TS 26: Der Mutant
wenigen Menschen, die ihn von Angesicht zu Angesicht gesehen haben. Ihn will ich haben. Vielleicht ist er das Beweisstück, das ich brauche – und bei der ewigen Galaxis, ich brauche ein Beweisstück – um die Stiftung aus ihrem Schlaf zu wecken.“
„Muß sie geweckt werden?“ unterbrach ihn Bayta plötzlich. „Gegen wen? Und was für ein Spiel treiben Sie? Sind Sie ein Spitzel der Geheimpolizei?“
Die Linien in dem hageren Gesicht des Hauptmanns strafften sich. „Wenn die ganze Stiftung bedroht ist, dann gibt es keine Demokraten und keine Tyrannen mehr. Laßt uns die Tyrannen vor dem größeren Tyrannen retten, damit wir sie dann stürzen können.“
„Wer ist jener größere Tyrann, von dem Sie sprechen?“
„Der Mutant! Ich weiß genug von ihm, um mein Leben schon ein paarmal riskiert zu haben, wäre ich weniger vorsichtig gewesen. Schicken Sie den Clown hinaus. Was jetzt kommt, ist nicht für seine Ohren bestimmt.“
„Magnifico“, sagte Bayta mit einem kurzen Wink, und der Clown ging ohne ein Wort der Widerrede.
Der Hauptmann fuhr leise fort, so daß Toran und Bayta näherrücken mußten, um ihn zu verstehen: „Der Mutant ist raffiniert – viel zu raffiniert, um nicht zu wissen, auf welchen massenpsychologischen Vorteil er verzichtet, wenn er sich dem Volk nicht zeigt. Wenn er es nicht tut, dann muß der Grund der sein, daß er durch sein persönliches Auftreten etwas zeigen würde, was unter keinen Umständen bekannt werden darf.“
Er tat die Fragen der beiden mit einer ungeduldigen Handbewegung ab und erklärte: „Ich habe aus diesem Grund seinen Geburtsort aufgesucht und mich mit den Leuten unterhalten, die sich an seine Geburt vor dreißig Jahren erinnern – – und an den Tod seiner Mutter – an seine seltsame Jugend. Der Name Mutant ist keine Fabel – er ist wirklich kein menschliches Wesen.“
Seine beiden Zuhörer zuckten erschreckt zusammen. Keiner konnte sich viel unter dem Begriff ,Mutant’ vorstellen, und doch regten sich in beiden schreckliche Assoziationen.
Der Hauptmann erklärte weiter: „Er ist also ein ,echter’ Mutant, und wie man aus seiner späteren Karriere sieht, ein recht erfolgreicher obendrein. Ich kenne seine übernatürlichen Kräfte nicht und weiß nicht, inwieweit er sich dem Idealbild des ,Supermannes’ nähert, wie es unsere Fernsehspiele geschaffen haben, aber jedenfalls ist sein Aufstieg, der ihn innerhalb von zwei Jahren zum neuen Kriegsherrn von Kalgan gemacht hat, besorgniserregend. Sie sehen doch, welche Gefahr das für die ganze Galaxis bedeuten kann? Kann ein genetischer Zufall, der unabwägbare biologische Veränderungen mit sich gebracht haben könnte, in Seldons Plan berücksichtigt worden sein? Aber vielleicht kommen wir weiter, wenn ich mit dem Clown sprechen kann.“
Der Hauptmann stellte ich vor dem zitternden Magnifico, der offensichtlich diesem großen hageren Mann mißtraute, der da breitbeinig vor ihm stand und ihn mit seinen dunklen Augen anstarrte.
Der Hauptmann begann sein Verhör: „Hast du den Mutanten mit eigenen Augen gesehen?“
„Ja, das habe ich, edler Herr. Und auch mein Körper bat oft die Kraft seiner zürnenden Hand verspürt.“
„Das bezweifle ich nicht. Kannst du ihn beschreiben?“
„Es ist schrecklich, sich an ihn zu erinnern, edler Herr. Er ist ein Mann von mächtigem Wuchs. Selbst Sie wären neben ihm ein schmächtiger Knabe. Sein Haar ist von flammendem Rot, und mit all meiner Kraft und meinem ganzen Gewicht könnte ich seinen ausgestreckten Arm nicht um Haaresbreite von der Stelle rühren.“ Magnifico schauderte bei dem Gedanken. „Manchmal pflegte er mich mit einem Finger am Gürtel hochzuheben, um sich oder seine Generale damit zu ergötzen. Dann zwang er mich, Gedichte zu deklamieren und ließ mich nicht vor dem zwanzigsten Vers zu Boden. Und wehe, wenn ich einen Fehler machte! Er ist ein Mann von unermeßlichen Kräften, edler Herr, und grausam in der Ausübung seiner Macht – und seine Augen, edler Herr, die sieht niemand.“
„Was? Was war das?“
„Er trägt eine Brille, edler Herr, eine Brille von seltsamer Gestalt und Art. Man sagt, daß die Linsen undurchsichtig sind, und daß er nur kraft eines mächtigen Zaubers sieht, der die Kräfte gewöhnlicher Menschen weit übersteigt. Man sagt“, und jetzt klang seine Stimme leise und geheimnisvoll, „daß es den Tod bedeutet, seine Augen zu sehen, daß er mit seinen Blicken tötet, edler Herr.“
Bayta atmete tief. „Es scheint, daß
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