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TS 30: Die Söhne der Erde

TS 30: Die Söhne der Erde

Titel: TS 30: Die Söhne der Erde
Autoren: Poul Anderson
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herrschte. So still war es. So unzählbar viele Sterne. Die Konstellationen waren merkbar verzerrt, manche völlig fremd. Er suchte die kristallene Dunkelheit nach Capella ab, aber der Bauch des Schiffes verbarg sie vor seinen Blicken.
    Furcht vor der nackten Leere streckte eisige Finger nach ihm aus. Er entzog sich ihrem Zugriff mit Hilfe der Routine: er schnallte sich fest, überprüfte seine Instrumente, sprach mit Sverdlov im Maschinenraum. Seine Finger trommelten eine Kursberechnung, fütterten dann mit dem Band den Steuerautomaten. Er spürte das schwache Ziehen, als die Kreisel aufwachten und das Schiff in die für das Abfeuern erforderliche Lage schwangen. Selbst jetzt, nachdem es von halber Lichtgeschwindigkeit wieder auf wenige hundert Kilometer pro Stunde abgebremst worden war, hatte die Kreuz noch mehrere Tonnen Quecksilber an Bord. Die Gesamtmasse, also Schiff, Ausrüstung und Nutzlast, betrug etwas mehr als eine Kilotonne. Die massigen Kreisel benötigten deshalb eine volle halbe Stunde für das Wendemanöver.
    Während Nakamura auf den Abschluß des Manövers wartete, studierte er die Bildschirme. Da er sein Ziel rückwärts anfliegen mußte, war das, was sie zeigten, wichtiger als das, was er selbst durch die Bugkanzel sehen konnte. Die schwarze Sonne war nicht zu sehen, Das war auch nicht zu erwarten. Möglich, daß sie einige der Sterne verfinsterte, aber es waren zu viele. „Dr. Maclaren“, rief er in die Sprechanlage. „Können Sie mir zur Kontrolle eine Radiopeilung des Zieles geben?“
    „Aye, aye“, kam mürrisch die Antwort. Maclaren verübelte anscheinend, daß er sein Spielzeug ausnahmsweise einmal zu nutzbringender Arbeit verwenden mußte. Viel lieber hätte er natürlich seine Spektren aufgenommen, an seinen Ionoskopen herumgespielt und seine Analysatoren mit Gas- und Staubproben gefüttert. Nun, das alles mußte eben warten. Er konnte es nachholen, wenn sie die Sonne wieder verließen.
    Nakamuras Blick wanderte über das Schiff, so wie es sich ihm auf den Bildschirmen zeigte. Alt, dachte er. Selbst die Nation, der die Männer entstammten, die es gebaut hatten, war schon längst vergangen. Aber gute Arbeit. Der Mensch vergeht, doch seiner Hände Arbeit bleibt. Er versuchte sich ins Gedächtnis zurückzurufen, was er über die Cygnus-Klasse wußte.
    Der Rumpf des Schiffes war eine Kugel aus in sich verstärktem, selbstdichtendem Kunststoff, fünfzig Meter im Durchmesser, die von den einzelnen Decks in unterschiedlich dicke Scheiben geteilt wurde, Sichtluken, Schleusenöffnungen und Notausstiege unterbrachen die sonst völlig glatte Rundung. Am Heck, diametral entgegengesetzt der Kanzel, ragten in einem Abstand von dreißig Metern zwei dünne je hundert Meter lange Metallskelette aus dem Rumpf, im Aussehen. nicht unähnlich Radiomasten oder altertümlichen Öltürmen. Sie umschlossen zwei Reihen von kleinen nur wenige Zentimeter im Durchmesser messenden Ringen, die Ionenbeschleuniger. Sie und das Antennennetz des Materiesenderempfängers an ihrem Ende wurden zusammengehalten von einem scheinbar spinnewebdünnen Metallgerüst.
    „Ein Zehn-Sekunden-Stoß, wenn Sie so freundlich sein wollen, Ingenieur Sverdlov“, sagte Nakamura.
    Die Instrumente zeigten eine gewisse ungleichmäßige Verteilung der Masse innerhalb des Rumpfes. Yussuf ben Suleiman, der gerade seine Wache auf dem Schiff beendet und wieder zur Erde zurückgegangen war, pflegte ein wenig nachlässig zu sein … Nein, es war ungerecht, so etwas zu denken. Er hatte eben seine eigene Art, ein Schiff zu führen. Nakamura stellte die Pumpen an. Quecksilber vom Treibstoffdeck lief in die Trimmtanks.
    Endlich war das Schiff gleichmäßig ausbalanciert, und es wurde Zeit für das Bremsmanöver.
    „Fertigmachen zum Manöver“, warnte Nakamura. „Bitte melden … Ich benötige eins komma fünf sieben Standard-g für …“ Nakamura rasselte die Angaben fast mechanisch herunter.
    Im Schiff rumpelte und polterte es. Nakamura spürte die plötzliche Schwere wie eine Faust in seinem Magen. Er lag entspannt in seinen Gurten, nur seine Augen bewegten sich, und ab und zu berührte ein Finger einen Kontrollknopf. Das Geheimnis von Judo, das Geheimnis des Lebens war es, einen jeden Teil des Organismus entspannt zu halten außer denen, die gerade im Augenblick gebraucht wurden. Warum nur war es so ungeheuer schwer, dieses Wissen in die Praxis umzusetzen?
    Quecksilber rann durch Rohrleitungen und Pumpen, vorbei an Sverdlovs Kontrollkonsole und
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