TS 28: Alle Wege führen nach Trantor
zugrunde ging, berührte diese Katastrophe Kalgan kaum. Wie sich auch die Wirtschaft und die gesellschaftliche Schichtung der benachbarten galaktischen Sektoren ändern mochte, es gab immer eine Elite, und es war schon immer ein Charakteristikum einer jeden Elite gewesen, Muße zu haben.
Folglich diente Kalgan in rascher Folge den verweichlichten parfümierten Gecken des Kaiserlichen Hofes und ihren glänzenden Damen, den rauhen barbarischen Kriegsherren, die mit Eisen die Welten beherrschten, die sie mit Blut gewonnen hatten, und ihren unbezähmbaren wilden Weibern und den plumpen luxuriösen Geschäftsleuten der Stiftung mit ihren Geliebten in Samt und Seide.
Kalgan machte keinen Unterschied zwischen ihnen, denn alle hatten sie Geld. Und dann kam der Mutant. Und Kalgan fiel einem Eroberer zu, der kein Vergnügen kannte außer der Eroberung selbst. Vor ihm waren alle Planeten gleich, selbst Kalgan.
So war Kalgan zehn Jahre lang die Metropole der Galaxis, Beherrscherin des größten Reiches, das die Galaxis seit dem Zusammenbruch des Galaktischen Imperiums gesehen hatte.
Dann kam mit dem Tod des Mutanten, ebenso schnell wie der Aufstieg gekommen war, der Niedergang. Die Stiftung brach aus dem neuen Reich heraus. Mit ihr und bald nach ihr auch die übrigen Dominien des Mutanten. Fünfzig Jahre später blieb nur wie ein Opiumtraum die atemberaubende Erinnerung an diese kurze Periode der Macht. Kalgan erholte sich nie ganz von diesem Schlag. Es konnte nie mehr ganz die unbeschwerte Luxuswelt werden, die es einmal gewesen war, denn der Hauch der Macht verblaßt nie ganz. So lebte es unter einer Folge von Männern, die von der Stiftung die Lords von Kalgan genannt wurden, sich selbst aber ,Erster Bürger der Galaxis’ nannten, in Nachahmung des einzigen Titels, den sich der Mutant zugelegt hatte. Und diese Männer lebten in dem Glauben, daß auch sie Eroberer seien.
Der augenblickliche Lord von Kalgan hatte diese Position schon seit fünf Monaten inne, seit er sie sich mit der kalganischen Flotte erobert hatte. Diese Art der Thronfolge hatte den Vorteil, daß oft recht befähigte Leute an die Spitze des Staates gelangten. Lord Stettin war einer von diesen Leuten, was seinem Premierminister, der seinen Vorgängern ebenso treu gedient hatte wie ihm und der bei einiger Vorsicht auch noch dem nächsten Lord dienen würde, das Leben nicht leicht machte. Es war auch für Lady Callia nicht ganz leicht, die mehr als Lord Stettins Freundin und doch weniger als seine Frau war.
An jenem Abend saßen diese drei Personen in Lord Stettins privaten Gemächern. Der Erste Bürger funkelte seine beiden Gäste aus seinem ungepolsterten Stuhl an. Sein Premier, Lev Meirus, gab ihm den Blick unbekümmert zurück, und seine langen Finger strichen geistesabwesend über seinen kleinen grauen Bart. Lady Callia lag auf einer niedrigen Couch, und ihre vollen Lippen bebten etwas.
„Sir“, sagte Meirus, „Sie machen sich nicht das richtige Bild von der Kontinuität der Geschichte. Ihr eigenes Leben mit seinen vielen Sprüngen läßt sie dem Lauf der Geschichte als etwas sehen, das im gleichen Maße plötzlichen Wandlungen unterworfen wäre. Dem ist aber nicht so.“
„Der Mutant hat das Gegenteil bewiesen.“
„Aber wer könnte in seine Fußstapfen treten? Denken Sie daran, er war mehr als ein bloßer Mann. Und selbst ihm blieb der letzte Erfolg versagt.“
„Schnucki“, wimmerte Lady Callia plötzlich und zog sich dann erschreckt zurück, als sie einen wütenden Blick von Lord Stettin auffing.
„Unterbrich uns nicht, Callia. Meirus, ich habe diese Untätigkeit jetzt satt. Mein Vorgänger hat sein ganzes Leben damit verbracht, unsere Marine zu einer Waffe zu machen, die in der ganzen Galaxis nicht ihresgleichen findet. Und als er starb, hatte er sie kein einziges Mal angewandt. Soll ich das Gleiche tun? Ich, ein Admiral der Marine?
Wie lange dauert es noch, bis diese Waffe zu rosten beginnt? ImAugenblick kostet sie nur Geld und bringt uns nichts ein. Ihre Offiziere lechzen nach Taten, ihre Männer nach Beute. Ganz Kalgan wünscht sich die Wiederkehr unserer Macht und unseres Ruhmes. Können Sie das verstehen?“
„Das alles sind nur Worte, Sir. Aber ich verstehe doch, was Sie wollen. Taten, Ruhm, Beute – das alles ist sehr schön, aber es war in der ganzen Geschichte der letzten dreihundert Jahre nicht klug, die Stiftung anzugreifen. Selbst der Mutant hätte besser die Finger von ihr gelassen.“
In Lady Callias blauen Augen
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