Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)

falscher Tatsachen unwiderruflich ins Hirn der Masse gebrannt. Die Ansicht, dass Jackson absonderlich war, dass etwas mit ihm nicht stimmte, war die bereits geschaffene Grundlage. Für viele wurde es eine leicht zu glaubende Tatsache, dass Jackson ein Kinderschänder war.
    Sodium Amytal für alle. Zerfallszeit: null.

Zuflucht
    Die wenigen Lichtstrahlen, die ihm in diesen Tagen Brücken ans andere Ufer bauten, waren enge Freunde, die sich in der Krise bewiesen, sein Humor, der ihn oft aus der Traurigkeit riss, der die heilsame Verbindung zwischen der hellen und dunklen Seite in ihm war...und immer wieder Lisa.
    Ihre rauchige Stimme klang angenehm kitzelnd an sein Ohr, auf eine Weise, die ihm Schauer über den gesamten Rücken jagte. Ihre nicht ganz jugendfreien Ausdrücke, ihre respektlose Art, erheiterten ihn, aktivierten seinen lebensrettenden Frohsinn und ließen ihn in diesen Momenten sein Unglück weniger drastisch sehen.
    Die Telefonate mit ihr während der Tour waren Vitaminspritzen und er war ihr unglaublich dankbar für ihre Unterstützung. In Hollywoodkreisen war es in diesen Tagen nicht angesagt, Michael Jackson zu kennen und so nahm jeder, der auf Karriere und Ruf achtete, Abstand. Und da jeder in Hollywood war, um eine Laufbahn zu verfolgen, gab es keinen mehr, der zugab, mit ihm zu verkehren.
    Michael litt schwer unter dieser sozialen Ächtung. Die Sache, als Freak verschrien zu sein, war noch zu verkraften gewesen, da diese Aussage keine kriminelle Natur hatte. Aber Evan hatte eine Grenze überschritten, die buchstäblich unter der Gürtellinie lag. Und so war Michael mehr denn je bis in die kleinste Faser seiner Herzens dankbar, wenn jemand Sympathien für ihn zeigte – und das auch noch öffentlich tat, wie Liz oder... Lisa.
    „Fuck the media!“, war ihre gemeinsame Parole. Und Lisa prognostizierte: „Das genaue Gegenteil von dem wird geschehen, was die sich vorstellen... die denken, die können dich untertauchen... aber du bist wie ein Gummiball, du tauchst einfach wieder auf... so schnell machen die dich nicht platt! Und danach bist du noch bekannter, als du schon warst! Fuck! Das ist Publicity pur! Chandler beißt sich in den Arsch, wenn er merkt, dass er dir nur zu noch mehr Ruhm verhilft!“
    Michael grinste, wenn er sie so reden hörte. Erst, wenn er auflegte, wenn ihre Stimme, die Wirkung ihrer Worte und die seiner Medikamente verpuffte, wurde ihm klar, dass er auf diesen Grad der Bekanntheit gut hätte verzichten können und dass dies eine zu ernste Sache war, um Witze darüber zu reißen. Aber seine Dankbarkeit blieb – und mehr noch: Michael nahm wahr, dass er als Mann auf Lisa wirkte, und das verursachte ihm schwache Knie, weil er das in dieser Form noch nie erlebt hatte.
    Immer hatte er sich geschämt, weil er Bekannte wie Brooke Shields fragen musste, ob er sie in einen Interview als seinen aktuellen Date-Partner nennen durfte. Als er mit Thriller durchgestartet war, hatte sie ihn benutzt, um in der Öffentlichkeit wahrgenommen zu werden und da er sie wirklich mochte, hatte er nichts dagegen gehabt.
    Im Oprah-Interview war es an ihr gewesen, ihm einen Freundschaftsdienst zu erweisen, denn er wusste, dass Oprah fragen würde, ob er eine Freundin hätte. Er hatte einfach bisher keine Möglichkeit in seinem Leben gefunden, eine unbelastete Affäre zu beginnen, bei der weder sein Geld noch seine Position eine Rolle spielte. Es gab viele Frauen – vor der Jordy-Affäre - die sich mit ihm sehen lassen wollten, weil er Erfolg hatte. Aber...das war Business. Wo war die Romantik? Wo war echte, nicht berechnende Liebe?
    Und dann war da plötzlich Lisa. Eine so wunderschöne, humorvolle und unkonventionelle Person, die sich für ihn als Mann zu interessieren schien? Das war das Gefühl, das Michaels Herz schneller schlagen ließ. Lisa war selbst berühmt, sie war eine 300 Millionen Dollar Erbin. Sie musste sich nicht mit ihm sehen lassen – im Gegenteil – in diesen Tagen war es überaus mutig, sich mit ihm sehen zu lassen. Und eine solche Traumfrau interessierte sich für ihn, gerade, als seine Karriere vor dem Abgrund stand? Gegensätzliche Emotionen schwirrten in ihm umher: die drohende Gefahr durch Chandler und die unbekannte und zärtliche Romantik, die sich zwischen ihm und einer äußerst aufregenden Frau anbahnte. Ihr Stern leuchtete so hell in seinem Bewusstsein, dass er mit einem Mal wusste, wo das Schicksal ihn hinführen wollte:
    „Eine Familie“, sagte er leise zu mir. „Ich