Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
TS 65: Die Zeit-Agenten

TS 65: Die Zeit-Agenten

Titel: TS 65: Die Zeit-Agenten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sam Merwin jr.
Vom Netzwerk:
es sein, daß er tot ist. Schade, er schrieb ganz brauchbare Satiren.“
    Elspeth wollte noch weiter fragen, wagte es aber nicht. Sie hatte Gnaius auf ihrem Weg zu dem aventinischen Palast nicht gesehen, weder unter den Toten noch unter den Überlebenden. Und doch konnte ein solches Gerücht nicht entstehen, wenn er sich nicht wenigstens in der Nähe des Handgemenges befunden hatte. Sie empfand so etwas wie Schuld.
    Wenn dem Dichter etwas zugestoßen war, dann mußte das eine Auswirkung ihres Diebstahls der Karte und der Waffe sein. Plötzlich tat der junge Mann ihr leid. Diese Gedanken beschäftigten sie so, daß sie es kaum bemerkte, als die Prinzessin plötzlich zum Eingang hinüberblickte.
    Eine Anzahl von Dienern in der Livree des Kaiserhauses war eingetreten und umstand nun den Eingang. Sie hatten sich in zwei Gruppen aufgeteilt und schritten nun zu beiden Seiten des Portals. Sämtliche Anwesenden in der riesigen Halle sahen aufmerksam zu und erwarteten das sich anbahnende Schauspiel.
    Das erste Mitglied der kaiserlichen Familie, das den Raum betrat, war Prinz Flavius Domitianus, der jüngere Bruder des Kronprinzen. Man hatte ihn wegen der Krankheit seines Vaters aus Nicäa in der Nähe der ligurisch-narbonensischen Grenze zurückgerufen. Als er sein Handtuch ablegte, enthüllte er damit den muskulösen, wohlgebauten Körper eines Gladiators.
    Als nächster kam Titus selbst, kleiner, drahtiger und dynamischer. Man sah ihm die Strapazen an, die ihm jahrelange Feldzüge an den nordwestlichen Grenzen des Reiches auferlegt hatten, wo die ruhelosen Germanenstämme immer wieder gegen die Mauern aus Legionären und Steinen anrannten, die sie von der reichen Beute des Südens trennten.
    Der Kronprinz blieb einen Augenblick stehen, wandte sich um und hielt nach dem nächsten Ankömmling Ausschau. Der Atem von Prinzessin Berenice klang in Elspeths Ohren wie das Zischen einer Schlange.
    Großartig – das war das einzig richtige Wort für Ana Kai-Martinez – Ana Martina. Ein beinahe ehrfürchtiges Murmeln ging durch die Hunderte von Badenden – Ehrfurcht, in die sich die Bewunderung des Schönen mischte.
    Die sogenannte gallische Prinzessin ragte über die Männer und Frauen auf, die um sie standen. Elspeth schätzte, daß sie ohne Sandalen mindestens einen Meter zweiundachtzig war. Ihr Anblick war wirklich der einer fleischgewordenen Göttin.
    Sie hielt den Kopf hoch erhoben, und ihr Antlitz war ausgesprochen schön zu nennen. Auch die befehlsgewohnten Linien um ihre Lippen konnten daran nichts ändern. Ihr Mund war voll, aber fest, die Nase ganz leicht gebogen, und ihre Wangenknochen traten weit genug vor, um ihren Augen die Spur einer slawischen Schräge zu geben. DieAugen selbst schienen, sogar aus der Ferne, wie grünes Feuer zu blitzen. Das Haar, das dieses faszinierende Gesicht einrahmte, war kurzgeschnitten und wirkte auf ihrem vollendet geformten Kopf wie ein kupferner Helm.
    Elspeth fühlte, daß das eine Frau war, die lieben oder töten, belohnen oder foltern konnte, wie ihr der Sinn gerade stand – ein Sinn, der immer von dem eiskalten Intellekt gelenkt wurde, der hinter diesen unergründlich tiefen grünen Augen schlummerte. Arme Berenice, dachte Elspeth. Sie warf einen Seitenblick auf die Prinzessin, die ihre Rivalin mit stechenden Augen musterte.
    Die Prinzessin bemerkte Elspeths Blick, und ihre dunklen Augen erwiderten ihn. Ihre schmalen Lippen kräuselten sich, als sie sagte: „Eine Kannibalenkönigin hat mir meinen Geliebten gestohlen. Wir müssen ihn vor dem Kochtopf retten.“
    Elspeth nickte und sagte: „Ich glaube, daß nicht viele Männer vor einem solchen Schicksal fliehen möchten.“
    „Mein Geliebter ist kein Narr“, antwortete die Prinzessin, ohne überzeugend zu klingen. „Und er wird auch nicht ein Weltreich um einer solchen Barbarin willen riskieren.“
    Elspeth sah zu, wie das kaiserliche Gefolge gemessen näher kam. Zu ihrem Erstaunen schritt Titus mit maskenhaft starr wirkendem Gesicht direkt auf Berenice zu, als leite er einen Angriff auf eine Phalanx skythischer Krieger und sagte: „Prinzessin Berenice – Prinzessin Ana Martina. Wir wünschen, daß ihr beide Freundinnen werdet.“
    Dieser Teufel! dachte Elspeth, als Berenice nickte, ohne aufzustehen, um nicht ihre Kleinheit neben der riesenhaften Amazone zu zeigen.
    Zwischen den beiden Frauen herrschte natürlich auf den ersten Blick Kriegszustand. Einen Augenblick fragte sich Elspeth, ob der Kronprinz wirklich ein derartiger

Weitere Kostenlose Bücher