TS 12: Unternehmen Schwerkraft
Barlennan versicherte Lackland, daß er auf dem Laufenden gehalten würde. Der Kapitän hatte sein seelisches Gleichgewicht wiedergefunden und war mehr oder weniger Herr der Situation, soweit das ein Gefangener sein kann.
Der Häuptling verbrachte die Nacht mit Besprechungen; von Zeit zu Zeit wurde seine Stimme von anderen unterbrochen, die seinen Ratgebern gehören mußten; klar, wenn auch nicht verständlich, drangen die Laute bis zu dem Erdenmenschen auf dem fernen Mond. Während der Nacht schien der Häuptling einen Entschluß gefaßt zu haben. Als der Morgen dämmerte, hatte er sich von seinen Ratgebern zurückgezogen und seine Waffen abgelegt. Beim ersten Strahl der aufgehenden Sonne näherte er sich Barlennan und winkte dessen Wachen beiseite. Der Kapitän war sich ziemlich klar, was in dem anderen vorging, und wartete ruhig ab. Dicht vor ihm hielt der Häuptling inne, machte eine eindrucksvolle Pause und begann zu sprechen.
Selbstverständlich blieben seine Worte den Matrosen nach wie vor unverständlich, doch konnte selbst der ferne menschliche Beobachter aus den begleitenden Gesten entnehmen, was der Inhalt seiner Rede war. Ganz offensichtlich wollte er eines der Radios haben.
Lackland gab sich müßigen Betrachtungen hin, welche übernatürlichen Kräfte die Radios in der Meinung des Häuptlings besitzen mochten.
Vielleicht wollte er durch sie sein Dorf vor Feinden schützen oder erwartete, daß sie ihm Jagdglück bescherten. Das war jedoch von nebensächlicher Bedeutung; die wichtige Frage war in diesem Augenblick, wie der Häuptling reagieren würde, wenn man sein Verlangen zurückwies, und Lackland wurde ein wenig unruhig.
Barlennan erwiderte die Rede mit einem einzigen Wort, und die Geste, die es begleitete, hatte Lackland in guter Erinnerung. „Nein“ war das erste mesklinische Wort, das der Flieger lernte, und er lernte es in diesem Augenblick. Barlennan war in seiner Haltung sehr bestimmt.
Der ferne Beobachter atmete auf, als der Häuptling auf die Weigerung hin keine feindselige Haltung einnahm. Statt dessen gab er seinen Männern einen kurzen Befehl. Einige von ihnen legten die Waffen beiseite und begannen, das geraubte Fleisch in die Vorratsbehälter zurückzulegen, in denen sie es gefunden hatten. Barlennan als auch Lackland waren in diesem Augenblick sicher, daß der Häuptling Angst hatte, Gewalt zu gebrauchen, so sehr seine niederen Instinkte auch erregt sein mochten. Nachdem die Hälfte der Vorräte zurückgebracht worden war, wiederholte er seine Forderung. Als sie auch diesmal zurückgewiesen wurde, vollführte der Häuptling eine Bewegung, die deutliche Parallelen zur menschlichen Geste der Resignation aufwies, und befahl seinen Männern, auch den Rest zurückzutragen. Erneut wurde Lackland unruhig.
„Was, glaubst du, wird er machen, wenn du ihn auch diesmal abweist, Bari?“ fragte er in ruhigem Tonfall. Der Häuptling schaute hoffnungsvoll auf den Kasten; anscheinend glaubte er, der Kasten verhandele mit seinem Besitzer und befehle ihm, der Forderung des Kaperers zu entsprechen.
„Ich wage nicht, darüber eine Voraussage zu machen“, erwiderte der Mesklinite. „Wenn wir Glück haben, holt er noch mehr Waren aus seinem Dorf herbei, um den Preis zu erhöhen. Doch glaube ich fast nicht, daß unser Glück soweit geht. Wenn die Radios weniger wichtig wären, würde ich ihm jetzt eines geben.“
„Um alles in der Welt!“ explodierte in diesem Augenblick der Ethnologe, der neben Lackland in der Zentrale saß. „Hast du dort unten dein Leben riskiert, um dich jetzt an ein billiges Fernsehgerät zu hängen?“
„Billig kann man es kaum nennen“, murmelte Lackland. „Sie wurden eigens gebaut, um die Schwerkraft an den Polen auszuhalten, in der mesklinischen Atmosphäre zu arbeiten und von den Eingeborenen gehandhabt zu werden.“
„Mach’ keine Ausflüchte“, fuhr der Völkerkundler dazwischen. „Wofür sind diese Geräte anders da, als daß sie uns Informationen bringen? Gib eines davon den Wilden! Wie könnten wir das Alltagsleben einer völlig fremden Rasse besser beobachten als durch dieses Auge? Charles, manchmal muß ich mich über dich wundern!“
„Damit blieben dann noch drei in Barlennans Besitz, von denen eines unter allen Umständen zum Südpol durchkommen muß. Ich kann deinen Standpunkt verstehen, aber ich glaube, es ist besser, wir holen uns Rostens Zustimmung, ehe wir bereits jetzt eines davon weggeben.“
„Warum? Was hat er damit zu tun? Er
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