TS 11: Vater der Menschheit
den Antrieb aus! Aber halten Sie sich bereit, falls er wieder aktiviert werden muß. Die Fremden sind noch zwei Lichtmonate entfernt.“
Der Interkom blieb eingeschaltet. Die STARLIGHT wartete.
*
Als das Objekt nur noch zwei Lichtstunden entfernt war, konnte Harrison es optisch erfassen.
Es war ein langer, zylindrisch geformter Körper von mattsilberner Farbtönung, der das schwache Licht der Sterne kaum reflektierte. Immerhin konnte es von der menschlichen Netzhaut registriert werden.
Harrison gab laufend seine Beobachtungen durch und stellte dann die Verbindung seines Teleskops mit dem Bildschirm in der Zentrale her.
Stumm und mit zusammengekniffenen Lippen standen die drei Männer und das Mädchen vor dem langsam entstehenden Bild.
Zuerst war nicht viel zu erkennen, aber als Harrison die Position bestimmte, trat aus dem Dunkel der leicht phosphoreszierende Schatten eines schlanken und großen Raumschiffs hervor. In Verbindung mit der Entfernung war die Schätzung nur ungenau, aber der Koloß mußte länger als dreihundert Meter sein.
Landeschienen auf der unteren Seite der Hülle verrieten, daß das andere Schiff in der Lage war, waagerecht zu landen, wahrscheinlich mit Hilfe starker Schubdüsen – oder dank einer Einrichtung, mit der die Schwerkraft neutralisiert werden konnte.
Aus dem Bug drang ein heller Lichtschein, der rhythmisch aufflammte und wieder erlosch. In Abständen von fünf Sekunden!
„Sie antworten uns!“ rief Jansen aus. „Sie haben uns verstanden!“
Kein Zweifel! Die Fremden hatten die Signale der STARLIGHT richtig interpretiert und reagierten auf die gleiche Weise. Das konnte nur ein gutes Zeichen sein, ein günstiges Omen für eine friedliche Verständigung.
Das fremde Schiff wurde langsamer. Doch auch die halbe Lichtgeschwindigkeit blieb nicht konstant. Das Tempo verringerte sich immer mehr, je näher es der STARLIGHT kam.
Yü und Kranz konnten durch die Luke das andere Schiff nun genau erkennen. Noch waren die Geschütze in der Hülle versenkt, aber die Zieleinrichtung programmierte sich trotzdem automatisch. In Sekundenschnelle konnten die Atomtorpedos abgefeuert werden – ein sinnloses Unterfangen, solange die Energieblase aktiviert blieb.
Fünfhundert Meter von der STARLIGHT entfernt verharrte der Fremde und veränderte seine Position nicht mehr. Die Art des Antriebs war nicht erkennbar, solange es unmöglich war, das Heck zu sehen. Breitseite an Breitseite lagen die beiden Schiffe praktisch nebeneinander, nur durch einen halben Kilometer getrennt. Einer schien auf die erste Bewegung des anderen zu lauern.
Das Licht flammte noch immer in regelmäßigen Abständen von fünf Sekunden auf und durchdrang die Energieblase.
Als weiter nichts geschah, wurde Jansen ungeduldig. „Wir müssen etwas unternehmen“, forderte er. „Wir können doch nicht herumsitzen und Däumchen drehen. Ich halte die Ungewißheit einfach nicht mehr aus.“
Randell sah ihn kurz an.
„Sie werden sich genauso in Geduld üben müssen wie wir auch. Jede Unbedachtsamkeit könnte unser Ende bedeuten. Sie beobachten uns jetzt aus der Nähe, und aus unserem Verhalten werden sie ihre Schlüsse ziehen. Den ganzen Umständen nach sind wir ihre Gefangenen, Jansen, vergessen Sie das nicht. Die erste Handlung steht also ihnen zu, nicht uns. Wir können nur abwarten, was geschieht.“
Jane hatte unwillkürlich nach Dirks’ Hand gefaßt und hielt sie fest. Beide dachten dasselbe. Sie konnten noch nicht wissen, was dieser erste Kontakt bringen würde, für sie selbst und für die ganze Menschheit, aber beide hofften inbrünstig, daß nur Gutes aus dieser ersten Begegnung resultierte.
„Ich habe nie geglaubt, so etwas zu erleben“, flüsterte sie ihm zu. „Trotz der Ungewißheit habe ich ein gutes Gefühl.“
„Ich auch, Jane. Man muß es auch haben, wenn man seinen Brüdern oder Schwestern im Universum begegnet. Auch dann, wenn sie vielleicht anders aussehen als wir.“
Randell strich sich mit einer fahrigen Bewegung eine Haarlocke aus der Stirn. Er schien plötzlich sehr erregt zu sein.
„Halten Sie es für möglich, daß sie anders sind als wir?“
Dirks nickte, ohne daß er auch nur eine Sekunde lang hätte überlegen müssen.
„Das halte ich durchaus für möglich, wenn nicht sogar für wahrscheinlich. Ich meine nicht nur ihr Äußeres, sondern auch ihre Mentalität, ihr ganzes Denken und Fühlen – und damit Handeln. Sie sind auf einer anderen Welt mit anderen Lebensbedingungen
Weitere Kostenlose Bücher