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TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2

Titel: TS 54: Alle Zeit der Welt, Teil 2 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Kuttner
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und der Membran, drang an Sams Ohren. Der Laut glich keiner irdischen Musik, aber er war erfüllt von rhythmischer Musikalität und einem schrillen, singenden Klang, unter dem die Nerven ekstatisch erzitterten.
    Das Geschöpf wandte alle Künste seiner Sirenennatur an, um die Ramme ins Verderben zu locken. Vor der stumpf voranwalzenden Maschine schillerte es in hypnotisierenden Farben, schrillte seine unwiderstehlichen Gesänge, um die Schaltungen der Ramme zu zerstören und ihre Raupenketten zu lähmen.
    Einen Augenblick lang schien es unmöglich, daß selbst dieses stählerne Ungetüm dem Zauberbann des Sirenennetzes zu trotzen vermochte. Wäre es der Lockung erlegen, dann hätte das für die Männer, die in der Deckung der Ramme vorwärtsliefen, den Tod bedeutet. Sams Ohren erhaschten nur das ferne Echo der klingenden Töne, doch allein ihr Widerhall bewirkte, daß ihn wirre, abgehackte Gedanken durchzuckten und sein Verstand sich zu drehen begann, während die lähmenden Farben des Netzes vor seinen Augen wirbelten. Wäre er dort unten hinter der Ramme hergelaufen und hätte das Netz erblickt, er hätte nicht anders gehandelt als andere Männer vor ihm und sich blindlings in die Umarmung der Sirene gestürzt.
    „Alles schon einmal dagewesen“, murmelte er benommen vor sich hin. „Odysseus ist den Sirenen auf seiner Irrfahrt begegnet, und Homer hat geschildert, wie er seinen Mannen die Ohren mit Wachs verstopfte und sich selber an den Mastbaum fesselte.“
    Binnen Augenblicken war alles vorbei. Bis zum letzten Moment flammte und schrillte die Sirene, versprach ihr ausgebreitetes Netz dem Opfer die Verzückung des Todes. Dann stampfte die Ramme vorwärts und berührte den Mittelpunkt des Netzwerks.
    Mit dem Lodern eines Blitzes sprang die Membram vorwärts und schloß sich um den Rumpf der Maschine. Die Taue strafften sich und kreischten zum letztenmal triumphierend. Ein schwacher elektrischer Schlag mußte ihr Opfer lähmen, denn selbst die Ramme schien einen Augenblick zu zögern, als die glühenden Fäden sich über sie legten. Es erweckte den Anschein, als erzitterte jede Niete ihres Rumpfes unter der Ekstase, in die die Berührung der Sirene ihre Beute versetzte.
    Dann wälzte der stählerne Koloß sich vorwärts.
    Die Taue spannten sich, dehnten sich straffer und straffer, während ihr grelles Farbenspiel zu durchscheinendem Weiß überwechselte. Dünner und dünner wurden sie und sangen dabei so schrill, daß das Ohr die Töne nicht mehr erfaßte, die Nerven aber bis in die letzte Faser das qualvolle Vibrieren spürten, das sich bis in den Ultraschallbereich steigerte.
    Die Taue rissen. In einer letzten krampfhaften Zuckung klammerte sich das Sirenennetz an seinen Gegner, überhaucht von flammenden Farbdisharmonien. Dann fiel es schlaff in sich zusammen und rutschte an der Maschine herunter. Die mahlenden Raupenketten erfaßten sein Gewebe, zermalmten es gnadenlos und stampften es in den Boden.
    Das Geschöpf, das sich von der Ramme löste, war ein betörendes Zaubernetz, ein Nessushemd von brennender Farbe. Das Wesen aber, das die Raupenketten in den Pflanzenbrei drückten, war nur noch eine häßliche Masse aus klebrigem Grau, die sich noch konvulsivisch wand, als die Klampen sie erfaßten.
    Mit einem langen Seufzer stieß Sam den angehaltenen Atem aus. Er ließ den Feldstecher sinken und schwieg einen Moment lang. Dann ging er zu dem Klapptisch, legte das Fernglas auf die ausgebreitete Karte und bewies erneut, daß keine Hypnose ihn lange in ihren Bann schlagen konnte.
    „Um auf unser Thema zurückzukommen“, sagte er, „wann können Sie sich Zeit für eine Unterredung mit den Harkers nehmen?“
    Hale seufzte gleichfalls. „Überhaupt nicht“, versetzte er.
    Sam runzelte die Stirn.
    „Die Sache ist wichtig. Niemand eignet sich so gut dafür wie Sie. Ich wünschte wirklich, Sie könnten es einrichten, Hale.“
    „Ich bin hier unabkömmlich, Reed“, antwortete Hale. „Keiner kennt die Dschungel so wie ich. Ich bin kein Diplomat. Die Angelegenheit fällt in Ihr Ressort. Tut mir leid.“
    Sam war sicher, daß mehr hinter der Weigerung steckte, als sein Gegenüber zugab. Hale hielt sich konsequent aus allem heraus, was mit dem Betrug im Zusammenhang stand. Nur den Gewinn heimste er ein. Alles übrige lag bei Sam. Und Sam konnte nicht das Geringste dagegen unternehmen.
    Zum erstenmal fuhr ihm ein unangenehmer Gedanke durch den Kopf. Bis zu diesem Augenblick hatte er sich für den Urheber der

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