Try hard to love me / Versuch doch, mich zu lieben (German Edition)
sehr lieben. Und wir alle wissen, was er hat durchmachen müssen. Wir alle wissen, dass er an der Grenze seiner Kraft fährt. Und was wir nicht wissen, ist, ob er heute noch hier wäre, wenn seine Kinder nicht wären. Was wir aber definitiv wissen, ist, dass er eine weitere Katastrophe nicht aushalten wird. Und dass wir alles in unserer Macht Stehende tun werden, um das zu verhindern.“
Sie hatte Tränen in den Augen, als sie es sagte und mütterliches Schutzbedürfnis für Michael durchtränkte ihre Worte.
„Linda“, sagte ich erstickt, „meinst du, mir geht es nicht genauso? Wie kann ich dich nur überzeugen? Sag mir, was ich tun kann!“
Linda sah mich an und wischte sich die Tränen weg. „Ach“, sagte sie und es klang resigniert, „am Ende kannst du doch nur hoffen, dass nichts passiert.“
„Linda...“
Wieder sah sie mich an. Dann räusperte sie sich und sagte mit etwas festerer Stimme: „Ich vertraue dir, Chirelle. Mehr kann ich nicht tun. Und im Grunde ist das sogar wahnsinnig viel.”
Am Nachmittag ging ich mit Tom aus und war froh über dessen unkomplizierte Gesellschaft. Er war einfach lustig und fidel, brachte mich auf andere Gedanken. Er zeigte mir Newport, wir saßen in der Sonne, unterhielten uns über seine Exfreundinnen und meine Ehe und aßen zusammen zu Abend. Es war so wunderbar entspannend, dass wir uns gleich wieder verabredeten.
„Wie lange bleibst du noch in L.A.?“, fragte er. „Wolltest du nicht schon längst weg sein?“
„Ja...“, zögerte ich, „das ist richtig... aber die Stadt ist riesig... sagen wir mal, ich genieße einfach, tun zu können, was ich möchte. Und im Moment zieht es mich noch nicht weiter.”
„Das ist gut“, sagte Tom. „Dann haben wir noch jede Menge sinnreicher Unterhaltungen vor uns – du tust mir gut, Chirelle.” Und er lächelte mich warm an.
XX /1985
„Warum seid ihr Jungs nur so phantasielos?“ fragte die kratzige Stimme und lachte dabei so diabolisch wie seine Frage gemeint war. „Du hast mich nicht richtig verstanden: Ich will seinen Ruin auf allen Ebenen.“
Die kratzige Stimme verstummte und ließ dem Gegenüber Zeit, das Gesagte in vollem Umfang aufzunehmen. Als er keinen Gleichklang spürte, ließ er sich zu einer Erklärung herab:
„Ein Mensch hat seine Gesundheit, er hat sein Einkommen, er hat sein Talent, er hat Familie, soziale Kontakte, seinen Ruf, sein Image und er hat Wünsche und Träume. Ich will, dass nichts davon übrig bleibt als ein elender Scheißhaufen.“
Sein Gegenüber nickte. Und schluckte. Als er gehen wollte, hielt ihn die raue Stimme noch einmal fest:
„Damit ich’s nicht vergesse: Ich will was davon haben. Ich will das genießen. Wir haben Zeit. Und wenn noch etwas für uns dabei herausspringt…umso besser.“
***
Nachdem Tom und ich uns getrennt hatten, fuhr ich mit dem Bus zu einer neutralen Stelle und rief von unterwegs aus Jason an. Mit einem Taxi durfte ich nicht bis zu Michaels Haus fahren – ich musste mich vom Sicherheitspersonal abholen lassen. Eine Limousine von Michael wiederum hätten alle erkannt und wären ihr gefolgt und so nutzte Michael wie viele Promis eine noble Autovermietung, die ständig die Fahrzeuge wechselte und die ich in Anspruch nahm, wenn ich ausgehen wollte.
„Hey, Chi“, grüßte Jason, als ich einstieg, „war’s schön? Wo warst du?“
Und wieder dieses Gefühl: Dachte er, ich sei Infos verkaufen gegangen?
„Am Strand von Newport“, erwiderte ich und forschte meinerseits in Jasons Gesicht nach Anzeichen von Misstrauen. Jason sah mich kurz an, erkannte, was ich dachte, sah auf die Straße und wieder zu mir. „Jetzt hat es dich wohl auch schon erwischt, was?“, fragte er.
„Oh, Jason, es tut mir leid!“
„Nur keine Panik“, erwiderte er. „Das ist normal. Das ist uns allen so ergangen.“
Nächster Tag. Wenig Arbeit.
Auf dem Rechner war immer noch die Bashir – Doku abgespeichert. Meine Finger spielten um die Tasten, unschlüssig, ob ich das überhaupt sehen wollte.
Karen hatte mir erzählt, dass Michael 2001, nach Veröffentlichung von „Invincible“, ziemlich depressiv gewesen war und er sich auf dieses Interview aus zwei Gründen eingelassen habe: einmal, weil Lady Diana, eine Seelenfreundin von Michael, Bashir vertraut hatte und zweitens, weil dieser Michael hoch und heilig versprochen hatte, ihn aus seinem Imagetief heraus zu holen.
Die Dokumentation war 2003 ausgestrahlt worden und war in den Jahren 2001/2002 entstanden. Bashir
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