TS 21: Die Überlebenden
Gegenteil!
8. Kapitel
Wir machten eine Pause und aßen von den Vorräten, die wir mit uns führten. Dave zauberte ein Paket mit ausgezeichneten Sandwiches zutage, und wir ließen es uns gut schmecken. Dann ging es weiter.
Die Unterhaltung wurde nun freier, denn wir wußten ja, daß wir im Augenblick eine Gemeinschaft bildeten und für längere Zeit zusammenblieben. Dave saß jetzt neben mir, Ginette im Hinterteil des Wagens.
Dave, so hatte ich herausgefunden, war Mitherausgeber einer Londoner Zeitung gewesen, die ihren Betrieb wegen Absatzschwierigkeiten eingestellt hatte. Denn es gab einfach keine Transportmittel mehr, die Zeitungen dem Kunden zuzustellen.
„Warum haben Sie London verlassen, Dave?“ erkundigte ich mich.
„Weiß ich nicht“, gab er ehrlich zu. „Vielleicht nur Neugier. Möglicherweise will ich auch nur einen Ort finden, an dem es keine Paggets gibt.“
„Und Sie fanden natürlich keinen?“
„Das nicht, aber das Leben auf dem Land scheint mir heute erträglicher zu sein als in der Stadt. Übrigens, Don, glauben Sie, daß die Paggets uns fertig machen werden?“
„Ja, das glaube ich“, eröffnete ich ihm.
„Und Sie meinen nicht, daß wir sie vernichten können, wenn wir erst einmal wieder richtig organisiert sind?“
„Nein!“
„Und was meinen Sie, Ginette?“ wandte er sich kollegial an sie. „Was halten Sie von den Paggets?“
„Ich diskutiere nicht darüber“, meinte sie achselzuckend. „Es ist mir auch ziemlich egal, wie man darüber denkt.“
„Sie denken doch aber auch, es handele sich nicht um eine vorübergehende Plage?“
„Ich denke lediglich, daß ich in fünf Jahren auch noch leben werde“, gab sie kurz Auskunft.
Ich war überrascht. Wenn sie also meine Hilfe immer ablehnte, so tat sie es in dem festen Glauben, der Gefahr Herr werden zu können. Sie unterschätzte die wirkliche Gefahr einfach, das war alles.
Dave nickte langsam.
„Es gibt nicht viele Menschen, die so denken wie Ihr. Aber ich gehöre zu ihnen.“
Für eine Weile herrschte Schweigen, dann begann Dave erneut:
„In den vergangenen Wochen bin ich mit vielen Menschen zusammengekommen, aber sie alle hielten die Gefahr nicht für eine permanente, sondern für eine bald vorübergehende. Sie meinten, die Regierung würde sehr bald Mittel und Wege finden, die Paggets zu vernichten. Sie sind der Auffassung, es genüge, wenn man sich eine Zeitlang in Sicherheit bringe, um dann später in geordnete Verhältnisse zurückkehren zu können.“
„Die allgemeine Auffassung also hier ist“, faßte ich zusammen, „daß die Gefahr sehr bald vorbei sein wird?“
„Halb und halb, Don. Sie kennen ja die Engländer: immer kühl und sachlich. Sie sind fest davon überzeugt, daß die Regierung für sie die Sache in die Hand nehmen wird.“
„Sie aber glauben das nicht?“
Dave schüttelte den Kopf.
„Ich war bis vor neun Monaten in Amerika“, fuhr ich fort, „und dort sah es bereits damals schlimmer aus als heute hier in England. Der europäische Kontinent war gewarnt, aber er tat nichts gegen die drohende Gefahr. Wie kommt das?“
„Was die Engländer anbetrifft, so haben sie ein Sprichwort: England gewinnt selten eine Schlacht, aber stets den Krieg! Was ist die Folge? England ist niemals vorbereitet und beginnt damit erst dann, wenn der Krieg bereits in vollem Gange ist. Daher auch der Glaube, die letzte Schlacht auf jeden Fall zu gewinnen.“
„Ganz davon abgesehen“, mischte sich Ginette überraschend ein, „wenn wir Mittel gehabt hätten, alle Ratten und Mäuse auszurotten, so hätten wir das schon lange vor dem Auftreten der Paggets getan.“
„Das ist wahr“, stimmte ich zu. „Es ist aber auch niemals mit Nachdruck versucht worden. Immerhin: man hätte nicht alle Hunde und Katzen ausrotten können; es sind Haustiere!“
„Ich liebte Katzen“, sagte Ginette, „bis ich zum ersten Mal einer Pa-Katze begegnete. Da begann ich, sie zu hassen. Intelligente Katzen, so glaubte ich bis dahin, müßten nur richtig behandelt werden, um ihre Zuneigung zu gewinnen. Ich irrte mich.“
Eine Zeitlang fuhren wir schweigend, dann erzählte ich Dave von Glorias Tod, meiner Flucht mit Ginette und meinen Absichten. Dave hörte sich alles schweigend an, dann murmelte er:
„Ich war auch verheiratet, aber die Paggets töteten meine Frau. Bei lebendigem Leibe wurde sie von Ratten aufgefressen.“
Hinter uns stieß Ginette einen gräßlichen Schrei aus, um dann die Hände vor das Gesicht zu
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