Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
erlebte den King of Pop über einen Zeitraum von knapp einem dreiviertel Jahr an verschiedenen Orten dieser Welt. Michael öffnete ihm Tür und Tor und den Zugang zu seiner Seele. Viele Reporter hatten sich beschwert, er gäbe nichts von sich preis und das sei der Grund, warum die Paparazzi soviel erfänden. Karen hatte erzählt, dass Michael bewusst offen in diese Dokumentation gegangen war, obwohl es ihm zu dieser Zeit gesundheitlich nicht allzu gut gegangen und die Dosierung seiner Medikamente damals ziemlich hoch war. Sie hatte betont, dass Michael Medikamente nehmen musste, weil er krank war. So, wie jemand sich Insulin spritzen musste, um zu überleben. Aber die Medien hatten in der Zwischenzeit daraus eine Sucht als eine Notwendigkeit gemacht.
Fünf lange Jahre hatte sich der britische Journalist Martin Bashir um eine Michael-Jackson-Dokumentation bemüht. Er wollte Michael zeigen, wie er noch nie zuvor gezeigt worden war. Und das gelang ihm.
Mein Zeigefinger drückte nach unten, ich setzte die Kopfhörer auf und die Aufzeichnung begann.
Ein selbstgefälliges Gesicht erschien auf dem Bildschirm:
Bashir
Als er so da stand, in der Sonne, den schwarzen Regenschirm in der Hand und Bashir willkommen hieß, wirkte Michael wie ein großes Kind. Einmal mehr merkte ich, dass er nicht in der Lage war, sich zu verstellen. Er hätte doch sagen können, was man von ihm erwartete, das tun können, von dem er wusste, dass das die Leute anerkennen würden, aber er konnte nur er selbst sein. Und da er sich keines bösen Zuges in ihm bewusst war, gab es für ihn auch keinen Grund, warum er heucheln sollte.
Schon nach wenigen Minuten war ich wie gelähmt. Bashir trat Michaels Offenheit mit Füßen, stellte ihn vor einen Zerrspiegel, machte ihn schlicht und ergreifend nach allen Regeln der Kunst lächerlich, wälzte ihn 120 lange Minuten in journalistischem Dreck.
Die Diskrepanz zwischen Bashir und Michael war schon bei seiner Ankunft zu spüren:
Bashir starrt so überheblich in die Kamera, als wolle er sagen: Seht her. Ich bin der große Reporter-Houdini, der jedes Interview bekommt.
Er ist unfähig, die Atmosphäre Neverlands aufzunehmen, zeigt null Respekt, geschweige denn Dankbarkeit. Gleich zu Beginn stellt er Fragen wie: „Und was ist das? Wo haben Sie das her?“ Also Vernunftfragen, die Michael gar nicht groß interessierten, weil er die Attraktionen Neverlands angeschafft hat, um sich und andere damit zu erfreuen, nicht, um das Herstellungsjahr und die Kosten zu diskutieren. Doch das wird zum grundsätzlichen Tenor der Sendung.
Bashir und Michael laufen am Karussell vorbei. Mit leuchtenden Augen erklärt Michael, wie schön es sei zu klassischer Musik und Evergreens sich im Kreis zu drehen. Bashir scheint mit dieser Antwort bereits überfordert und weiß absolut nichts damit anzufangen.
Bashir will wissen, woher das Riesenrad stammt, während Michael ihm versucht zu erklären, wie man seinen Träumen und Visionen freien Lauf lassen kann, wenn man so hoch oben sitzt, direkt unter dem Himmel. Er verrät ihm sogar, dass er oft alleine nach oben fährt und die Magie des Universums auf sich wirken lässt. Bashirs Reaktion lässt darauf schließen, dass er Mike schon an dieser Stelle für ballaballa hält. Seine Antwort darauf sind lediglich technische Fragen, die Michael brav beantwortet. Dann fragt Bashir, ob er mal eine Fahrt im Riesenrad machen darf und Michael, glücklich und erleichtert wie ein Kind, weil Bashir endlich mal etwas in seine Richtung tut, ruft enthusiastisch:
„Aber sicher! Natürlich!“
Warum spannt er nicht, was Bashir wirklich will? Es geht weiter:
Der Journalist will wissen, wie Michael einen Song schreibt und am besten wäre es wohl gewesen, hätte Michael ihm eine detaillierte Gebrauchsanleitung überreicht. Aber er deutet nach oben und sagt: Es kommt von Gott. Es fließt durch mich hindurch, ich muss nur zuhören. Sein Gesicht zeigt hier kleine Anzeichen von Unruhe. Spürt er, dass Bashir noch nicht einmal im Ansatz fähig ist, zu verstehen, was er meint? Aber Michael bleibt höflich und macht lange den Eindruck, die Fragen einfach so gut wie möglich beantworten zu wollen.
Bashir fragt ihn, was er denkt, wenn er tanzt. Michael antwortet, dass es der größte Fehler eines Tänzers ist, zu denken, während er tanzt. Du musst es fühlen, erklärt er und seine Hand geht wieder nach oben. Soll heißen: Du musst bereit sein, die Informationen von oben zu empfangen, da ist Denken nur
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