TS 65: Die Zeit-Agenten
zurückkehren“, erwiderte der Commander. „Sie müssen sofort mit dem Lokal-Agenten in Verbindung treten und ihn über das Vorgefallene informieren. Und ich möchte, daß Sie genau aufpassen, ob in der Stadt irgend etwas Seltsames geschieht.“
„Warum? Was sollte geschehen?“ erkundigte sich Elspeth.
„Ich weiß nicht“, war die Antwort. „Aber ich muß Sie daran erinnern, daß meine Männer und ich hier in einer äußerst prekären Situation sind. Oh, wir können uns verteidigen, keine Sorge – aber ob wir das tun können, ohne gleichzeitig alle Aussichten auf das Gelingen unserer Mission zunichte zu machen, ist eine andere Frage. Ich werde morgen bei Ihnen vorbeikommen, wenn ich von der Transition zurückkomme. Ich fürchte, eine Besprechung mit Mr. Horelle ist nötig.“
„Grüßen Sie ihn von mir“, sagte Elspeth und dachte an den weisen alten Mann von Spindrift Key, auf dessen schmalen Schultern das Gewicht nicht einer, sonder Hunderter von Welten lastete.
6.
Elspeth kam es seltsam vor, als sie am nächsten Morgen in ihrem Schlafzimmer im zweiten Stockwerk der cispischen Villa erwachte. Wenn man zwischen verschiedenen Zeitaltern hin und her pendelte, so war das doch noch ein gutes Stück anstrengender als die Transitionen zwischen den verschiedenen parallelen Welten, an die sie sich im gewissen Sinne schon gewöhnt hatte.
Sie verspürte immer noch die Nachwirkungen des Absturzes in Schlesien: ihr Körper schien von Kopf bis Fuß aus einem einzigen blauen Fleck zu bestehen. Sie sah sich um und bemerkte, daß Lamia hinter ihr stand. Die Sklavin war gerade im Begriff, sie wachzurütteln.
„Nicht …“, murmelte sie. Das Mädchen teilte ihr mit, daß ein Bote von Plinius gekommen sei und ihr meldete, daß er zur Stadt zurückkehren würde und beabsichtigte, bei ihr zu Mittag zu speisen. Als Elspeth sich erkundigte, wie spät es war, erfuhr sie, daß sie kaum zwei Stunden Zeit hatte, um sich auf ihren Gast vorzubereiten.
„Auch Prinzessin Berenice Agrippina hat einen Boten geschickt“, erklärte Lamia. „Sie möchte dich heute nachmittag in den Bädern treffen.“
„Ich werde dort sein“, erklärte die Agentin und richtete sich langsam auf. Wie es in Rom Sitte war, trug sie im Schlaf keine Kleidung. Die dunklen Augen der Sklavin weiteten sich, als sie die Male auf Elspeths Körper sah.
„Du bist verletzt, Herrin“, rief sie aus.
„Du hättest erst meine Gegenspieler sehen sollen“, erwiderte Elspeth und lächelte wieder, als sie Mack Fräsers Bild vor ihrem geistigen Auge sah.
Lamia musterte sie aufmerksam und verabreichte ihrer Herrin dann eine Ölmassage, die innerhalb einer Stunde Wunder wirkte.
Später, als die Agentin in ihrem Bad lag, sah Lamia sie streng an und sagte: „Ich verstehe nicht, was vorgeht. Was sind das für seltsame Soldaten im Aventinischen Palast und was ist das für ein Zauberwerk, das dich in die Wolken entführt hat?“
Elspeth setzte sich auf und sah das Mädchen lange an, ehe sie antwortete. „Lamia. ich kann es dir jetzt nicht erklären, aber es hat nichts mit Hexerei und Zauberei zu tun. Man hat mich hierhergeschickt, um deine Welt gegen Feinde zu verteidigen, von denen sie im Augenblick noch gar nichts weiß.“
„Das bezweifle ich nicht, Herrin“, antwortete die Sklavin. „Ich wollte nur, daß ich dir mehr helfen könnte.“
Daß das ehrlich gemeint war – daran bestand kein Zweifel. Elspeth zögerte und meinte dann: „Es besteht die Möglichkeit – aber nur eine Möglichkeit – daß, wenn alles gut geht, ich dich vielleicht mitnehmen kann, wenn ich hier gehe. Natürlich würdest du dann keine Sklavin mehr sein, denn in dem Land, aus dem ich komme, gibt es keine Sklaven. Du würdest viel lernen müssen und schwer arbeiten. Glaubst du, daß dir das gefallen würde?“
„O Herrin!“ rief das Mädchen. „Ich bin gerne immer deine Sklavin.“
„Das ist gerade, was du nicht sein sollst“, antwortete Elspeth. „Ich glaube, du verdienst eine Chance. Aber ich kann dir nichts versprechen. Vieles kann geschehen, was mich hindert, das zu tun.“
„Ich werde dir helfen, so gut ich kann“, versprach das Mädchen.
Lamia hatte inzwischen schon alle Vorbereitungen für das Mahl getroffen, und als ehemalige Sklavin des Admirals hatte sie nicht den leisesten Zweifel, daß sie seinen Geschmack getroffen hatte.
Für einen Mann von der Wichtigkeit des Plinius dem Älteren und für diese Zeit war es ein höchst einfaches Mahl. Es gab eine
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