Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
einen Mann, der sich widerstandslos von anderen bestimmen und herum kommandieren ließ. Debbie war eine äußerst klar und praktisch denkende Frau, vor allem eine freiheitsliebende Frau und sie erschrak, als sie sah, wie Michael zum kleinen, wehrlosen Kind wurde, als ob er seinen Vater noch vor sich hätte, der ihn windelweich prügeln würde, wenn er nicht folgte. Michael litt unter solchen Begegnungen, auch das war zu spüren. Umso weniger verstand Debbie, wieso er das mit sich machen ließ.
Es schien, als ob Michael trotz allem nach einer Autorität suchte, die ihm eine Richtung für sein Leben gab. Fassungslos bekam sie mit, wie ihm Verträge unter die Nase gehalten wurden, wie Michael diese Verträge zwar las, aber das, was er unterschrieben hatte, dann nicht mehr das war, was er gelesen hatte.
Fast alle um Michael herum waren darauf aus, sich zu bereichern; es ging diesen Leuten nicht um die Förderung, sondern um das Ausnutzen von Jackson – er war von Blutsaugern nur so umringt.
Dennoch war sie einverstanden, ein zweites Kind mit ihm zu haben. Sie begann zu hoffen, ihn aus diesem Moloch befreien zu können.
***
„Hey“, sagte sie.
„Hey“, antwortete er. Konnte nicht verhindern, dass sein Herz flatterte. Sie räusperte sich.
„Ich... ich wollte dir zu deinem Baby gratulieren.“
„Oh...danke. Danke, Lisa.”
„Wie geht es dir?“
„Mir geht es prächtig. Mir ging es noch nie so gut! Der Kleine ist für mich pure Gnade. Ich kann dir gar nicht sagen, wie sehr ich ihn liebe.”
Lisa drückte den Hörer fest an ihr Ohr und zwang sich, adäquate Dinge zu sagen. Sie vermisste Michael. Sie vermisste ihn schrecklich. Sie hätte nie gedacht, dass er ihr so fehlen würde.
„Kann ich dein Baby mal sehen?“, fragte sie.
„Natürlich, Lisa, immer. Wann möchtest du kommen?“
I n den Wochen nach der Trennung war Lisa zutiefst durcheinander gewesen. Sie hatte Abwechslung gesucht und gefunden und sie hatte viel Zeit zum Nachdenken gehabt. Sie dachte an Michael, an seine liebenswerten Seiten, an die Stunden voller Harmonie und Verständnis, an die Kissenschlachten und den Spaß, den sie miteinander gehabt hatten, an Michaels Zärtlichkeit und sein Bemühen, mit ihren weit größeren Erfahrungen im Bereich Beziehung Schritt zu halten. Aber auch daran, dass sie sich gegenseitig verletzt hatten und dass sie in Michaels Augen eine weitere Erwachsene war, die ihn enttäuscht hatte. Irgendwann schoss ihr der entscheidende Gedanke durch den Kopf:
Er lebt. Du kannst ihn immer noch da raus holen. Du darfst nicht so schnell aufgeben. Wir beide können uns ändern. Warum sollte es nicht gehen? Ihr Vater war gestorben. Michael lebte. Und sie liebte ihn. Das wusste sie jetzt.
Wie schon viele Male zuvor betrat sie das Wohnzimmer der Neverland Ranch. Michael stand auf, um sie zu begrüßen. Sie hatte ein Geschenk dabei und ihre Augen leuchteten, als sie Michael sahen. Er registrierte es und es wärmte sein Herz. Innig umarmte er Lisa.
Doch kurze Zeit später meldete sich der Wächter in seinem Kopf, warnte ihn, nicht allzu offen zu sein, erinnerte ihn an alte Kränkungen und ängstlich verschloss er sich. Er hatte jetzt sein Baby, das ihn nie, nie, nie verraten würde und das war alles, was er brauchte. So reagierte er kühl, wenn sie sich auf bestimmte Weise anzunähern versuchte. Lisa bemerkte es, aber sie hatte sich vorgenommen, diesmal nicht so schnell aufzugeben.
Sie tauchte überall auf, wo sie Michael zu finden hoffte, vertiefte die Freundschaft mit seiner Schwester Janet, die sie sehr mochte, sprach mit seiner Mutter und arbeitete daran, seinen Panzer irgendwann sprengen zu können.
Michael taten Lisas Annäherungsversuche gut, aber er erwiderte sie nicht. Vorsicht und Erinnerungen waren ein wirksames Schutzschild gegen ihr neu entflammtes Interesse für ihn. Mehrfach war sie nach Beendigung ihrer Ehe bei Oprah aufgetreten und hatte dort kein allzu gutes Bild von ihm hinterlassen.
Er war in einer „Was willst du überhaupt von mir? Ich hab alles, was ich brauche“ - Manier, die so gar nicht zu ihm passte und die ihn arrogant und bockig machte.
Nach Monaten ohne jeden Erfolg war es Lisa, die sich mit einem erneut verwundeten Herzen zurückzog, entschlossen, sich nie mehr im Leben auf ein solch sinnloses Spiel einzulassen. Michael bemerkte es zu spät.
Erst als sie weg war, wurde ihm mit einem Schlag bewusst, wie sehr er ihre Anrufe vermisste, ihre Stimme, ihre Heiterkeit.
Als hätte man einen
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