TS 69: Im Kosmos verschollen
glaubte.
Und doch war alles Wirklichkeit. Warum sollten die grünen Wesen nicht die gleiche Art der Kommunikation haben? Es war wirklich einfach, mit einem kleinen Klöppel gegen eine frei hängende Glocke zu schlagen und damit Signale zu geben. Diese Art der Signalgebung war fast so alt wie das Metall. Für mich war der Klang der Glocke aber eine Erinnerung an Kap Canaveral, an den Start der Rakete, an den Beginn meines Abenteuers.
Die Wesen eilten aus meiner Zelle und begaben sich auf ihre Stationen. Die Ärztin gab mit ein Zeichen und drückte mich mit ihrer dreifingerigen Hand nach unten. Sie deutete damit an, daß ich mich auf den Boden setzen oder legen sollte. Dann verließ sie die Zelle und nahm das Kind mit. Ich achtete nicht einmal darauf, ob sie die Zellentür verschloß oder nicht. Das war allerdings sehr wahrscheinlich, denn die Mannschaft konnte mich unmöglich frei herumlaufen lassen, denn jede unbewachte Aktion meinerseits konnte das Raumschiff und seine Besatzung in Gefahr bringen. Kein vernunftbegabtes Wesen würde einem scheinbar wilden Tier oder einem primitiven Repräsentanten der eigenen Gattung gestatten, frei im Schiff herumzulaufen.
Ich legte mich also auf den Boden. In dieser Lage würde ich dem Andruck am besten widerstehen können. Ich wunderte mich darüber, daß ich mir überhaupt Gedanken ums Überleben machte. Ich wollte doch gar nicht mehr leben, schon gar nicht als Gefangener einer fremden Rasse. Wahrscheinlich wirkte ich auf diese Wesen abschreckend und primitiv. Hatte es einen Sinn, am Leben zu bleiben und den Rest des Lebens als eine Art Wundertier zu verbringen?
Kurze Zeit vorher hätte ich derartige Gedanken als zu weitreichend empfunden, aber nun dachte ich schon wieder an die Zukunft. Ganz plötzlich wurde mir aber die Aussichtslosigkeit meiner Lage bewußt. Es spielte überhaupt keine Rolle, ob ich lebte oder starb. Ich hatte keine Zukunft mehr. Wahrscheinlich würde ich auch in keine menschliche Gemeinschaft mehr passen. Meine Erlebnisse hatten meinen Charakter verändert. Hoffnung, Liebe, Glaube, all diese Dinge waren für mich zu sinnlosen Nichtigkeiten geworden.
Die Müdigkeit überwältigte mich und befreite mein gequältes Bewußtsein für kurze Zeit von den durch das Hirn wirbelnden Gedanken.
Der immer stärker werdende Beschleunigungsdruck riß mich wieder in die Wirklichkeit zurück. Ich fragte mich, wie lange ich dem Druck wohl standhalten konnte, denn ich lag ja schutzlos auf dem nackten Boden des Käfigs. Vor allem wußte ich ja nicht, welchen Andruck die Mannschaft des Raumschiffes ertragen konnte.
Bald ließ der Druck nach. Für mich war das der Beweis, daß die Insektenmenschen ebenso schwerkraftempfindlich wie ich waren.
Ich war nun wieder frisch genug, um mir Gedanken über meine merkwürdigen Gastgeber zu machen. Wie pflanzen sie sich fort, fragte ich mich. Haben sie wirklich verschiedene Geschlechter? Vielleicht brachten sie keine lebenden Kinder zur Welt, sondern legten Eier. Eigentlich war das ja unwichtig. Hauptsache war, daß es ihnen gelang, das Kind aufzuziehen. Sie waren eine intelligente Rasse, und ich wußte, daß intelligente Wesen stets hilflose Kinder zur Welt bringen und in langer, schwieriger Arbeit ausbilden. Das wußte ich von Eve, die mir einige Grundlagen der Biologie beigebracht hatte.
Eve! Die Erinnerung an sie, an ihren Tod, schnitt wie ein Messer durch meine Seele. Nie würde ich sie, vergessen können. Ich ballte die Fäuste und preßte meinen Kopf gegen die kühlen Metallstäbe meiner Zelle. Wieder brachen mir die Tränen aus, zum letztenmal in meinem Leben. Die Ereignisse hatten mich grundlegend verändert. Ich war hart geworden. Mit den letzten Tränen fiel auch die Sentimentalität von mir ab. Das Leben war unberechenbar und mußte eben in jeder Form ertragen werden. Ich hatte keine Wünsche und keine Hoffnungen mehr. Nur an mein Kind mußte ich denken und auch das nicht einmal bewußt, sondern einem Instinkt gehorchend.
Das Raumschiff raste in verzwickten Kurven durch das Gewirr der unzähligen Trabanten der beiden Sonnen. Ich verlor jeden Zeitbegriff und döste immer nur vor mich hin. Erst das Rauschen der Atmosphäre und das leichte Vibrieren des Schiffes rissen mich wieder aus meiner tiefen Lethargie. Welche Prüfungen standen mir noch bevor? Ich wußte, daß mich nichts mehr erschüttern konnte, aber ein wenig neugierig war ich doch.
Dann kamen sie in den Gang und öffneten die Käfigtür. Ich hörte die fernen
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