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TS 60: Gehirnwäsche

TS 60: Gehirnwäsche

Titel: TS 60: Gehirnwäsche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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sah sich um. »Ich würde sagen, vielleicht morgen – am frühen Vormittag, eher schaffen sie es nicht – wenn sie überhaupt hier sind. Wir haben genug Zeit.«
    Zeit wofür? Zeit, sich auf eine Auseinandersetzung mit Wass vorzubereiten – oder mit den Bestien? Zeit, in wenigen Stunden das Geheimnis des Sees zu lösen?
    »Meinen Sie, wir könnten das Ding im See vernichten?« fragte Vye.
    »Könnte sein – vielleicht. Aber das sollten wir nur im höchsten Notfall versuchen. Ich würde es viel lieber der Ex-Te-Patrouille überlassen, sich darum zu kümmern. Nein, wir richten uns lieber darauf ein, Wass an der ,Pforte’ aufzuhalten und zu warten, bis die Patrouille kommt.«
    Weniger als eine Stunde später landete Hume den Gleiter nach einem atemberaubenden Anflug auf der Spitze einer der Klippen, die jene geheimnisvolle ,Pforte’ bildeten. Die Szene unter ihnen hatte sich nicht geändert, mit dem einen Unterschied, daß, wo am vergangenen Tag die Kadaver von zwei der blauen Bestien gelegen hatten, jetzt nur noch blanke Gebeine von dieser Tragödie kündeten.
    Als die Sonne hinter den Berg spitzen versank, kroch die Nacht wie eine finstere Wand von den Wäldern herauf. Es wurde hier schneller dunkel als im Flachland.
    »Da!« Vye hatte den Wald beobachtet und sah daher die Bewegung in den Büschen zuerst.
    Ein vierbeiniges gehörntes Tier, wie er es noch nie zuvor gesehen hatte, trottete aus den Büschen.
    »Ein Sykenhirsch«, stellte Hume fest. »Aber was hat der hier in den Bergen verloren?«
    Der Hirsch trottete zielstrebig auf die .Pforte’ zu, und als er näherkam, sah Vye, daß sein braunes Fell weiße Schaumspuren zeigte. Die rosa Zunge hing ihm aus dem Maul, und seine Flanken bebten.
    »Getrieben!« Hume hob einen Stein auf und warf ihn so, daß er vor dem Hirsch auf den Boden traf.
    Das Tier zuckte nicht zusammen, ließ überhaupt nicht erkennen, daß es den Stein bemerkt hatte. Es trottete mit dem gleichen müden Schritt weiter und betrat schließlich durch die ,Pforte’ das Tal. Dann blieb es stehen, den etwa keilförmigen Kopf hoch erhoben, die schwarzen Hörner zum Himmel gereckt. Seine Nüstern flogen, es schnupperte – und dann setzte es in langen Sprüngen auf den See zu, um bald darauf im Wald zu verschwinden.
    Sie wechselten sich die ganze Nacht hindurch mit Wachen ab, beobachteten dabei aber keine weiteren Anzeichen von Lebewesen, noch tauchte der Hirsch wieder aus den Wäldern auf. Am frühen Vormittag ließ sie plötzlich ein Geräusch zusammenfahren – ein schriller Schrei, der einer menschlichen Kehle entstammen mußte. Hume warf Vye einen Nadler zu, griff selbst nach dem zweiten, und dann hetzten beide über den Felshang hinunter auf die ,Pforte’ zu.
    Wass ging nicht an der Spitze seiner Männer – nein, er folgte dem Trio, als hätte er sich selbst den Tieren als Treiber angeschlossen. Und während seine Männer taumelten und stolperten, alle Anzeichen von beinahe völliger Erschöpfung zeigten, schritt er immer noch gleichmäßig, sichtlich im Vollbesitz seiner Sinne – und seiner Angst.
    Als der erste der Männer angetaumelt kam, das mit Schweiß und Blut verkrustete Gesicht zu Boden gesenkt, rief Hume:
    »Wass!«
    Der Lord blieb stehen. Er machte keine Anstalten, den Nadler von der Schulter zu nehmen, aber sein runder Kopf mit seinem hahnenkammartig gestutzten Haar legte sich langsam auf die Seite.
    »Halt, Wass – das ist eine Falle!«
    Seine drei Männer wankten weiter. Vye sprang vor, denn Peake, der an der Spitze ging, wäre gestolpert, hätte der junge Mann ihn nicht in letzter Sekunde gestützt.
    »Vye!« schrie Hume warnend.
    Er hatte gerade noch Zeit, sich umzusehen. Wass – sein Gesicht war völlig ausdruckslos, nur seine Augen loderten wie die eines Wahnsinnigen – hatte die Strahlpistole gehoben und zielte.
    Peake schlug Vyes Hand von sich weg und taumelte gegen Hume. Während Vye, der sein Gleichgewicht verloren hatte, zu Boden ging, sah er Wass mit einer Geschwindigkeit vorrennen, die er dem Mann nie zugetraut hätte. Der Lord machte einen Satz, duckte sich unter dem Strahlschuß des Jägers durch, und hielt plötzlich den Nadler in der Hand, den Vye hatte fallen lassen.
    Dann traf der Lauf der Waffe Hume am Kopf, der sich immer noch mit halber Kraft gegen Peakes schwächliche Angriffe wehrte. Er stieß einen erstaunten Ruf aus und schlug mit dem Rücken gegen die Felswand. Blut quoll ihm aus der klaffenden Kopfwunde.
    Wass konnte seinen Lauf nicht mehr bremsen.

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