TS 60: Gehirnwäsche
nach.
»Flußabwärts!«
Rynch sah sich um. Eine Gestalt – zwei, drei – ganz deutlich zu sehen jetzt, da die Vegetation sie nicht mehr schützte. Die Wächter waren endlich aus dem Wald gekommen. Eine Reihe von ihnen kam jetzt ruhig und aufrecht auf die Menschen zu, und ihr grüner Pelz schimmerte unter den direkten Strahlen der Sonne bläulich. So ruhig sie auch im Augenblick erschienen, ging doch von diesen Wesen aus den Wäldern von Jumala eine drohende Aura aus.
»Verschwinden wir hier, schnell!« Die Männer begannen zu rennen, dicht gefolgt von jener schweigenden Schar grünblauer Wesen, die sie immer weiter und weiter von dem Safarilager wegdrängten auf die ansteigenden Berge zu. Ebenso wie die Kugeln die Aasfresser von ihrer Mahlzeit aufgescheucht hatten, wurden die Menschen jetzt irgendeinem unbekannten Ziel zugetrieben.
Immerhin sahen und hörten sie, seit die Tiere aufgetaucht waren, nichts mehr von den Kugeln. Und als sie eine Krümmung im Flußlauf erreichten, blieben Hume und Rynch stehen und blickten sich um.
»Wir können sie mit dem Nadler oder mit dem Strahler vernichten.«
Der Jäger schüttelte den Kopf. »Nicht töten«, rezitierte er das Motto seiner Gilde, »solange nicht bewiesen ist, daß es sich um unintelligente Tiere handelt. Die Kerle gehen methodisch vor, und methodisches Vorgehen bedeutet immer Intelligenz.«
Der Umgang mit extraterrestrischen Wesen und Menschen war ein Teil der Gildenausbildung. Trotz des seltsamen Spiels, das Hume hier auf Jumala trieb, hatte er immerhin eine Gildenausbildung mitgemacht, und Rynch war durchaus bereit, solche Entscheidungen ihm zu überlassen.
Hume hielt ihm den Strahler hin. »Nehmen Sie das, geben Sie mir Feuerschutz, aber schießen Sie nicht, so lange ich es nicht sage. Verstanden?«
Er wartete nur, bis Rynch nickte, ehe er langsam und gemessen auf die Wesen zuging. Sie blieben stehen, warteten schweigend. Humes Hände hoben sich, die Handflächen nach oben, und er sagte in Ex-Te-Esperanto:
»Freund.« Das war alles, was Rynch aus diesem Singsang von Silben herauslesen konnte, die er aber als Kontaktmuster erkannte.
Die dunklen Augen starrten. Eine leichte Brise strich durch den Pelz an ihren breiten Schultern und ihren langen, muskulösen Armen. Kein Kopf bewegte sich, keiner dieser stark ausgebildeten Kiefer öffnete sich, um irgendein Geräusch hervorzubringen.
Hume blieb stehen. Das Schweigen war drohend, eine lastende Atmosphäre ging von diesen fremden Wesen aus, daß man sie beinahe körperlich spürte.
Vielleicht zwei Atemzüge lang blieben sie so stehen: Hier Mensch, hier Fremder. Dann wandte Hume sich um und ging entschlossen zurück. Rynch hielt ihm den Strahler hin.
»Schießen wir uns heraus?«
»Zu spät. Sehen Sie!«
Blaugrüne Reihen kamen den Fluß herab. Nicht fünf oder sechs jetzt – ein Dutzend – zwanzig. Ein paar Schweißtropfen rannen dem Jäger über das gebräunte Gesicht.
»Wir sind eingekreist – nur vorne ist der Weg noch frei.«
»Aber kämpfen wir doch!« protestierte Rynch.
»Nein. Gehen wir weiter!«
7.
Es dauerte einige Zeit, bis Hume fand, was er suchte. Ein winziges Inselchen mitten im Strom, völlig ohne jede Vegetation, das sich zu einer kleinen Spitze erhob. In seinen Seiten gab es Spalten und Schluchten und Höhlen, die einem zumindest Rückendeckung versprachen, wenn es zum Kampf kommen sollte. Und sie hatten es keinen Augenblick zu früh entdeckt; denn die Schatten des späten Nachmittags wurden schon länger.
Zum Angriff war es bisher nicht gekommen, man hatte sie nur wie eine Herde Vieh nach Nordosten getrieben. Rynchs Panikstimmung war inzwischen verflogen, wenn er auch sehr wohl wußte, daß der unbekannte Feind nicht zu unterschätzen war.
Sie kletterten in schweigender Übereinkunft bis zur höchsten Stelle der Insel, wo sie sich auf einer »Fläche« von nicht ganz einem Quadratmeter hinlegten. Hume hob seinen Feldstecher an die Augen, richtete ihn aber auf die fernen Berge und nicht auf den Weg, den sie gekommen waren.
Rynch wälzte sich unruhig herum und studierte den Fluß und seine Ufer. Die Tiere dort waren ganz ruhig, blaugrüne Schemen, die schweigend am Ufer im Grase hockten.
»Nichts.« Hume senkte das Glas und blickte mit bloßem Auge zu ’den Bergen hinüber.
»Was haben Sie erwartet?« wollte Rynch wissen. Er war hungrig, aber nicht so hungrig, daß er bereit gewesen wäre, die Insel aufzugeben.
Hume lachte. »Ich weiß nicht. Nur daß sie uns in
Weitere Kostenlose Bücher