TS 80: Spähtrupp der Vergangenheit
die Entfernung ab und faßte jeden einzelnen Felsbrocken ins Auge, der ihm vielleicht Deckung gewähren mochte. „Ich kann es versuchen.“
4.
Er arbeitete sich um den Fuß des Abhanges herum. Die Hauptrichtung der Stampede lag im Westen, und er glaubte sich schon in Sicherheit, als hinter ihm ein Schnauben ertönte. Etwas schob sich durch niedrige Büsche, und plötzlich stand eine Bisonkuh vor ihm. An der Schulter ragte ein abgebrochener Speerschaft heraus. Und der Schmerz hatte das Tier wütend gemacht.
In solcher Lage konnte selbst eine Kuh einem Menschen zu Fuß gefährlich werden, und der Bison war beinahe eineinhalbmal so groß wie die Tiere, die er kannte. Nur das Gebüsch zu seiner Linken rettete Travis das Leben. Die Kuh brüllte und raste mit einer Geschwindigkeit auf ihn zu, die Travis bei ihrem Gewicht für unmöglich gehalten hätte. Er warf sich in wilder Flucht nach links und fand sich plötzlich in einem dichten Dorngestrüpp. Die Kuh raste so dicht an ihm vorbei, daß ihr zottiges Fell ihn am Arm streifte.
Travis dröhnten die Ohren, als das Tier brüllend zum Stehen kam. Er tastete nach seinem schwersten Speer. Die Kuh schlug jetzt mit den Vorderhufen auf den Boden. Der Speerschaft an ihrer Schulter verfing sich im Geäst eines niedrigen Baumes. Wieder brüllte sie auf und riß sich gewaltsam los. Der abgebrochene Speer löste sich aus der Wunde, und ein Blutstrom schoß heraus.
Das verlangsamte ihr Tempo. Travis hatte Zeit, aufzustehen und den Speer zu heben. Der mächtige Kopf der Kuh bot kein gutes Ziel. Er riß den Ranzen von der Schulter und wirbelte ihn an der Tragschnur herum. Dann warf er ihn dem Tier an den Kopf. Der Bison stürmte los, aber nicht auf ihn, sondern auf die Tasche. Sein Trick war geglückt. Und dann stieß Travis mit aller Kraft zu, die ihm zur Verfügung stand. Die Spitze seiner Waffe bohrte sich der Kuh in die Schulter.
Das Gewicht des Bisons riß ihm den Schaft aus der Hand. Die Kuh ging in die Knie, brüllte auf und rollte zur Seite.
Die letzte Etappe seines Weges legte er auf Händen und Knien zurück, denn es war damit zu rechnen, daß der Kampflärm die Jäger angelockt hatte. Endlich konnte er sich im Schutz von Felsbrocken niederkauern. Er blutete an Armen und Schultern.
Dicht an den Boden gepreßt sah Travis, daß es klug gewesen war, den Schauplatz des Kampfes so schnell zu verlassen. Drei der Jäger rannten jetzt mit wurfbereiten Speeren querfeldein auf das Gebüsch zu. Ein paar Sekunden später drang ein überraschter Ruf zu Travis herüber und sagte ihm, daß die Jäger das Opfer gefunden hatten. Dann hallte ein langgezogenes Heulen von dem Berghang herunter. Travis fühlte sich nicht ganz wohl in seiner Haut.
Der Speer, den er im Kadaver der Kuh hatte steckenlassen müssen, glich denen der Folsomleute – aber war die Ähnlichkeit groß genug, daß sie annahmen, daß einer ihrer Stammesgenossen das Tier getötet hatte? Er schlich sich in die Felsspalte. Das Signalgerät lag dort, ein zweites Kästchen neben dem Radar, dessen Summen jetzt ganz deutlich an seinem Ohr erklang. Er drückte den Hebel nieder und betätigte dann die Morsetaste, wie er es erst am Tag zuvor gelernt hatte. In der Wüste des zwanzigsten Jahrhunderts würde seine Meldung auf einem Registriergerät aufgenommen werden und Kelgarries davon unterrichten, daß in höchster Eile eine Konferenz stattfinden mußte.
Travis schob sich vorsichtig hinaus und sah sich um. Er preßte sich an einen Felsen und lauschte nicht nur mit den Ohren, sondern mit jedem einzelnen seiner geübten Sinne. Das Feuersteinmesser lag stoßbereit in seiner Hand, als er ein warnendes Scharren vernahm. Seine andere Hand umfaßte einen Arm, der ebenso braun und muskulös wie der seine war. Ein Geruch von Blut und Fett drang in seine Nase, als sie Brust an Brust standen und der Fremde einen Strom unverständlicher Worte hervorsprudelte. Travis hob die Hand mit dem Messer, nicht um den anderen zu erstechen, sondern um ihm einen krachenden Schlag gegen die Kinnspitze zu versetzen. Der andere taumelte.
Travis zielte ein zweites Mal auf die Kinnspitze und hob das Knie, als der Fremde mit gezücktem Messer auf ihn stürzte. Nach allen Regeln der Zivilisation war das ein schmutziger Trick, aber Travis kam es darauf an, den anderen schnell und ohne Einsatz seines Messers gefechtsunfähig zu machen. Der Jäger taumelte, und Travis setzte gerade zum letzten betäubenden Schlag an, als eine zweite Gestalt um die
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