Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Glaubenssache?“
„Ich glaube, dass alle medizinischen Dinge durch die eigene Einstellung beeinflusst werden. Und was mir gar nicht in den Kopf geht: Du heilst selber, hast diese Kraft...und: Du hast doch deine Kinder, die du so liebst...und für die es sich lohnt, zu leben...lange zu leben...“
Mit dieser Aussage verschloss ich ihm irgendwie den Mund. Es kam keine Unterhaltung mehr in Gang. Nach einigen vergeblichen Versuchen stand ich unsicher auf.
„Machen wir morgen weiter?“, fragte ich ihn. Er nickte, sehr zögerlich.
Und plötzlich war ich es, die das Gefühl hatte, nicht mehr viel Zeit zu haben. Sätze und Worte drängten in mir hoch und ich öffnete wie zwangsgesteuert den Mund, um sie herauszulassen:
„Michael, du hast in deinem Leben oft die Möglichkeit gehabt, den leichteren Weg zu wählen, der hinterher in Bitterkeit endete und dich mit noch größerem Leid zurück ließ. Lass es diesmal nicht zu. Geh durch den Schmerz. Sieh deine Verantwortung. Wenn du wirklich etwas ändern willst, hast du keine andere Wahl.”
Sackgasse
Grace kam zu mir und entschuldigte Michael für die nächsten Tage. Er habe nicht aufschiebbare Besprechungen, sagte sie mit sorgenvollem Gesichtsausdruck. Sie ging zu schnell – ich hatte kaum die Frage auf der Zunge, ob sie mir sagen könne, worum es sich handelte. Und ob es wahr sei.
Die nächsten Tage wirkte Michael überaus angespannt. Jede Konferenz verließ er mit einem noch blasseren Gesicht. War sein Appetit während der letzten Wochen nicht gerade herausragend gewesen, sank er nun auf die Nullgrenze. Er aß kaum etwas und selbst im Umgang mit seinen Kindern wirkte er angestrengt. Wir sahen ihn gedankenverloren im Park herumlaufen und Grace und Linda schienen ein besonderes Augenmerk auf ihn zu haben. Es war eine merkwürdige Stimmung. Entscheidend. Aussichtslos. Hoffend, verzweifelt. Eine Stimmung, kurz vor dem Sprung von einer Klippe, von dem man nicht wusste, ob man ihn überleben würde oder nicht.
Michael kam nicht zum Essen herunter. Die Kinder aßen mit Grace und fragten nach ihrem Daddy. Grace erklärte ihnen, dass er einen anstrengenden Tag gehabt hätte und sich ausruhen müsse.
Ein Mann kam ins Haus, offensichtlich ein Arzt, zumindest ließ die Form seiner Tasche darauf schließen.
Grace führte ihn in die obere Etage zu Michaels Schlafzimmer, versuchte ruhig zu wirken, aber jeder sah ihr an, dass sie höchst wachsam und misstrauisch war. Sie wich dem Arzt nicht von der Seite und schickte sich an, mit ihm das Zimmer zu betreten.
„Stehen Sie in einem verwandtschaftlichen Verhältnis zu Mr. Jackson?“, hörten wir den Arzt fragen.
„Ich bin seine Betreuerin seit über 15 Jahren“, antwortete Grace und ich konnte förmlich sehen, wie ihr der Kamm vor Ärger schwoll.
„Es tut mir leid, Mam, aber ich wurde von Mr. Jackson gerufen. Sie dürfen nicht mit hier rein.”
„Das ist lächerlich“, echauffierte sich Grace. „Ich bin diejenige, die die Folgen eurer gewissenlosen Behandlungen ausstehen muss...ich sorge nur dafür, dass alles richtig läuft.”
Ihre kaum verhohlene Aggressivität provozierte ihr Gegenüber zu ähnlicher Verhaltensweise.
„Hören Sie, ich bin Arzt“, sagte er kalt. „Ich weiß, was ich zu tun habe... Sie sind keine Verwandte und somit bleiben Sie draußen.“
Rumms. Die Tür war zu. Linda und ich sahen uns an. Wir beide sahen Grace mit zusammengebissenen Zähnen vor der Tür, als ob sie neben uns stehen würde.
Dann, nach drei langen Minuten hörten wir ihre Schritte langsam und schwer die Treppe herunter kommen. Sie kam in die Küche, ließ sich auf einen Stuhl fallen und sagte:
„Macht euch auf eine turbulente Nacht gefasst.”
Sie sollte Recht behalten. Etwa fünf Stunden später ging es los. Ich schreckte aus dem Schlaf hoch und lauschte in die Dunkelheit. Würgende Geräusche, Rufe und Weinen drangen gedämpft durch die Wände. In Windeseile warf ich mich in meinen Jogginganzug und lief der Geräuschkulisse nach. Sie führte mich nach draußen in den Garten.
Grace stand da mit einem von Krämpfen geschüttelten Michael, der versuchte, sich auf sie zu stützen. Grace hatte seinen linken Arm gepackt und zog ihn sich über die Schulter, aber Michaels Beine gaben nach, er sackte ein und fiel auf den harten Steinweg. Entsetzt rannte ich auf Grace zu und packte mit an. Das Gras neben dem Weg war zertrampelt wie nach einem Kampf und es roch nach Mageninhalt.
„Er hat gebrochen, er hat gebrochen!“, rief
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