TS 28: Alle Wege führen nach Trantor
Jahrtausenden – wieder das Licht der Sonne, und der Planet begann eine neue Jugend. In den sich ausbreitenden Regionen des Ackerbaus vergaß er seine große Vergangenheit.
Arcadia blickte nachdenklich zu dem metallenen Horizont. Das Dorf, in dem die Palvers wohnten, war für ihre Begriffe nur eine Ansammlung kleiner und primitiver Häuser. Und dann kam eine Erinnerung aus der Vergangenheit. Vor ein paar Wochen, kurz nach ihrer Ankunft, hatte sie auf ihren Spaziergängen eine Stelle gefunden, wo die Metallplatten noch nicht verrostet waren und das strahlende Licht der Sonne Trantors ungetrübt widerspiegelten. Sie hatte versucht, durch eine Spalte einzudringen.
Aber nach wenigen Schritten war sie umgekehrt. Nein, das durfte sie nicht machen, das war Blasphemie.
Sie war mit hallenden Schritten zurückgerannt, bis die Metallplatten aufhörten und ihre Füße wieder den weichen Naturboden unter den Sohlen spürten.
Und dann hatte sie sich sehnsüchtig umgesehen. Sie wagte es nicht, dieses mächtige Grabmal der Vergangenheit noch einmal zu stören.
Irgendwo auf diesem Planeten war sie zur Welt gekommen – in der Nähe der alten kaiserlichen Bibliothek. Die Bibliothek war das größte aller Heiligtümer. Sie allein hatte die Verwüstungen vor einhundertundfünfzig Jahren überstanden und legte heute noch unberührt Zeugnis von einer großen Vergangenheit ab.
Dort hatten Hari Seldon und seine Gruppe ihr unbegreifliches Netz gesponnen. Dort hatte Ebling Mis das Geheimnis erkannt und war erstaunt vor seinen Büchern gesessen, bis der Tod ihn daran gehindert hatte, weiterzuforschen.
Dort, in der kaiserlichen Bibliothek hatten ihre Großeltern zehn Jahre lang gelebt, bis der Tod des Mutanten es ihnen ermöglichte, in die neu erstandene Stiftung zurückzukehren.
In die gleiche kaiserliche Bibliothek war ihr eigener Vater mit seiner jungen Frau zurückgekehrt, um die Zweite Stiftung wiederzufinden, aber es war ihm nicht gelungen. Dort war sie geboren worden, und dort war ihre Mutter gestorben.
Sie hätte gerne die Bibliothek besucht, aber Preem Palver hatte seinen runden Kopf geschüttelt und gesagt: „Sie ist Tausende von Meilen entfernt, Arkady, und wir haben hier soviel zu tun. Und außerdem soll man die Ruhe dort nicht stören, du weißt ja, sie ist ein heiliger Schrein –“
Sie ließ von ihren Gedanken ab und ging zum Frühstückstisch.
*
Preem Palver hatte sich die Serviette um den Hals geschlungen und griff gerade nach einem weichen Ei. „Gestern war ich in der Stadt, Mammi“, sagte er und erstickte seine Worte mit einem gewaltigen Bissen Brot.
„Und was war in der Stadt, Pappi?“ fragte Mammi und erhob sich noch einmal, um das Salz zu holen.
„Ach, nichts Gutes. Ein Schiff von Kalgan ist gelandet. Es hatte Zeitungen mitgebracht. Dort ist Krieg.“
„Krieg! So! Nun, sollen sie sich gegenseitig nur ruhig die Schädel einschlagen.“
Pappi griff nach einer Scheibe Toast. „Der Krieg findet zwischen der Stiftung und Kalgan statt und dauert jetzt schon zwei Monate.“
„Und wie steht es?“
„Es steht schlecht um die Stiftung. Du hast es ja in Kalgan gesehen. Nichts als Soldaten, wo man auch hinsah. Sie waren gerüstet, und die Stiftung nicht, also …“
Er zuckte die Achseln.
Und plötzlich legte Mammi ihre Gabel hin und zischte: „Dummkopf!“
„Hm?“
„Idiot! Du mit deinem dauernden dummen Geschwätz!“ Sie deutete auf die Tür, wo Arcadia stand.
„In der Stiftung ist Krieg?“ fragte sie.
Pappi sah Mammi hilflos an und nickte dann.
„Und sie verliert?“
Wieder ein Nicken.
Arcadia spürte, wie es ihr die Kehle abschnürte und trat langsam an den Tisch. „Ist es schon vorüber?“ flüsterte sie.
„Vorüber?“ polterte Pappi. „Wer sagt denn, daß es schon vorüber ist? Im Krieg kann vieles passieren, und … und …“
„Setz dich, Kind“, sagte Mammi besänftigend.
Aber Arcadia achtete gar nicht auf sie. „Sind die Kalganesen auf Terminus gelandet?“
„Nein“, sagte Pappi ernsthaft, „die Zeitung war von der letzten Woche, und Terminus leistet immer noch Widerstand. Ehrlich, es ist so. Und die Stiftung ist immer noch stark. Möchtest du die Zeitung sehen?“
Sie las sie nach dem Frühstück und weinte dabei an manchen Stellen ein wenig. Santanni und Korell waren kampflos zum Feind übergegangen. Jetzt war die Stiftung wieder auf den Bereich der Vier Königreiche beschränkt, das Territorium, das sie unter ihrem ersten Bürgermeister Salvor Hardin
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