TS 71: Flitterwochen in der Hölle
können sogar …“ Er schwieg.
Braden hielt sich an der Theke fest. Er hatte alles versäumt. Er war dreißig Jahre lang allein gewesen und jetzt war er ein alter Mann. Er fragte: „Sie können sogar – was?“ Er hatte eine Ahnung, was er hören würde und konnte kaum seine eigene Stimme verstehen.
„Nun, wir sind nicht direkt unsterblich, aber wir sind nahe daran. Wir leben jahrhundertelang. Vor dreißig Jahren war ich nicht viel jünger als Sie. Ich fürchte allerdings, daß Sie zu spät kommen, Sir. Das Verfahren, das uns die Union gab, wirkt nur bei Menschen bis zu vierzig, allerhöchstens fünfzig Jahren. Und Sie sind …“
„Siebenundsechzig“, antwortete Braden steif. „Ich danke Ihnen für die Aufklärung.“
Ja, er hatte alles versäumt. Die Sterne – er hätte alles dafür hergegeben, um sie betreten zu dürfen, aber jetzt waren sie ihm gleichgültig. Und Myra …
Er hätte sie heiraten können, und sie wären beide noch jung.
Er verließ den Laden und ging in Richtung auf das Haus, das unter der Kuppel gewesen war. Unterdessen würden sie dort auf ihn warten. Vielleicht würden sie ihm das einzige geben, worum er sie bitten wollte – genügend Energie, um das Kraftfeld wieder aufzubauen, damit er den kümmerlichen Rest seines Lebens dort unter der Kuppel verbringen konnte. Ja, das einzige, was er sich jetzt wünschte, war das, was er am wenigsten gewollt hatte – so zu sterben, wie er gelebt hatte … allein.
Betreten verboten
(KEEP OUT)
Daptin ist das ganze Geheimnis. Zuerst nannte man es Adaptin, dann wurde es zu Daptin. Es adaptiert uns.
Man erklärte uns alles, als wir zehn Jahre alt waren, aber ich glaube, damals waren wir noch zu jung, um alles zu verstehen, obwohl wir eine ganze Menge wußten. Sie erzählten es uns, nachdem wir gerade auf dem Mars gelandet waren.
„Jetzt seid ihr zu Hause, Kinder“, sagte der Hauptlehrer, nachdem wir in die Glassithalle gegangen waren, die man für uns aufgebaut hatte. Dann sagte er nur noch, daß abends ein wichtiger Vortrag sei, den wir unbedingt alle anhören sollten.
An diesem Abend erzählte er die ganze Geschichte von Anfang an. Er stand vor uns und mußte einen Raumanzug tragen, weil es zu kalt für ihn war, und weil die Luft nicht mehr dicht genug für ihn war – wir dagegen fühlten uns so wohl wie immer.
„Kinder“, sagte er, „jetzt seid ihr zu Hause. Dies ist der Mars, der Planet, auf dem ihr den Rest eures Lebens zubringen werdet. Ihr seid die ersten Marsianer. Ihr werdet die nächsten zehn Jahre eures Lebens in dieser Halle verbringen und nur gelegentlich ins Freie dürfen.
Dann werdet ihr von hier fortgehen, Familien gründen und euer eigenes Leben als Marsianer führen. Eure Kinder und Kindeskinder werden diesen Planeten besiedeln und auch sie werden Marsianer sein.
Die Menschen haben den Mars zum ersten Male vor fast zweihundert Jahren erreicht und herausgefunden, daß er von ihrem Gesichtspunkt aus unbewohnbar war. Menschen konnten nur dann dort leben, wenn sie Schutzräume errichteten. Außer an den wärmsten Tagen war es zu kalt für sie, die Luft war zu dünn, und die ungefilterten Sonnenstrahlen konnten sie töten. Dazu kam noch, daß die Pflanzen nicht eßbar waren, so daß sie sämtliche Lebensmittel mitbringen mußten.
Fünfzig Jahre lang versuchten die Menschen, den Mars zu kolonisieren, aber alle Versuche waren gescheitert. Außer dem Glassitdom, den man für uns errichtet hatte, gab es nur noch ein menschliches Bauwerk auf dem Mars – eine andere Glassitkonstruktion, die weniger als eine Meile entfernt war.
Es schien, als ob die Menschen nie imstande sein würden, einen anderen Planeten zu bewohnen, denn der Mars hatte sogar die besten Verhältnisse, das heißt, wenn es die Menschen nicht schafften, ihn zu bewohnen, dann brauchten sie es gar nicht mit den anderen zu versuchen.
Zu dieser Zeit entdeckte ein brillanter Biologe namens Waymoth das Daptin, eine Wunderdroge, die nicht auf den Menschen, der sie einnahm, sondern auf dessen Nachkommenschaft wirkte.
Dr. Waymoth gab diese Droge zuerst einem Meerschweinchenpaar, nahm ihm dann die fünf Jungen fort und zog sie unter verschiedenen Lebensbedingungen auf. Als sie ausgewachsen waren, lebte das eine quietschvergnügt bei minus vierzig Grad Celsius, das zweite bei plus einhundertdreißig, und ein drittes nahm jeden Tag eine reichliche Portion Zyankali zu sich. Das vierte gedieh unter einem ständigen Bombardement von Röntgenstrahlen, die seine
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