TS 71: Flitterwochen in der Hölle
starrte ihn an. Er drückte ihn nieder. Dann drehte er sich langsam zum Fenster um.
Das graue Nichts war verschwunden – und was dahinter lag, war nicht zu glauben.
Nicht das Cleveland, das er gekannt hatte, sondern eine schöne Stadt, eine neue Stadt. Wo früher enge Gäßchen gewesen waren, erstreckten sich jetzt breite Boulevards. Die Gebäude waren sauber und schön, der architektonische Stil völlig neuartig. Was war geschehen – wie konnte das sein? Die Menschheit konnte sich unmöglich so schnell von einem Atomkrieg erholt haben …
Und wo waren die Leute? Wie als Antwort auf seine Frage fuhr ein Auto vorbei. Ein Auto? Es sah keinem Auto ähnlich, das er je gesehen hatte. Viel schneller, viel eleganter und wesentlich wendiger – es schien die Straße kaum zu berühren, als ob es durch Anti-Schwerkraft emporgehoben würde, während ihm Gyroskope die nötige Stabilität gaben. Ein Mann und eine Frau saßen in dem Auto, der Mann steuerte. Er war jung und sah gut aus, seine Begleiterin war ebenfalls jung und schön.
Sie drehten sich um und sahen in die Richtung, wo Braden stand. Der Mann bremste plötzlich und brachte das Auto nach einer unwahrscheinlich kurzen Strecke zum Stehen. Natürlich, dachte Braden – sie sind bestimmt schon oft hier vorbeigefahren und haben die graue Kuppel gesehen, die sich hier erhob – und jetzt ist sie plötzlich verschwunden. Das Auto fuhr wieder an und entfernte sich rasch. Braden dachte, daß sie es jetzt den anderen erzählen würden.
Er ging durch die Haustür nach draußen auf den schönen Boulevard. Als er sich im Freien befand, fiel ihm auf, daß sehr wenig Menschen zu sehen waren und daß der Verkehr sehr gering war. Seine Chronometer waren also doch falsch gegangen. Nach dreißig Jahren gingen sie mindestens einige Stunden vor. Es war früher Morgen – nach dem Stand der Sonne zu urteilen zwischen sechs und sieben Uhr.
Er setzte sich in Bewegung. Wenn er hierblieb, in dem Haus, in dem er die letzten dreißig Jahre zugebracht hatte, würde bestimmt jemand zu ihm kommen, sobald die jungen Leute ihre Geschichte erzählt hatten. Gewiß, wer auch immer kam, würde imstande sein, ihm alles zu erklären, aber gerade das wollte er nicht, sondern er wollte die Tatsachen selber herausfinden.
Er ging. Er traf niemand. Er befand sich in einem Villenviertel, und es war sehr früh. In einiger Entfernung sah er Leute. Ihre Kleidung unterschied sich von seiner, aber nicht so sehr, daß er sofort aufgefallen wäre. Er sah noch einige von diesen unglaublichen Fahrzeugen, aber keiner der Insassen bemerkte ihn. Sie fuhren unwahrscheinlich schnell.
Schließlich kam er zu einem Laden, der schon geöffnet war. Er ging hinein, denn unterdessen war er zu neugierig, um noch länger warten zu können. Ein junger Mann war damit beschäftigt, ein Regal einzuräumen. Er sah Braden ungläubig an und fragte dann: „Was kann ich für Sie tun, Sir?“
„Bitte, glauben Sie nicht, ich sei verrückt. Ich werde es Ihnen später erklären. Beantworten Sie mir nur eine Frage. Was geschah vor dreißig Jahren? Hat es denn keinen Atomkrieg gegeben?“
Der junge Mann bekam große Augen. „Dann müssen Sie ja der Mann unter der Kuppel sein, Sir. Das erklärt auch, warum … “ Er schwieg verlegen.
„Ja“, antwortete Braden, „ich war unter der Kuppel. Aber was ist denn nun damals geschehen? Was geschah, nachdem Boston zerstört worden war?“
„Raumschiffe, Sir. Die Zerstörung von Boston war ein Unglück. Eine Flotte von Raumschiffen kam vom Aldebaran. Sie waren technisch bereits viel weiter fortgeschritten, als wir und kamen, um uns in die Union aufzunehmen und uns zu helfen. Unglücklicherweise stürzte eines ihrer Schiffe über Boston ab, und seine Atomtriebwerke explodierten, wobei fast eine Million Menschen getötet wurden. Die anderen Schiffe landeten überall und erklärten das Unglück. Auf diese Art und Weise wurde ein Krieg mit Mühe vermieden. Die amerikanischen Bomberflotten waren bereits in der Luft, aber es glückte noch, sie zurückzurufen.“
Braden sagte heiser: „Dann hat es also gar keinen Krieg gegeben?“
„Natürlich nicht. Kriege sind etwas, was es in der Vorzeit gegeben hat, aber jetzt gibt es keine mehr – dank der Galaktischen Union. Wir haben nicht einmal mehr nationale Regierungen, die einen Krieg erklären könnten. Unsere Fortschritte sind seitdem großartig gewesen. Wir haben den Mars und die Venus kolonisiert. Wir fliegen auch schon zu den Sternen. Wir
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