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TS 64: Bluff der Jahrtausende

TS 64: Bluff der Jahrtausende

Titel: TS 64: Bluff der Jahrtausende Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kurt Mahr
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nach dem ersten Angriff – würde die irdische Raumflotte vor SUNRISE stehen und den Leuten auf SUNRISE nur die Wahl zwischen Kapitulation oder Untergang lassen.
    Es galt also zu handeln – und zwar schnell zu handeln!
    Chet Farren erinnerte sich an Si Ting, das Mitglied des regionalen Rates der Provinz Ulan. Er hatte den Rat nur zweimal gesehen, und beide Male waren für Chet nicht sehr erfreulich gewesen. Trotzdem hatte er Vertrauen zu dem alten Mann. Mehr zum Beispiel als Liu-Sü. Er spürte, daß er den richtigen Weg beschreiten würde, wenn er sich an Si Ting wandte.
    Das kleine Restaurant hatte eine öffentliche Visiphon-Zelle. Chet rief Nan Hsiang an, der mittlerweile zu seinem Arbeitsplatz bei der Nishina-Company zurückgekehrt war. Er erklärte dem Agenten, daß er einen unverdächtigen Verbindungsmann brauche, um mit Si Ting in Kontakt zu kommen; aber Nan Hsiang lehnte die zunächst noch unausgesprochene Bitte rundweg ab. Er gab an, daß er auf seinem ohnehin schon exponierten Posten es sich nicht erlauben könne, sich noch weiter einzusetzen. Chet verstand, daß es ihm mit der Ablehnung ernst war, und beendete das Gespräch.
    Ein wenig niedergeschlagen kehrte er zu seinem Platz zurück. Daß jemand an seinem Tischchen saß, merkte er erst, als er schon nach der Lehne des Stuhles gegriffen hatte.
    Der neue Gast war eine Frau. Sie sah Chet aufmerksam an. Chet gab sich Mühe, seinen Schreck nicht zu zeigen.
    Es war Haiko.
     
    *
     
    Er nickte ihr zu – so uninteressiert, wie er es zuwegebringen konnte – setzte sich hin und stützte wiederum den Kopf in die Hände. Dieses Mal, um seine Verwirrung zu verbergen.
    Er glaubte nicht an einen Zufall. Haiko hatte ihn gesucht und hier gefunden. Was wollte sie?
    Das Grübeln der letzten Stunde hatte ihn so sehr davon überzeugt, daß er auf allen Seiten von Intrigen und Ränkeschmieden umgeben sei, daß er auf den Gedanken, ein Mädchen wie Haiko könne ganz einfach aus Liebe nach ihm suchen, gar nicht erst kam.
    Ein paar Minuten vergingen. Zwischen seinen Händen hindurch sah Chet, daß Haiko sich einen synthetischen Fruchtsaft bestellt und noch kein einziges Mal von ihrem Glas getrunken hatte.
    „Mr. Toyes …?“ flüsterte sie plötzlich.
    Chet nahm die Hände vom Gesicht.
    „Ja bitte …?“
    Sie beugte sich ein wenig nach vorne.
    „Mr. Kim Il hat mich geschickt. Das heißt: ich weiß, daß er nach Ihnen sucht, und ich sah Sie durch Zufall in der Stadt.“
    Chet horchte überrascht auf. Was hatte Haiko mit Kim Il zu tun? Und was an ihm interessierte Kim Il so sehr, daß er nach ihm suchen ließ?
    Er zwang sich zu einem Lächeln.
    „Das ist sehr nett von Ihnen, daß Sie hierhergekommen sind“, sagte er. „Mir selbst tut es sehr leid, daß ich abgehalten war, meineVerabredung mit Mr. Kim Il wahrzunehmen. Ich würde mich gerne bei ihm entschuldigen.“
    Haiko schien ein Stein vom Herzen zu fallen.
    „Er würde sich sicherlich sehr freuen, Sie zu sehen“, antwortete sie. „Haben Sie Zeit? Darf ich Sie zu ihm führen?“
    Chet nickte, während seine Gedanken unablässig spielten.
    „Wenn Sie so freundlich sein wollen …“
    Haiko war sicher, daß Chet – in ihrer Vorstellung Richard Toyes – sie nicht wiedererkannte. Die Pfropfung hatte jede Erinnerung an den städtischen Empfang gelöscht. Sie war froh, daß es so war. Den Geheimagenten Farren zu lieben, hätte ihr Schmerzen verursacht; aber Richard Toyes war ein unbescholtener Mann.
    Chet folgte dem Mädchen. Sie stieg nicht zu den Laufbandstraßen hinunter, sondern rief von der nächsten Säule aus ein Girotaxi, ließ Chet einsteigen und drückte in die Zielvorwahl des Fahrzeugs ein Kodezeichen, das Chet bei der Schnelligkeit, mit der sich ihre Hände bewegten, nicht erkennen konnte.
    Das Girotaxi hob sich von der glatten Straße ab und ging in einer Höhe von etwa dreißig Metern auf Kurs – ein Zeichen dafür, daß das Ziel nicht weiter als fünfzehn Kilometer entfernt lag.
    Die Fahrt führte nach Westen aus der Stadt hinaus. Chet erkundigte sich:
    „Darf man erfahren, wohin Sie mich bringen?“
    Haiko nickte lächelnd.
    „Natürlich. Mein Vater hat ein kleines Landhaus außerhalb der Stadt.“
    „Ihr Vater …?“
    „Ja. Mr. Kim Il ist mein Vater.“
    Chet wollte lächeln; aber er brachte nur eine Grimasse zuwege. Er verneigte sich rasch und sagte:
    „Da kann man Mr. Kim Il nur gratulieren.“
    Haiko nahm das Kompliment mit dem zurückhaltenden Schweigen entgegen, das die Prinzipien des

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