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TS 46: Die Marskolonie

TS 46: Die Marskolonie

Titel: TS 46: Die Marskolonie Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: E. C. Tubb
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bewundern, oder nachts, um die vielen Sterne zu sehen, die am Marshimmel standen. Er hatte nie eine Maske getragen, wenn er die wandernde Sandwüste unter dem leichten Wind beobachtet hatte.
    „Zum Glück ist es noch nicht zu spät“, fuhr der Kommandant fort. „Sie werden mit der nächsten Rakete zur Erde zurückkehren. Eine Zeit im Krankenhaus, dann sind Sie wieder auf dem Damm.“ Ventor sah auf die Papiere, die vor ihm auf dem Tisch lagen. „Sie können gehen.“
    „Verzeihen Sie, Sir.“
    „Ja.“
    „Ich habe mit einigen Leuten hier gesprochen, Sir. Sie sagen, wenn ich einmal zur Erde ginge, könne ich nicht mehr zum Mars zurück. Stimmt das?“
    Ventor lehnte sich zurück.
    „Ah – ich verstehe. Nun gut, ich will Sie beruhigen. Mit Ihrer Lunge werden Sie die Erde niemals mehr verlassen können, man wird Sie also nicht mehr zum Mars schicken. Wäre es das?“
    „Ja, Sir. Dann möchte ich also bleiben.“
    „Was?“
    „Sie hörten, was ich sagte. Ich möchte bleiben. Ich will nicht zur Erde zurück.“
    „Warum?“
    „Weil ich bleiben möchte! Warum, kann ich Ihnen nicht erklären. Sie sollten es selbst wissen – besser als jeder andere.“
    In Ventors Augen flackerte es.
    „Sie wissen, was das bedeutet? Ihre Krankheit wird sich nicht verbessern, abgesehen von der Gewöhnung an die Marsbedingungen. Eines Tages werden Sie soweit sein, daß jede Rückkehr zur Erde ausgeschlossen ist. Der Andruck beim Start würde Sie töten. Sie müßten den Rest Ihres Lebens hier verbringen. Sie sind noch jung. Das Leben hat Ihnen auf der Erde alles zu bieten – eine Frau, ein Heim – alles. Wenn Sie bleiben, verlieren Sie alles.“
    „Ich weiß. Ich möchte trotzdem bleiben.“
    „Wie Sie wünschen. Aber – überlegen Sie es sich noch reiflich. Noch haben Sie Zeit dazu. Ich nehme es Ihnen nicht übel, wenn Sie Ihre Meinung ändern – ich werde es begreifen. Denn es ist Ihre eigene Zukunft, über die Sie entscheiden.“ Er erhob sich von dem Stuhl. „Kehren Sie nun zur Station zurück. Der Traktor kann Sie mitnehmen.“ Er zögerte, dann streckte er seine Hand aus. „Danke, mein Junge …“
     
    *
     
    Seit Stunden schon tobte der Sandsturm.
    Sam lag auf seinem schmalen Bett und starrte in die Finsternis. Vergeblich versuchte er zu schlafen, denn selten hatte er sich so munter gefühlt. Ein Gespräch mit Lew hatte bewiesen, daß dieser immer noch hoffte, frühzeitig zur Erde zurückkehren zu können. Wenn die Kraftstation ausfiele und die Siedlung ohne Strom war, so hatte er kalkuliert, würde die Arbeit der Jahrzehnte vernichtet werden. Man würde sie abholen, denn niemand hätte das Geld, um es noch einmal zu versuchen. Die Siedlung ohne Strom – die Gebläse würden schweigen, und die Dünen konnten die Häuser unter sich begraben.
    Sam sah plötzlich die Erde und ihre Städte vor sich. Schnee fiel aus einem grauverhangenen Himmel. Regen. Die grellen Lichter eines Hochhauses. In seinem Mund war der Geschmack von Eiscreme, Fruchtsaft, dann von gebratenen Zwiebeln und Kalbsschnitzel. Aber in diese Erinnerungen hinein mischte sich etwas anderes: der brutale Existenzkampf skrupelloser Geschäftemacher, die ständige Kriegsdrohung, die ewige Sorge um das Morgen.
    Der Mars war anders. Hier lebte man nicht nur dahin, hier lebte man zusammen.
    Zum erstenmal in seinem Leben hatte Sam das Gefühl, wirklich gebraucht zu werden.
    Vorsichtig glitt er aus dem Bett, leise, damit die anderen nicht aufwachten. Er zog Overall und Stiefel an, nahm die Maske und verließ den Raum. Er schritt quer durch die Maschinenhalle und öffnete die schwere Doppeltür, die nach draußen führte.
    Es war bereits lange nach Sonnenaufgang, aber immer noch dunkel. Er schaltete den Scheinwerfer ein, aber der Lichtstrahl verlor sich bereits nach wenigen Metern in den quirlenden Sandwolken. Milliarden von winzigen Körnchen, durch Verwitterung rasiermesserscharf geschliffen, rieselten über seinen Anzug, drangen in die Stiefel und glitten in die Maske. Weit in der Ferne war das Summen der Gebläse, die den Sand von der Siedlung fernzuhalten versuchten. Er richtete den Strahl seiner Lampe senkrecht nach unten. Zu seinen Füßen lebte der Boden, wanderte weiter und glitt ständig voran.
    Er schauderte und wandte sich um. Für eine furchtbare Sekunde stand er einsam und verloren in der wirbelnden Finsternis, aber dann berührte seine tastende Hand die glatte Mauer der Kraftstation. Er atmete erleichtert auf. Noch während er Sekunden später

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