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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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vorzüglichen Benehmens für eine solche Situation vorschrieben.
    Chet dagegen hatte, nachdem die Verwirrung überwunden war, den Eindruck, ihm sei noch längst nicht die Klärung aller Geheimnisse gelungen. Wenn Haiko Kim Ils Tochter war – konnte es dann noch Zufall genannt werden, daß Kim Il an jenem Abend zur gleichen Zeit wie Richard Toyes in dem Automatensalon an der Ecke der Shantung Road gewesen war und sich Toyes nach dessen aufsehenerregendem Spiel als Wegweiser zu weiteren Vergnügungen angeboten hatte? Kim Il, der Staatsbeamte, in einem Automatensalon?
    Chet wurde im Nachdenken gestört. Das Girotaxi zog einen sanften Bogen um ein einsam an einer Nebenstraße liegendes Gebäude, senkte sich auf den Boden zu und landete vor einem breiten Tor in der Mauer, die das Gebäude umgab.
    Haiko und Chet stiegen aus. Chet konnte nicht sehen, daß Haiko irgendein Zeichen gab; trotzdem öffnete sich das wuchtige Tor geräuschlos und gab den Eingang zum Hof frei.
    Der Hof, eigentlich mehr ein Garten mit gut gepflegtem Rasen und ein paar Ziersträuchern, war erstaunlich geräumig. Der Mann, der dieses Grundstück erworben hatte, schien an Geldmangel nicht zu leiden. Ein breiter Kiesweg führte zu dem Gebäude hin. Die Eingangstür lag ebenerdig; es gab kein Gleitband.
    Auch diese Tür öffnete sich automatisch. Haiko führte Chet in eine kühle, dunkle Halle, die altmodisch, aber geschmackvoll eingerichtet war, und bot ihm einen Sessel an.
    „Entschuldigen Sie mich einen Augenblick“, bat sie. „Ich werde meinem Vater Bescheid geben.“
    Chet sah ihr nach, wie sie die Halle durchquerte und auf einem kunstvoll gewundenen Gleitband in die erste Etage des Hauses hinauffuhr.
    Eine Weile herrschte tiefe Stille im ganzen Gebäude, als sei es verlassen. Dann ließen sich aus dem Obergeschoß Schritte hören. Das Gleitband setzte sich in umgekehrter Richtung in Bewegung, und der kleine, schmächtige Mann, der auf ihm herabgefahren kam, war Kim Il.
    Chet war erstaunt über die Freude, mit der Kim Il ihn begrüßte. Er eilte auf seinen Gast zu, der sich unsicher erhob, ergriff seine Hand mit beiden Händen, schüttelte sie aus aller Kraft und lachte dazu.
    „Wie bin ich froh, Sie wiederzusehen, lieber Freund!“ rief er. „Ich habe mir Sorge um Sie gemacht!“
    Chet war erstaunt.
    „Darf ich wissen, warum?“
    Kim Il nickte eifrig.
    „Natürlich. Sie schienen mir so begierig, mehr über die MANDELBLÜTE zu erfahren, daß ich fürchtete, Sie hätten sich kopfüber in das Unternehmen gestürzt und versucht, auf eigene Faust etwas zu erfahren. Da man mittlerweile genau weiß, wie gefährlich diese Vereinigung in Wirklichkeit ist, hatte ich Angst um Sie. Vor allen Dingen fühlte ich mich für Sie verantwortlich, weil ich Sie ja erst sozusagen auf die Idee gebracht hatte.“
    Chet gab zu verstehen, daß er keineswegs in Gefahr gewesen sei und daß ihn die Sorge, die Kim Il um ihn hege, außerordentlich ehre. In Wirklichkeit war er sicher, daß Kim Il seine Begründung nur alsVorwand benutzte und in Wirklichkeit etwas ganz anderes auf dem Herzen hatte.
    Eine kleine Pause entstand. Als Kim Il einsah, daß sein Gast von sich aus nichts darüber erzählen werde, wo er den vergangenen Tag verbracht hatte, fragte er:
    „Ich weiß nicht, ob Sie auf dem laufenden geblieben sind. Haben Sie von der überraschenden Aktivität der MANDELBLÜTE gehört?“
    „Nur vage. Ich nehme an, Sie meinen, daß die Unruhe im Volk von der MANDELBLÜTE geschürt wird?“
    Kim Il lachte.
    „Ich meine ?Ich weiß, lieber Freund! Die MANDELBLÜTE ist drauf und dran, SUNRISE wegen der gesprengten Säule in einen Krieg zu treiben. Man sieht heute, daß die Regierung dieser Vereinigung bisher zu wenig Beachtung geschenkt hat. Jetzt entpuppt sie sich als perfekter Apparat, dem sehr schwer beizukommen ist.“
    „Wollen Sie damit sagen, daß die Regierung keine Agenten in den Reihen der MANDELBLÜTE hat?“
    Kim Il nickte ernst.
    „Ja, genau das. Hohe Regierungsbeamte sind selbst Mitglied der Vereinigung. Sie würden sofort jeden solchen Versuch vereiteln. Was uns fehlt, sind vertrauenswürdige Männer, die für uns arbeiten wollen, ohne daß ihre Beauftragung auf dem üblichen Instanzenweg erfolgt.“
    Zweierlei fiel Chet Farren auf. Erstens, daß Kim Il von der Regierung als von „uns“ redete – bekleidete er einen solch verantwortlichen Posten? – und zweitens, daß er offenbar auf dem besten Wege war, den Mann, um den er sich ein paar Minuten zuvor

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