TS 20: Legion der Zeitlosen
Vorgehen nicht vertrauten Leuten als völlig nutzlos erschienen wären. Für die ihm jetzt gestellte Aufgabe brauchte er Begleitung aus dieser Welt, und er wählte Jahr dazu aus.
Als die von Chaan verlangte Kleidung am nächsten Tag gebracht wurde, legte er die Uniform eines Volksweldsoldaten an. Sie bestand aus einem Paar weiter schwarzer Hosen mit roten Streifen, die an den Knöcheln eng anlagen, aus kurzen schwarzen Stiefeln, einer schwarz ausgelegten roten Jacke und einem schwarzen Helm.
Chaan gab Jahr die Anweisung, sich ähnlich zu kleiden. Jahr protestierte. Als Offizier mißfiel es ihm, die Uniform eines gewöhnlichen Soldaten anzulegen. Aber er erfüllte schließlich Chaans Wunsch.
„Nun“, sagte Chaan, „wohin würde ein Soldat sich begeben, wenn er einen Nachmittag und Abend totschlagen will?“
„Er würde den Nachmittag mit Drill und Waffenübungen zubringen“, erwiderte Jahr mit einem Grinsen. „Den ersten Teil des Abends würde er mit Ringen, Schwimmen und Körperertüchtigung verbringen, aber vielleicht hätte er früh genug frei, um in der Kaserne vor Zapfenstreich noch ein oder zwei Spiele Karten spielen zu können.“
„Ich meine nicht, wenn er im Dienst ist. Bekommen die Volksweldsoldaten nie Tagesurlaub?“
„Oh, ich hatte nicht verstanden, Sir. Natürlich, wenn wir uns einen angenehmen Abend machen wollen, dann gibt es da einen gewissen Stadtbezirk mit Tavernen und Vergnügungslokalen.“
„Das ist schon eher, was ich suche. Dahin wollen wir gehen. Zu welcher Einheit gehören wir?“
„Nun, Sir“, sagte Jahr augenzwinkernd, „unseren Rangabzeichen nach sind wir Unteroffiziere vom dritten Sektor der Nordflotte.“
„Flotte?“ murmelte Chaan und wunderte sich, wie dieses Wort in die Terminologie einer Heeresorganisation paßte, aber er ließ die Frage auf sich beruhen.
Unteroffiziere, erfuhr er auf Befragen von Jahr, besaßen normalerweise keinen Wagen. Die beiden Männer brauchten daher die Rollbänder. Innerhalb zwanzig Minuten hatten sie ihr Ziel erreicht.
Sie befanden sich jetzt inmitten des Wehmer genannten Stadtteils. Überall erblickte man hier Soldaten. Läden, Vergnügungslokale und kleine Hotels drängten sich dicht nebeneinander und machten durch grell gemalte Reklameschilder auf sich aufmerksam. Chaan grinste. Soldaten waren sich doch überall ziemlich gleich. Tavernen, Tanz- und Spiellokale herrschten unter den Vergnügungsetablissements vor, während Läden mit Andenkenartikeln und Pfandhäuser unter den übrigen Geschäften zahlenmäßig an erster Stelle standen.
„Was unternehmen wir zuerst, Sir?“ fragte Jahr.
„Nennen Sie mich hier nicht ,Sir’. Wir sind zwei Unteroffiziere, die Ausgang haben. Denken Sie daran! Nennen Sie mich Chaan. Und was würden Sie gerne tun?“
„Nun, Sir … Chaan, es gibt hier in der Nähe ein Lokal, wo man ein gutes Bier ausschenkt und eine gute Partie Quadrangel spielen kann.“
„Für einen Offizier scheinen Sie sich in dieser Gegend ziemlich gut auszukennen.“
Jahr grinste.
„Ich war fünf Jahre lang gewöhnlicher Soldat, ehe ich meine Kometen erhielt“, entgegnete er.
Sie überquerten die Straße und bahnten sich ihren Weg durch eine Gruppe lachender betrunkener Soldaten. Dann stiegen sie in ein Kellerlokal hinab, über dessen Eingang ein Schild mit dem Namen ,Die Tiziankönigin’ hing. Das von Tabakqualm getrübte Innere war nicht groß, enthielt jedoch etwa ein Dutzend runder Tische und mehrere Abteile an der Wand entlang der Straßenseite. An der gegenüberliegenden Wand war eine Bar, deren Flaschenstapel teilweise ein aus Holz geschnitztes Relief einer zurückgebeugten nackten Frau verbargen.
Überall an den Tischen und in den Abteilen saßen Zecher, doch gab es noch einige freie Plätze. Chaan und Jahr nahmen an einem der Tische Platz, an dem Spieler mit Drahtringen auf rechteckigen, dreidimensionalen Figuren aus Draht manipulierten. Flüsternd erklärte Jahr Chaan die Spielregeln.
„Ich spiele als nächster mit“, sagte Jahr, und die Spieler nickten, ohne ihn anzusehen oder ihr Spiel zu unterbrechen.
Ein riesiger, breitschultriger Mann mit haariger Brust und einem Schurz über seinen engen Hosen nahm ihre Bestellung entgegen und kehrte mit zwei großen Kannen Bier zurück. Chaan nahm genießerisch den ersten Schluck des guten Volksweldbieres.
Er blickte sich in der Taverne um und ließ die ganze Atmosphäre auf sich einwirken. Es war eine Prüfmethode, die er bei seiner Arbeit oft anwandte. Die
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