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TS 41: Schach dem Unbekannten

TS 41: Schach dem Unbekannten

Titel: TS 41: Schach dem Unbekannten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Poul Anderson
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plötzlich war ihm, als wirke der Alkohol erst jetzt. Ihm kam ein wahnwitziger Gedanke. Warum sollte er dem Mädchen etwas vormachen, warum ihm nicht die reine Wahrheit sagen? Sie hätte es verdient, diese Wahrheit zu kennen. Und so erklärte er in aller Offenheit:
    „Höre gut zu, Cat. Du befindest dich in einem Irrtum, wenn du das glaubst. Ich kenne mich und meine Rasse zu genau. Wir sind innerlich hohl und korrupt. Der Tod hat uns bereits gezeichnet, und nur ein Wunder kann den Untergang noch hinausschieben. Was ist denn schon der Sinn unseres Lebens? Wir suchen das Abenteuer, um die Zeit zu vertreiben. Wir suchen das Vergnügen, mehr nicht. Ist das etwa ein Lebenssinn, für den zu sterben sich lohnt?“
    „Du sprichst bittere Worte …“
    „Sie sind nicht nur bitter, sondern auch wahr, Cat. Du gehörst einer Rasse an, vor der noch so viele Aufgaben liegen. Wir aber sind Aristokraten – wir freuen uns am Leben, aber nicht an den Dingen, die wir vollbringen. Das ist ein gewaltiger Unterschied.“ Er tippte sich gegen die Brust. „Wir sind zu intelligent geworden – wenigstens glauben wir das von uns, aber die meisten sind zu dumm, den beginnenden Zerfall zu sehen. Wir schwanken zwischen der glorreichen Vergangenheit und der ungewissen Zukunft, übersehen dabei aber die so wichtige Gegenwart, die unsere Zukunft gestaltet.“
    Er schwieg.
    In der Kabine hing der Akkord einer sentimentalen Musik, die Chives ausgesucht hatte. Sie hätte zu einer anderen Gelegenheit sicherlich besser gepaßt – aber Chives hatte ja nicht wissen können, daß sie politisieren würden.
    „Tut mir leid“, entschuldigte er sich. „Wir hätten wirklich über etwas anderes sprechen sollen.“
    Sie lächelte mitfühlend und fragte:
    „Wäre es denn besser gewesen, du hättest deine wahren Gefühle mir gegenüber verborgen?“
    Er schüttelte den Kopf.
    Dann kam ihre Frage:
    „Kann man zu dieser Musik tanzen?“
    Er sah, wie fasziniert sie lauschte. Versonnen nannte er den Titel des Liedes:
    „Der ‚Liebestod’, wenn ich mich nicht irre. Nein, darauf kann man nicht tanzen. Das ist verinnerlichte Musik, für etwas anderes bestimmt.“
    „Ob Chives das weiß?“
    „Hm“, machte Flandry überrascht.
    Und dann begriff er.
    Immer noch funkelten die Sterne über ihrem Kopf, während sie einer unbestimmten Gefahr entgegeneilten. Er fühlte sich für Cat verantwortlich – für sie in ihrer Jugend und Unerfahrenheit.
    Er sog erneut an der Zigarre. Leise sagte er:
    „Trinke deinen Kaffee, ehe er kalt wird, Cat.“
    Ein verfänglicher Moment war vorübergegangen. Ihm war, als habe sie ihm ein wenig enttäuscht zugelächelt, aber das konnte auch eine Täuschung sein. Dann drehte sie sich um und betrachtete die Sterne. Lange Minuten sahen sie sich nicht in die Augen.
    Cerulia leuchtete nun sehr stark. Es war der hellste Stern des Sichtbereiches. Tonlos sagte sie:
    „Angenommen, Dominic, du hast recht mit dem bevorstehenden Untergang des Empires. Was wird dann aus Vixen werden?“
    „Vorerst werden wir Vixen befreien und von Ardazir eine entsprechende Entschädigung verlangen.“
    Sie schüttelte den Kopf und sagte: „Lieber keine gewaltsame Befreiung, Dominic. Ich kenne die modernen Waffen des Empires und weiß, wieviel dann von meiner Heimat übrigbliebe. Vielleicht wird deine Raumflotte den Feind auf Vixen angreifen, und dann würde der Planet zerstört. Alle müßten mit dem Feind sterben – die Freundin, die mir gegenüber wohnt, die Bäume und Vögel. Es bliebe nichts als radioaktive Asche und Tod. Vielleicht aber wird auch ein Kompromiß geschlossen, und das Empire überläßt Vixen den Ardazirho. Warum eigentlich nicht? Was bedeutet schon ein Planet unter Millionen? Wenn sie verzichten, können sie einen Krieg vermeiden. Und trotzdem: warum schicken sie dich und mich nach Vixen? Was sollen wir erreichen? Können wir etwas erreichen?“
    „Vielleicht“, sagte Flandry und sah hinaus in die Unendlichkeit des Raumes. Er wußte keine bessere Antwort.

 
9. Kapitel
     
    Cerulia, ein Stern erster Ordnung, benötigte weit weniger Masse, um die gleiche Hitze auszustrahlen wie die Sonne. Vixen, vierter Planet des Systems, umkreiste sein Muttergestirn in anderthalb Jahren Standard. Er empfing etwa die gleiche Wärmemenge wie die Erde.
    „In der Bezeichnung durchschnittlich’ liegt der Trugschluß“, stellte Flandry fest, als er neben Chives schwerelos in der Zentrale schwebte. Er hielt sich an den Kontrollgriffen fest, um nicht

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