TS 60: Gehirnwäsche
an einer Milliarde Kredit, Junge, denken Sie gut daran.«
»Ich denke daran.«
»Mit Denken allein ist es nicht getan, wissen Sie.« Zum erstenmal war in der Stimme des anderen so etwas wie Erregung zu merken.
»Sie meinen, ich brauche Sie? Ich glaube nicht. Ich habe aufgehört, eine Schachfigur zu sein, die man einfach über ein Brett schiebt.« Dieser Ausdruck brachte ihm einen anderen Erinnerungsfetzen – ein rauchiger überfüllter Raum, wo auf schmierigen Tischen gespielt wurde – nicht eine der künstlichen Erinnerungen Brodies, sondern eine seiner eigenen.
Rynch stand auf und begann den Abhang wieder hinaufzugehen, aber ehe er den höchsten Punkt erreicht hatte, blickte er sich um. Das beschädigte Gerät rauchte immer noch, wo sein Besitzer es hingeworfen hatte. Jetzt streckte der Mann sich schon mit beiden Armen nach vorne und versuchte einen Felsbrocken zu erreichen, der kaum seinen Fingerbreit zu weit von ihm entfernt war. Zu seinem Glück war das Loch ein altes unbewohntes gewesen. Mit der Zeit sollte es ihm gelingen, sich zu befreien. Inzwischen hatte Rynch die ganze Umgebung zur Verfügung, um ein Versteck zu finden – niemand würde ihn dort finden, wenn er nicht wollte.
Während er so dahintrottete, versuchte er, mehr von seinen Erinnerungen zusammenzufügen und die dürftigen Informationen, die er von dem Mann von Nahuatl bekommen hatte, damit in Verbindung zu bringen. Man hatte an ihm also eine »Gehirnwäsche« durchgeführt, ihm falsche Erinnerungen eingeprägt, die zu einem Rynch Brodie paßten, dessen Anwesenheit auf dieser Welt irgend jemand eine Milliarde Kredite einbringen sollte. Er konnte nicht glauben, daß das ein Spiel war, das der Raumfahrer allein spielte – hatte er nicht überhaupt von »wir« gesprochen?
Eine Milliarde Kredite! Das war eine phantastische Summe, die ganze Geschichte war unglaublich.
Plötzlich schoß ihm ein stechender Schmerz durch den Fuß, Rynch schrie auf und trat zu. Eines der winzigen klauenbewehrten Wesen war zerdrückt. Er sprang rechtzeitig zurück, ehe er in einen ganzen Schwarm von ihnen trat, die sich um irgendein nicht näher kenntliches Aas drängten. Er starrte auf das Gewimmel schuppenbewehrter Leiber und eifrig zuckender Klauen hinunter und stöhnte.
Drei tote Wasserkatzen waren in der Nähe des Mannes in der Fallgrube. Köder, um diese gefräßigen Insekten direkt zu dem Gefangenen zu führen. Rynchs leerer Magen revoltierte. Er wirbelte herum und rannte zurück. Hoffentlich kam er nicht zu spät. Als er das Ufer erreichte, sah er, daß der Mann es fertiggebracht hatte, den Gurt des Kästchens zu sich heranzuziehen und ihn jetzt geduldig immer wieder hinauswarf und wieder an sich heranzog, in dem Bestreben, den nächsten größeren Felsbrocken damit zu erreichen und sich daran festzuklammern.
Rynch rannte vor, packte den Gurt und stemmte sich mit den Fersen in den Boden. Er zog daran. Mit seiner Hilfe stemmte sich der andere aus dem Loch und blieb dann keuchend auf dem Boden liegen. Rynch packte den Mann an der Schulter und riß ihn von dem Kadaver der Wasserkatze weg. Er glaubte schon die ersten Vorboten der gierigen Fresser gesehen zu haben.
Der Mann richtete sich auf und sah Rynch an, der jetzt ein paar Schritte zurückgetreten war, und die Nadelwaffe schußbereit in der Hand hielt.
»Jetzt bin ich wohl mit Fragen an der Reihe?«
Dann folgte sein Blick dem Rynchs. Der Kadaver eines der beiden Wasserkatzenjungen regte sich – aber nicht in den letzten Zuckungen des Todes, sondern unter dem Angriff der Insekten.
»Danke!« Der Fremde stand jetzt gerade da. »Mein Name ist Ras Hume. Ich glaube, ich habe mich beim letztenmal nicht vorgestellt.«
»Das macht keinen Unterschied. Ich bin jedenfalls nicht der, den Sie suchen, nicht Brodie!«
Hume zuckte die Achseln. »Überlegen Sie es sich, Brodie, überlegen Sie es sich gut. Kommen Sie mit mir zum Lager zurück und …«
»Nein!« unterbrach Rynch. »Sie gehen Ihrer Wege und ich gehe meine Wege.«
Der Mann lachte. »Nicht ganz so einfach, Junge. Wir haben uns auf etwas eingelassen, das man nicht einfach wieder abstellen kann, so wie man einen Schalter umlegt.« Er tat ein oder zwei Schritte in Richtung auf Rynch.
Der Jüngere hob die Waffe. »Bleiben Sie, wo Sie sind! Sie haben sich auf etwas eingelassen, Hume? Nun schön, dann löffeln Sie die Suppe aus – aber nicht mit mir.«
»Was werden Sie tun – sich in dem Wald verkriechen?«
»Was ich tue, ist meine Sache,
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