TS 09: Kinder des Weltalls
desjenigen, den er auslöschen sollte.
Curtway, George. 14 – 4762. Elektriker. Susans Vater.
Es gab Zeiten, in denen haßte Jay seine Tätigkeit. Nicht oft, denn wie alle Besatzungsmitglieder des Schiffes war er tüchtig und stolz auf seine Arbeit, aber manchmal, wie jetzt zum Beispiel, wünschte er, daß er zu jedem anderen Arbeitsbereich, nur nicht zur Hirn-Polizei gehörte. Es war seine Schuld, natürlich; er hätte sich niemals gestatten sollen, so intim mit Menschen zu werden, die nach der Natur der Dinge unvermeidbar seine Opfer werden mußten. Aber Selbstbeschuldigung ebenso wie Selbstrechtfertigung waren beides reine Zeitverschwendung. Er mußte Susans Vater auslöschen.
Mußte Erziehung, Stellung, sein eigener Stolz auf seine Tätigkeit und sein Wissen, daß er, sollte er sich weigern, als ungeeignet „ausgeschaltet“ würde, ließen ihm keine andere Wahl. George Curtway mußte sterben.
Bevor er den Sektor Fünf betrat, wechselte er seine schwarzen Shorts gegen die roten eines Ingenieurs der Ventilation aus, für den man ihn in seinem inoffiziellen Sektor hielt, und stieg in die unteren Decks hinab. Gewöhnlich fühlte er bei solch einer Mission eine gewisse Erregung, den Eifer eines Jägers, der hinter seinem Wild her ist und diesem durch Wissen und Können überlegen war. Denn es gab immer, trotz des Schutzes, den seine offizielle Stellung gab, ein gewisses Gefahrenmoment.
Er konnte ungeschickt sein. Er konnte Pfuscharbeit leisten, von Zeugen gesehen werden oder den „Unfall“ so schlecht vortäuschen, daß er für untüchtig erklärt und seinerseits ausgelöscht werden würde.
Aber diesmal fühlte er anstatt des Jagdeifers ein undeutliches Bedauern und eine Abneigung gegen das, was getan werden mußte. Er erkannte die Gefahr, konzentrierte sich absichtlich ganz auf sein Opfer und zwang sich, Susan zu vergessen, ihre enge Freundschaft, ihre Liebe und alles, was damit zusammenhing. Ihr Vater mußte sterben, und soweit Jay davon betroffen wurde, war das alles. Er fühlte sich ein wenig wohler, als er die unteren Decks erreichte, wo sich die Spiel und Erholungsräume befanden.
George war in keinem der Erholungsräume. Er war auch nicht in den Übungsräumen oder in dem privaten Wohnraum, den seine Stellung ihm zubilligte. Jay sah gerade in den Speisesaal hinein, um den Mann zu finden, den er suchte, als jemand seine Hand berührte.
„Jay! Ich hatte nicht erwartet, dich so schnell wiederzusehen. Arbeitest du denn nie?“ Es war Susan, der letzte Mensch, den er zu sehen wünschte. Als er auf sie herniedersah, wünschte er, sie wären sich niemals begegnet.
„Hallo, Susan.“ Mit Absicht ließ er seine Stimme unbeteiligt klingen. „Schon gegessen?“
„Noch nicht.“ Sie schob ihren Arm durch den seinen und lächelte ihm ins Gesicht. „Wollen wir zusammen essen, ja?“
„Wenn du willst.“ Er streifte ihren Arm ab und führte sie an einen leeren Tisch. Er bestellte, ohne viel Aufmerksamkeit auf das Menü zu verschwenden. Susan sah ihn ununterbrochen an, schien ein oder zweimal sprechen zu wollen, dann schob sie ihren leeren Teller energisch zur Seite und berührte seinen Arm.
„Etwas nicht in Ordnung, Jay?“
„Nicht in Ordnung?“ Er zwang sich zu einem Lächeln und ärgerte sich, daß er seine Gefühle verraten hatte. „Aber nein, natürlich nicht. Was veranlaßt dich, das anzunehmen?“
„Zunächst einmal dein Appetit.“ Sie wies auf sein nicht beendetes Mahl. „Ich habe vorher nie bemerkt, daß du so langsam ißt.“
„Ich bin nicht hungrig.“
„Dann hättest du nicht essen sollen.“ Susan warf einen Blick in den Speisesaal. „Iß es lieber auf, Jay, oder irgend jemand wird dich wegen Vergeudung anzeigen. Dort drüben an der Wand steht ein Mann, der sich für dich zu interessieren scheint.“
„Wirklich?“ Er wendete nicht einmal den Kopf, um hin überzusehen, da er annahm, daß es Susan war, die den Mann interessierte. Aber er beendete sein Mahl, lehnte eine Süßspeise ab und nippte an seinem Wasser, während Susan den letzten Rest ihrer synthetischen Frucht auslöffelte.
„Wann werde ich dich wiedersehen, Jay?“ Susan lächelte, als sie sich vorbeugte und leise über seine Hand strich. „Nach der Schicht?“
„Ich bezweifle es.“
„Wann denn? Morgen?“
„Ich glaube nicht.“ Er behielt seinen Blick auf dem Teller, als er weitersprach. „Ich bin augenblicklich sehr beschäftigt und Kann nicht sagen, wann ich frei haben werde.“ Er sah sie mit
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