TS 40: Die neuen Herrscher
ist das kalt!“
„Henley – wo sind unsere Decken?“
„Wie soll ich schlafen können, wenn die Moskitos mich lebendig auffressen?“
„Du hast gut reden, Packard – du hast Fett genug, um dich warm zu halten – aber ich nicht!“
Schließlich wurden sie ruhig. Bridger lehnte sich mit dem Rücken gegen den Zaun; er fühlte, wie die Kälte der Erde die Knochen heraufkroch. Nach den Geräuschen zu urteilen, die von außerhalb kamen, hielten ein paar Affen vor dem Zaun Wache; sie unterhielten sich und machten ab und zu eine Runde um ihren Käfig. Niemand außer Scherer war in der Lage zu schlafen.
Als der Himmel gegen Morgen grau wurde, erkannte Bridger, daß sie sich tatsächlich in einem Stall befanden. Den Stall umgab ein Zaungitter aus schweren Holzstangen, die jeweils zehn Zentimeter voneinander entfernt waren. Durch die Lücken hindurch sahen sie Bäume, kleine Häuser und dahinter die Mauer und die Flügel der Windmühlen, die sie schon in der vergangenen Nacht wahrgenommen hatten.
Der Himmel wurde heller, aber die Sonne kam nicht heraus. Es begann leicht zu regnen. Bridge schaute auf seine Mitgefangenen – fünfundzwanzig nackte, dreckige menschliche Wesen. Der Regen rann langsam über ihre Körper und zeichnete gewundene Spuren in den Dreck.
Ein Niesen bedeutete auch für die anderen das Signal zu niesen. Bridger richtete sich steif auf.
„Wir müssen die Blutzirkulation wieder in Gang bringen“, sagte er. „Los, Emil, macht uns ein paar Gymnastikübungen vor!“
Sie kamen nur langsam auf die Füße, aber nach ein paar Minuten turnte die ganze Gesellschaft. Die Übung machte sie warm, die Verbitterung verlor sich.
Der durchdringende Schrei einer der Frauen unterbrach ihre Gymnastik.
Ein großer Kopf mit einer Schnauze, die halb unter weißen Schnurrbarthaaren verdeckt war, und zwei großen, leuchtenden Augen starrte über den Zaun auf sie herunter.
Während sie erschreckt hinaufstarrten, gähnte das Tier und zeigte dabei vier lange, spitze Kaninchenzähne. Dann begann es zu bellen – und zwar mit derart hundeähnlicher Stimme, daß die Gruppe erleichtert zu lachen anfing.
„Was ist das?“ fragte Janet Rodriguez.
„Das ist Emils Ressort“, antwortete Bridger. „Vielleicht ist es eine fleischfressende Giraffe.“
„Wird sie hier hereinkommen?“
„Ich glaube nicht; aber ich möchte gerne wissen, wie der Rest ihres Körpers aussieht!“
Er näherte sich dem Zaun, aber im gleichen Augenblick verschwand der Kopf. Man horte ein trampelndes Geräusch, und Sekunden später erschien der Kopf an einer anderen Stelle. Der Chemiker änderte seine Richtung, und das Tier verschwand wieder. Eine halbe Stunde lang fuhr es fort, über den Zaun zu schielen, zu bellen, sich zu bücken und wieder an einer anderen Stelle aufzutauchen. Bridger fand heraus, daß er, wenn er sich in günstige Entfernung stellte, durch die Stangen einen plumpen, niedrigen Körper erkennen konnte. Dann wurde das Tier müde, sie anzustarren, und entfernte sich durch den Schlamm.
„Was hältst du davon, Emil?“ fragte Bridger. „Ist es ein mit Fell bedeckter Plesiosaurus?“
„Nicht ganz. Ich würde sagen, es ist eine Art Seehund.“
Eines der Mädchen, das durch die Lücken des Zaunes hindurchschaute, meldete sich:
„Unser Freund scheint ein privates Schwimmbad zu haben! Ich wünschte, sie würden uns in seinen Käfig setzen und ihn hier hereinkommen lassen. Wir brauchen das Bad nötiger als er!“
„Herr meines Lebens!“ rief Franchot und schlug sich die Hand vor die Stirn. „Ich hab’s! Wir sind im Zoo!“
Der Gedanke brauchte eine Weile, bis jeder ihn verstanden hatte. Ein Seufzer der Erleichterung lief durch die Reihe.
Wenigstens werden sie uns immer etwas zu essen geben, dachte Bridger.
„Ich wollte, sie würden anfangen, uns Erdnüsse zuzuwerfen!“ lachte Zbradovski.
„Ich mag keine Erdnüsse!“ erklärte das Hooper-Mädchen.
„Hallo!“ rief jemand. „Die Affen kommen wieder!“
Ein großer, schwarzer Affe hatte eine massive Leiter gegen den Zaun gelehnt und kletterte mit einer Tafel unter seinem Arm hinauf und hängte sie oben an die Pfähle.
„Ich weiß, was auf der anderen Seite steht“, sagte MacDonald. „Da steht: Mensch – und dann ein paar lateinische Worte. Wie heißen wir auf lateinisch, Doktor? Ja – Homo Sapiens. Und außerdem steht vermutlich darauf, wie wir gefangen worden sind – ganz wie im Zoo von Pittsburgh!“
„Das ist es, Henley“, pflichtete der Zoologe
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