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TS 72: Das Erbe von Hiroshima

TS 72: Das Erbe von Hiroshima

Titel: TS 72: Das Erbe von Hiroshima Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clark Darlton
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schmeckte.
    Während Ann später der Mutter in der Küche half und die Reisevorräte einpackte, saßen Bob Britten und Lex noch bei einer Zigarette zusammen und plauderten über die nebensächlichsten Dinge, wie etwa das Wetter oder die Politik.
    Dann, als Ann in ihr Zimmer hinaufeilte, um sich umzuziehen, wechselte Bob urplötzlich das Thema.
    „Ann ist sehr jung“, sagte er ohne Übergang.
    Lex konnte nur nicken, mehr nicht.
    „Und Sie sind zweiunddreißig, nicht wahr?“
    „Ja, gerade geworden.“
    „Ein ziemlicher Unterschied, finden Sie nicht?“
    „Sicher, Sie haben natürlich recht, Mister Britten, aber wir verstehen uns nun einmal gut. Man sollte nicht immer danach urteilen, wie groß der Altersunterschied ist. Ann und ich sind gute Freunde.“
    „So?“ machte Bob. Dann nickte er sinnend und fügte hinzu: „Hm.“
    Damit wußte Lex nichts anzufangen, wenigstens redete er sich ein, daß Mister Brittens „hm“ keineswegs Zweifel andeuten sollte. Geduldig wartete er, bis der andere weitersprach.
    „Mein Kind ist noch sehr jung, Mister Harnahan. Ich hoffe, Sie begreifen, welche Verantwortung ich Ihnen aufbürden muß. Nutzen Sie ihre Unerfahrenheit nicht aus. Ann ist verliebt, mehr nicht.“
    „Glauben Sie wirklich, daß Ann nur verliebt ist?“ Lex hoffte sehnlichst, jemand würde kommen und ihre Unterhaltung stören. „Meinen Sie nicht, es könnte ernster sein, vielleicht wirkliche Zuneigung? Ich glaube es schon, Mister Britten – und Sie sollten Ihre Tochter besser kennen.“
    Bob zog die Augenbrauen hoch.
    „Sie nehmen sie ernst? Sie bestärken sie in ihren Ansichten? Ich hätte Sie für vernünftiger gehalten, Harnahan.“
    „Sie sollten Ann besser kennen“, wiederholte Lex mit Überzeugung. „Aber vielleicht wäre es besser, wir überlassen die endgültige Lösung dieses Problems der Zeit. Nur sie kann uns Gewißheit geben. Inzwischen seien Sie völlig beruhigt, Mister Britten. Ich würde niemals etwas tun, das ich nicht auch mir selbst gegenüber verantworten könnte.“
    „Sie müssen es auch den Eltern gegenüber verantworten können“, schränkte Bob seine Freiheiten weiter ein. „Und ganz besonders Ann gegenüber. Ich vertraue Ihnen, Harnahan, und nur aus diesem Grunde lasse ich Sie mit Ann fortfahren.“
    Ganz rein konnte Lex’ Gewissen nicht sein, aber er entschuldigte sein bisheriges Verhalten mit der Gewißheit, Ann aus ganzem Herzen zu lieben und sich auch ihrer Liebe absolut sicher zu sein.
     
    *
     
    Sie saßen an einem stillen See. Rings von Felsen eingeschlossen, bildeten scharfe und steile Klippen seine Ufer, die wie gemauerte Steinwände in die grüne Dämmerung der Ungewißheit versanken. Etwas dieser unheimlichen Ungewißheit teilte sich auch den Bäumen mit, die vereinzelt aus den Felsspalten wuchsen und wie spitze Nadeln in die Höhe stachen. Nur oben war ein Stück des blauen Himmels zu sehen, eingerahmt von kantigen Gipfeln und schwankenden Baumspitzen.
    Ganz dicht über dem See saßen sie auf einer schmalen Felsplatte. Hinter ihnen führten natürliche Stufen zu einem kleinen Plateau, auf dem der Weg zum Park begann. Vor ihnen fiel die Platte steil hinab in den See. Keine zwanzig Zentimeter unter ihnen kräuselte sich die grüne Oberfläche.
    Ein reiner Zufall hatte sie dieses paradiesische Plätzchen finden lassen, das in seiner unwirklichen Schönheit an ein Märchen erinnerte. Selbst die Sonne gelangte bis hierher, wenn auch nur für wenige Stunden.
    Ann lehnte mit dem Rücken gegen den Felsen. Sie hielt die Augen geschlossen und schien durch die Lider hindurch die Sonne zu betrachten, die sich allmählich den Baumwipfeln näherte. Es war sehr heiß.
    Lex hockte neben ihr. Er starrte hinab in das gläserne Grün des Wassers, als suche er etwas in der unbestimmbaren Tiefe. Nur wenige Meter weit drang der Blick und konnte die gezackte Wand erkennen, dann aber wurde es dunkel.
    Gedankenlos nahm er ein Steinchen und ließ es ins Wasser fallen. Es schwankte, während es sank – und dann war es verschwunden. Die unergründliche Tiefe hatte es verschluckt.
    „Es ist“, sagte Ann leise, „als seien wir die einzigen Menschen auf der Welt.“
    Er nickte.
    „Wir sind es, Ann. Hier an dieser Stelle der Welt sind wir allein. Selten nur findet jemand den Weg hierher.“
    Sie sah ihn an. „Ich möchte aber an einem Ort sein, wo niemand hin kann – außer uns.“
    „Eine einsame Insel im Ozean“, lächelte er nachsichtig. „Das wünschen sich alle Verliebten. Und

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