Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
Michael blieb verschwunden.
***
„Du bist dir sicher?“, fragte sie ihn in ihrer ruhigen, festen Art. Blaugraue Augen blickten in dunkle, unergründliche Seen und riefen dort ein warmes Leuchten hervor.
„Das müsste ich dich fragen“, murmelte Mike.
„Nein, musst du nicht. Ich habe ‚ja’ gesagt und das heißt bei mir ‚ja’.”
Er umarmte sie fest. „Danke, Debbie. Ich weiß, was du durchmachen musst... und ich hoffe, es wird nicht so schlimm, wie sie das beschreiben.“
Seit er von Lisas Urlaub erfahren hatte, stand für Michael fest, sich seinen Kinderwunsch unabhängig von der Entwicklung seiner Ehe zu erfüllen. Er wollte Lisa nicht aufgeben, aber es sah im Moment nicht gut für sie beide aus. Und er war wenig geneigt, viel Zartgefühl in Bezug auf Lisa walten zu lassen, was Debbies mögliche Schwangerschaft anging. Lisa hatte ihn zurück gestoßen und um diesen Schmerz zu vermeiden, blieb ihm nichts anderes übrig, als das zu tun, was er sonst immer tat: Mauern, sich verlassen fühlen. Nach außen war er charming Michael, innen tobte der Sturm.
Michael war für ganze vier Wochen abgetaucht. Er war gut versteckt, verkleidet unter Decknamen gereist, aber Lisa fand heraus, wo er war. Der einzige Vertraute, den Mike bei sich hatte, berichtete ihm, dass ein Agent, den Lisa beauftragt hatte, ihn lokalisiert hatte.
„Wie hat er mich ausfindig gemacht?“, fragte Michael erstaunt.
„Er ist auf so was spezialisiert. Er findet alles und jeden. Willst du ihn anzeigen?“
„Nein“, sagte Mike, „ich will ihn kennen lernen.”
Irgendwann kam er zurück nach Neverland. Sie war da.
Sie verbrachten kühle Abende miteinander, kamen sich in den ersten Tagen, als sie wieder zusammen waren, nicht sehr nahe. Jeder verwundet, jeder in seiner Welt. Bei einem Frühstück ließ er dann die Bombe platzen.
„Wie wäre es, wenn Debbie ein Baby für uns austrägt?“, fragte er sie rundheraus.
„Wie bitte?“ Lisa starrte ihn mit offenem Mund an. „Debbie? Ist das diese pummelige Arzthelferin? Du scherzt, oder?“
„Lisa, ich hab meine Meinung bezüglich Kinder nicht geändert. Und wenn du keine willst – akzeptiere ich das. Debbie ist bereit dafür. Sie fungiert sozusagen als Leihmutter.”
„Eine Leihmutter? Wir sind verheiratet!“
„Ja, aber du willst keine Kinder! Viele Ehepaare nutzen das!“
„Und dann holst du dir einfach, was du willst, von jemand anderem? Was bin ich für dich?“, fragte Lisa aufgebracht.
Aber Michael war auf gewisse Weise unversöhnlich. Sie hatte ihn verletzt, das war alles, was für ihn zählte. Dass solche Dinge auf Gegenseitigkeit beruhen könnten, kam ihm nicht in den Sinn. Und dass sie eine Chance gehabt hätten, wenn Debbie sich nicht mit ihrer devoten Bereitschaft in ihre Beziehung gemischt hätte, war ihm gar nicht klar.
Lisa fiel nichts mehr dazu ein. Stumm saß sie am Tisch. Michael brachte es fertig, sie einfach sitzen zu lassen und zu gehen. Mit der Haustür fiel auch eine Tür in ihrem Herzen ins Schloss.
Seine Reaktion warf einen dicken, schwarzen Stein in ihr Inneres und wühlte Schlammwolken alter Traumen hervor: Das Gefühl, versagt zu haben, die Ohnmacht, nichts tun zu können, nichts wert zu sein, nicht genug, dass ihr Vater leben wollte, nicht genug, dass Michael warten konnte...kein Gewicht zu haben... das alles dehnte sich in konzentrischen Kreisen aus, verwandelte sich in Wut und Trotz und ließ sämtliche Jalousien herunter.
***
Debbie rief ihn an. Es hatte geklappt! Sie war schwanger! Michael war außer sich vor Freude. Nur der Gedanke an Lisa und den Stand ihrer Beziehung schwamm wie ein fetter Wehmutstropfen darin.
Sechs Wochen später, Debbie am Apparat: Sie hatte das Kind verloren.
Michaels körperliche und seelische Verfassung wurde desaströs. Er versuchte zu funktionieren, überspielte, aber er hatte Auftritte, er musste trainieren, er hatte sich auf eine weitere Welt-Tour vorzubereiten. Wie immer ging er ins Extrem und nichts konnte gut genug sein. Wie immer kümmerte er sich um alles. Er trank zu wenig, aß zu wenig, schlief zu wenig. Gedanken rotierten unaufhörlich in seinem Kopf. Er vermisste Lisa, vermisste diese so glücklichen, unbeschwerten Tage und seelischer Schmerz wurde wieder zum allumfassenden Grundmuster.
HBO plante mit ihm und Marcel Marceau ein Konzert für Dezember 95 und zusammen mit dem weltberühmten Pantomimen studierte er vier seiner Songs ein. Die Arbeit bereitete ihm Freude, ließ seinen Geist das Dunkle
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