TS 12: Unternehmen Schwerkraft
Seile wie auch der Stoff, mit dem die Flügel der Gleiter bespannt waren. Der Kapitän verhandelte persönlich mit einem Kaufmann, der einen Vorrat von dem letzteren anbot. Lange befühlte Barlennan den unwahrscheinlich glatten und zähen Stoff, ehe er überzeugt war, daß es sich um das gleiche Material handelte, das für die Flügel verwendet wurde. Reejaaren hielt sich dicht neben ihm. Er mußte daher vorsichtig sein. Von dem Händler erfuhr er, daß es sich entgegen dem äußeren Anschein um ein Gewebe aus pflanzlichen Fasern handelte, das nach dem Weben mit einer Flüssigkeit behandelt würde, die die Fasern teilweise auflöste und dadurch das Tuch völlig undurchlässig machte.
„Dann ist das Tuch also winddicht? Ich glaube, ich werde es zu Hause leicht absetzen können. Für praktische Zwecke wie Überdachungen ist es zwar nicht fest genug, aber als Schmuck wäre es jedoch sicher geeignet, vor allem die farbige Ausführung.“
„Nicht fest genug?“ Es war Reejaaren und nicht der Kaufmann, der sich darüber entrüstete. „Dieses Material wird sonst nirgendwo hergestellt und ist der einzige Stoff, der leicht und fest genug ist, um für die Bespannung der Flügel unserer Gleiter zu dienen. Wenn du es kaufst, können wir es nur in Stücken abgeben, die zu klein sind, um für diesen Zweck verwendet zu werden; nur ein Narr würde einen Flügel mit zusammengenähten Stoffbahnen bespannen.“
„Allerdings“, stimmte Barlennan eifrig zu. „Hier, wo die Schwere derart gering ist, mag es sich dafür verwenden lassen. Ich darf dir jedoch versichern, daß es in den höheren Breiten völlig unbrauchbar wäre; ein Flügel, der groß genug wäre, jemand hochzutragen, würde bei dem ersten Windstoß, der genügend Auftrieb erzeugte, in Stücke brechen.“ Dies war mehr oder weniger wörtlich das, was ihm einer der Flieger gesagt hatte, und es war der Grund, warum sich die Gleiter nicht in den weiter südlichen Ländern blicken ließen.
„Allerdings ist die Belastung der Gleiter in diesen Breiten sehr gering“, stimmte Reejaaren zu. „Aber warum sollten wir sie hier kräftiger bauen als unbedingt erforderlich. Es vergrößert nur das Gewicht.“
Barlennan kam zu dem Schluß, daß sein taktischer Gegner nicht gerade sonderlich gescheit war.
„Gewiß“, pflichtete er ihm bei. „Ich nehme jedoch an, eure Schiffe sind bei den hier vorkommenden starken Stürmen wesentlich kräftiger gebaut. Werden sie auch mitunter wie das meine an Land gespült? Noch niemals habe ich das Meer in so kurzer Zeit in einem solchen Maße steigen sehen.“
„Selbstverständlich treffen wir Vorsichtsmaßnahmen, wenn ein Sturm herannaht. Soviel ich beobachtet habe, ereignet sich das Ansteigen des Meeres nur hier in den Breiten der geringen Schwere. In der Tat gleichen unsere Schiffe den deinen. Nur haben sie – wie ich bemerkte – eine andere Bewaffnung. Eure ist mir unbekannt. Zweifellos halten unsere Kriegsphilosophen sie für diese stürmischen Breiten nicht für geeignet. Hat eure Bewaffnung in dem Hurrikan, der euch hierhergetrieben hat, sehr gelitten?“
„Ganz beträchtlich“, log Barlennan. „Wie sind denn eure Schiffe bewaffnet?“ Nicht eine Sekunde lang erwartete er, daß ihm der Dolmetscher darauf eine Antwort geben würde. Überraschenderweise war der Dolmetscher jedoch durchaus entgegenkommend. Durch einen schrillen Schrei rief er einen seiner Leute von den Hügeln herunter, der in seinen Klauen einen merkwürdigen Gegenstand trug.
Barlennan hatte selbstverständlich noch niemals eine Armbrust oder eine ähnliche Schußwaffe gesehen. Er war entsprechend beeindruckt, als Reejaaren drei Bolzen hintereinander zu einer vierzig Meter entfernten Pflanze hinüberschoß, so daß sie mit ihren Quarzspitzen darin stecken blieben. Nur um den Dolmetscher auf die Probe zu stellen, fragte Barlennan, ob er eine der Armbrüste kaufen könne. Reejaaren drückte ihm die Armbrust und ein Bündel Pfeile in die Klauen und sagte, er solle sie als Geschenk betrachten. Das war dem Kapitän nur allzu recht.
Er erwarb eine unvorstellbare Menge von dem Stoff, mit dem die Flügel der Gleiter bespannt waren. Entweder vergaß Reejaaren zu prüfen, ob es sich dabei nur um kleine Stücke handelte, oder er hielt es nicht mehr für erforderlich. Ebenso sicherte sich der Kapitän eine Anzahl der dehnbaren Seile und der sonstigen handwerklichen Erzeugnisse.
Nachdem die Geschäfte getätigt waren, verstreuten sich die Inselbewohner. Nur die Gleiter
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