und Michael unterhielt sich mit Evan und Dave ganz normal. Für ihn war immer nur der Anfang schwierig. Hatte er seine erste Scheu überwunden, war alles nicht mehr so schlimm...wenn er auch trotzdem keinem Erwachsenen so richtig traute. Und Männern schon gar nicht.
Aber Evan war freundlich, er bemühte sich um Konversation und Michael war ihm dankbar dafür. Vor allem war er dankbar, dass er nichts gegen seine und Jordys Freundschaft zu haben schien. Er ahnte tief innen drin, was es für Evan bedeuten musste – er war der Vater des Kindes, das die meiste Zeit mit ihm, Michael, verbrachte.
Evan entspannte sich völlig, als er die kindliche Natur Michaels erkannte. Geradezu fasziniert beobachtete er, wie er sich nach dem Abendessen wieder mit totaler Hingabe den Kindern zuwandte. Wie er sich aber auch lange und ausführlich mit ihm, Evan, über Themen unterhielt, die seinen Scharfsinn und seine Bildung verrieten. Evan war verwirrt. Der Widerspruch zwischen kindlichem Gehabe und dieser überaus erwachsenen Intelligenz gab ihm Rätsel auf.
Tatsache aber war, dass er sich prima mit ihm verstand, was einen großen Teil seiner selbstgemachten Aggression ins Nichts verschwinden ließ. Evan wollte vor allem eines: Wahrgenommen werden. Auch ein Teil vom Ganzen sein. Und jetzt gehörte er endlich dazu.
Aber das war nicht alles, was er wollte - er hatte auch Träume, die seit Jordys erstem Date mit Jackson in ihm Form angenommen hatten. Seine Praxis war erfolglos. Seit Jahren versuchte er, im Filmgeschäft unterzukommen. Er hatte Drehbücher geschrieben, gute Drehbücher, die nur der richtige Mensch lesen musste...und Michael Jackson kannte Massen solcher Leute! Bisher waren seine Skripten abgelehnt worden, was nichts bedeuten musste, denn das war vielen inzwischen berühmten Autoren passiert. Er musste sich zwingen, nichts zu überstürzen, sonst wäre alles verdorben. Und dafür war diese Chance zu groß.
Er fasste sich in Geduld. Er war nett zu Jackson, was nicht schwer war, denn Michael war liebenswert, er schien ein großes Kind zu sein, was Vertrauen anging und vor allem war er gutmütig und warf mit Geld nur um sich. Bei seinem ersten Besuch in Evans Haus schenkte er ihm eine Cartieruhr, was dieser mit einiger Verwunderung und unmittelbar darauf folgender Begeisterung zur Kenntnis nahm.
Er konnte nicht ahnen, dass Michael über die Gesellschaft seines Sohnes zu Tränen der Dankbarkeit gerührt war, er hätte nie dieses Gefühl verstehen können. Michael war es ein Bedürfnis, ihm dafür zu danken, dass er ihn in sein Haus ließ, dass er
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