TS 20: Legion der Zeitlosen
Er war versucht, ihr für die Länge seines Aufenthalts die Ehe anzubieten. Aber irgendwie seinen ihm das in diesem Falle doch nicht angebracht, und so sagte er statt dessen:
„Ich würde mich sehr freuen, wenn du mir die Stadt zeigtest, Hildi. Und ich möchte auch gerne, daß du heute wieder bei mir bleibst. Aber morgen werde ich dich für eine Zeitlang nach Hause zurückschicken.“
„Wie du willst“, stimmte sie zu. „Aber wenn du mich gestern geliebt hast und mich heute noch liebst, weshalb glaubst du dann, daß du mich morgen nicht mehr lieben wirst?“
Er lachte.
„Das ist es gar nicht“, sagte er. „Ich möchte nur nicht, daß du durch mich in irgendwelche Ungelegenheiten gerätst, denn ich weiß nicht, wie die Atmosphäre hier sein wird, nachdem ich morgen mit Marl gesprochen haben werde.
„Du wirst zu Marl gehen?“ fragte sie mit großen Augen. „Zum Führer?“
„Je früher ich ihn spreche, desto eher kann ich meine Untersuchungen auf Volksweld zu einem Abschluß bringen. Deshalb werde ich Jahr veranlassen, daß er die nötigen Schritte für eine Unterredung morgen bei Marl unternimmt.“
„Aber woher weißt du denn, daß er dich auch sofort empfangen wird?“
„Wenn ein Raumscout eine Unterredung vorschlägt“, erklärte Chaan mit einem grimmigen Lächeln, „dann glaube ich nicht, daß ein Führer irgendeines Planeten versuchen wird, ihn abzuweisen.“
9. Kapitel
Trotz seiner zuversichtlichen Worte erwartete Chaan eine gewisse Verzögerung. Wenn Marl irgendein Spiel mit dem Sonnenrat im Sinn hatte, dann war anzunehmen, daß er dem Scout gegenüber irgendwelche irritierenden Taktiken anwenden würde.
Er war daher leicht überrascht, als Jahr ihm mitteilte, Marl wäre bereit, Chaan nach dessen Belieben zu empfangen. Da Chaan ursprünglich vorgeschlagen hatte, daß die Unterredung um 14.00 Uhr stattfinden solle, hielt er es nicht für nötig, Marl nochmals davon zu unterrichten, daß er zu dieser Zeit kommen würde.
Um 13.30 Uhr gingen Jahr und Chaan zum Volksheimgebäude, das im Zentrum von Regn lag.
Eine Unmenge Militärs und Zivilisten gingen in dem Gebäude ein und aus. Chaan hatte angenommen, daß es sich lediglich um Marls Residenz handle, doch offensichtlich liefen hier auch die Fäden der Regierung zusammen.
Noch eine weitere Überraschung wartete auf Chaan. Er nahm an, daß Marl in einem prunkhaften Saal sitzen und von Würdenträgern umgeben sein würde. Jahr und er wurden jedoch nicht in einen solchen Raum geführt.
Statt dessen geleitete man ihn in einen kleinen Raum, während Jahr gebeten wurde, draußen zu warten. An den Wänden standen Gestelle und Regale mit Mikrofilmen. Hinter einem Schreibtisch mit einem Globus von Volksweld und einem Plastikmodell des Sirius-Sektors erhob sich lächelnd ein dunkelhaariger junger Mann mit einer altmodisch gefaßten Brille.
„Captain Fritag“, sagte er. „Willkommen.“
„Ich danke Ihnen“, erwiderte Chaan und blickte sich um. Sein Gegenüber reichte ihm über den Schreibtisch hinweg die Hand entgegen, und deshalb schüttelte Chaan sie.
„Wollen Sie sich nicht setzen?“ schlug der junge Mann freundlich vor und deutete auf einen behaglichen Sessel direkt vor dem Schreibtisch.
Chaan setzte sich und warf einen ungeduldigen Blick auf sein Armbandchronometer. Es war jetzt 14.00 Uhr.
„Ich hoffe, daß ich nicht zu lange warten muß, bis ich mit Marl sprechen kann“, sagte er ziemlich barsch.
„Sie brauchen überhaupt nicht zu warten“, antwortete der junge Mann. „Ich bin Marl.“
Chaan schluckte und sprang auf. Er spürte, wie seine Ohren rot anliefen.
„Ich bedaure sehr“, sagte er. „Ich hatte angenommen …“
„Bitte, bleiben Sie doch sitzen“, erwiderte Marl lächelnd. „Es ist nicht selten, daß dieser Irrtum vorkommt. Ich fürchte, daß ich sogar Schuld daran trage. Ich verschaffe mir dadurch einen gewissen psychologischen Vorteil.“
„Das kann ich mir sehr gut vorstellen“, bemerkte Chaan, der sich wieder gefaßt hatte und sich setzte.
Mit schnellen Blicken nahm er das Äußere des Volksweldführers in sich auf. Er war keineswegs eindrucksvoll. Das Bemerkenswerteste an ihm waren vielleicht die hinter den Brillengläsern glitzernden dunklen Augen. In seiner schwarzen Kleidung schien er einen Teil der Schatten im Raum zu bilden.
„Ich hoffe, daß es Ihnen auf Volksweld gefällt“, sagte Marl.
„Ja, dank des netten Menschen, den Sie mir geschickt haben.“
„Jahr? Ja, er ist ein
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