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TS 04: Das endlose Schweigen

TS 04: Das endlose Schweigen

Titel: TS 04: Das endlose Schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wilson Tucker
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Sie Ihrer Frau nichts sehen.“
    Der Farmer schien nicht zu begreifen, aber er tat, wie Gary ihm geraten hatte. Er befand sich zwischen der Leiche und dem Hause, als er die zerfetzten Kleider zurückschlug. In seinen Augen zeigte sich nacktes Entsetzen, als er die blutige Stelle erblickte.
    „Allmächtiger Gott!“ hauchte er und sah zu Gary hoch. Seine Lippen formten weitere Worte, brachten jedoch keinen Ton hervor. Endlich sagte er: „Wer tat das?“
    „Ein Paar übelster Vagabunden“, erklärte Gary nüchtern. „Sie waren auch hinter dem Mädchen her, als ich sie erwischte.“
    Tränen zeigten sich in den Augen des Mannes. Seine rechte Hand ließ das Gewehr in den Schnee fallen, und er strich über den Körper seines toten Sohnes.
    „Wenn ich die beiden finde, dann gnade ihnen Gott!“
    „Diesmal kommen Sie zu spät, Hoffmann. Ich habe sie getötet.“
    Der Farmer warf ihm einen forschenden Blick zu.
    „Sie haben …?“
    Gary zeigte auf seine Automatic.
    „Ja, damit.“
    Hoffmann sah ihn noch einige Sekunden an, ehe er das Tuch wieder um die grauenhafte Wunde schlang. Dann hob er die Leiche auf und hielt sie vor sich auf den ausgestreckten Armen.
    „Bringe die Gewehre mit, Fremder!“ sagte er und wandte Gary achtlos den Rücken zu.
    Der Corporal folgte ihm wortlos mit den Waffen.
    Der Farmer trug seinen Sohn in eine Art Schlafgemach, und die ganze Familie folgte ihm dorthin. Allein gelassen, fand sich Gary in der Wohnküche, wo er sich schwer auf einem Stuhl niederließ. Es war warm in dem kleinen Raum, denn in der Ecke brannte Feuer in einem großen Herd. Irgend etwas schmorte in einem Topf und verbreitete einen angenehmen Duft. Gary lief das Wasser im Munde zusammen, und er wurde mit aller Gewalt daran erinnert, daß er seit gestern nichts mehr gegessen hatte. Nur mühsam unterdrückte er das Verlangen, aufzustehen und sich über den Inhalt des Topfes herzumachen.
    In der Küche standen ein uraltes Sofa, ein Tisch und einige Stühle. Ein Pack alte Zeitungen und Illustrierte vervollständigten den Eindruck eines gemütlichen Farmerheims. Hinter der geschlossenen Tür waren gedämpfte Laute zu hören. Jemand weinte.
    Er ließ seine Augen weiterwandern und betrachtete den schwerenEichentisch, an dem die Mahlzeiten eingenommen wurden. Jetzt lag eine Puppe darauf, sicher gehörte sie Sandy. Er suchte weiter und fand das Radio.
    Es durchzuckte ihn, und er erhob sich halb, um es anzustellen, als sich die Tür öffnete und Hoffmann mit ausgestreckten Händen auf ihn zukam.
    „Ich finde nicht die Worte des Dankes, Fremder …“
    „Nicht notwendig, Hoffmann. Jeder andere hätte das an meiner Stelle auch getan.“
    „Bestimmt nicht“, schüttelte Hoffmann seinen Kopf. „Es hätte noch lange nicht jeder Mann so gehandelt.“
    „Es war reiner Zufall, daß ich gerade in der Nähe weilte“, sagte Gary bedächtig. „Das kleine Mädchen lief mir gewissermaßen vor die Füße.“ Er löste seine Hand aus der des Farmers und setzte sich wieder. „Wenn Sie wünschen, gehe ich jetzt wieder. Ich glaube nicht, daß ich Ihnen noch behilflich sein kann.“
    „Wir können das ,Sie’ fallen lassen, Fremder. Nenne mir deinen Namen …“
    „Russell Gary.“
    „Hör’ zu Gary! Ich lasse dich jetzt nicht wieder einfach davongehen, nach dem, was du für uns getan hast. Ich werde meine Schuld niemals ganz zurückzahlen können.“
    „Du schuldest mir nichts, Hoffmann, und ich würde auch keine Bezahlung annehmen.“
    Der Farmer folgte seinem Blick und sah ebenfalls zum Herd.
    „Bist du hungrig? Natürlich, daß ich nicht eher daran gedacht habe!“ Er sprang auf und nahm Gary beim Arm. „Komm mit, du sollst essen, bis es dir zu den Ohren wieder herauskommt. Viel haben wir ja nicht mehr vom Leben, aber wenigstens genug zu essen haben wir. Wenn du willst, so kannst du den Topf leer machen …“
     
    *       *
    *
     
    Am andern Nachmittag begruben sie Lee. Es war eine einfache kurze Zeremonie, die schnell vorüberging.
    Dann saßen sie in der Küche beisammen. Gary wartete auf die Gelegenheit, Hoffmann zu fragen, ob er den Winter über auf der Farm bleiben könne. Besser wäre es ja, er brauchte nicht darum zu fragen.
    „Sandy hat erzählt, du seiest Soldat gewesen. In der Armee?“
    „Ja, bei der fünften Armee in Chikago. Sie ist jetzt auf der andern Seite des Mississippi, aber man läßt mich nicht zu ihr. Keiner darf über den Strom.“
    „Ja, ich weiß“, nickte Hoffmann nachdenklich. „Ich kannte

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