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TS 81: Das Problem Epsilon

TS 81: Das Problem Epsilon

Titel: TS 81: Das Problem Epsilon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: H. W. Mommers , Ernst Vlcek
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Körpergewicht an die Wand. Mein Atem geht stoßweise. „Nicht wahr? Wir zwei wissen, daß du durch die Wand gehen kannst. Nun los, versuche dich zu retten – wie das letztemal.“
    Er lacht. Ich spüre, wie sein Bauch wackelt.
    „Aber du wirst es jetzt unterlassen. Stimmt’s? Du willst ja fort von hier, also kannst du dir keine Extravaganzen mehr leisten. Was meinst du, wenn ich dir jetzt …“
    „Herr Hacker“, kommt es durch die geschlossene Tür. „Sie sollen sich beeilen.“
    Er seufzt. „Na schön“, meint er dann enttäuscht. „Gehen wir also, Albino.“
    Er geht zur Tür.
    „Na komm schon!“ herrscht er mich an, als ich zögere.
    Ich muß für ihn die Tür öffnen. Er folgt mir auf den Fersen. Wir kommen auf den Korridor, der zur Küche, zum Speisesaal und zur Direktion führt. Der Holzboden knarrt unter unseren Schritten.
    Hacker nimmt mich an der Hand, und ich muß mich beeilen, um ihm nachzukommen, sonst drückt er meine Hand zusammen. Ich muß fast laufen. Aber alles, was mir Hacker noch antun kann, werde ich überwinden, um endlich von hier fortzukommen.
    Ob es diesmal klappt? Schön wäre es schon, die Mauern des Waisenhauses verlassen zu können. Wie das Leben wohl draußen ist? Ich bin erst einmal draußen gewesen, und da hat man mich gleich wieder geschnappt.
    Wenn mich die Leute heute heimnehmen, zu sich, gehe ich nie wieder hierher zurück. Wie sie wohl sein mögen? Ich kann meine Neugierde nicht unterdrücken und versuche den Willen der Leute, die sich für mich interessieren, zu fühlen. Aber ich bekomme keinen Eindruck; das Direktionszimmer ist zu weit entfernt.
    Unsere Schritte sind laut und knarrend. Besonders die von Hacker, der seine Stiefel anhat. Hacker ist ein sogenanntes Mädchen für alles. Er arbeitet im Garten, hilft manchmal in der Küche, säubert unsere Zimmer und macht sonst noch allerlei. In seinem Vertrag steht aber sicher nicht, daß er mich quälen soll.
    Das kann er aber nicht mehr lange. Irgendwie habe ich das Gefühl, daß sich die beiden Männer, die gekommen sind, wirklich um mich kümmern. Dieses Gefühl trügt mich nie. Es hat mir auch gezeigt, daß Lorie mich mag.
    Wir kommen zu der Stelle, wo der Gang einen Knick hat.
    Ich spüre plötzlich Lories Anwesenheit.
    Als wir zur Ecke kommen, sehe ich sie vor mir stehen. Und genauso plötzlich erhalte ich auch die Eindrücke der beiden Männer. Hacker hält mich noch immer an der Hand.
    „Oliver“, sagt Lorie. Sie hat Tränen im Gesicht. „Du wirst uns verlassen?“
    „Ich komme mich noch verabschieden“, sagte ich zu ihr und will stehenbleiben, um noch etwas zu sagen. Hacker reißt an meiner Hand.
    Da spüre ich wieder die Empfindungen der beiden Männer. Auch die von Direktor Almann. Er freut sich, daß er mich bald los sein wird. Die beiden anderen Männer aber …
    Lorie sieht meinen gequälten Gesichtsausdruck. Sie deutet ihn aber falsch.
    „Oliver“, sagt sie wieder.
    „Na los“, fordert Hacker. „Willst du vielleicht bocken?“
    Drei Meter vor uns ist die Tür zum Direktionszimmer. Sie erscheint mir in diesem Augenblick kalt und höhnisch. Ich spüre, wie ich zu zittern beginne, aber Hacker zerrt mich weiter. Ich versuche, mich aus seinem Griff zu winden, aber alles Gestrampel hilft nichts. Er hält mich nur noch fester. Ich vergesse ganz auf meine Fähigkeit, mich gegen Hacker zu wehren. Ich habe nur entsetzliche Angst. Das läßt mich keinen klaren Gedanken fassen.
    „Verteufelter Albino“, knurrt Hacker wütend und schreit mich an. Ich beiße ihn in die Hand, aber er läßt mich nicht los.
    „Verdammt, willst du nicht im Guten weiter?“
    Ich sehe das Bild der beiden Männer vor mir. Sie sind elegant gekleidet. Ihr Haar ist eingefettet und straff auf den Kopf gebürstet. Sie stehen beide vor dem Tisch des Direktors, der auf sie einredet. Aber die beiden Männer hören ihm nicht zu. Sie starren auf die Tür, durch die ich kommen muß. Jeder von ihnen hat eine Hand etwas angespannt an der Seite herabhängen, die andere ist in Brusthöhe erhoben. So, als wollten sie in die Innenseite des Rockes langen. Ihre Augen sind wachsam. Sie beobachten dauernd die Tür.
    Ihre Gefühle sind schwarz.
    Sie sind Mörder.
    Sie sollen mich töten.
    Ich stemme mich gegen Hackers Bemühungen, mich zur Tür zu bringen. Er versucht, mir eine Ohrfeige zu versetzen, aber ich winde mich so stark, daß der Schlag mich verfehlt.
    Plötzlich sind wir vor der Tür. Hackers Hand reicht nach der Klinke und drückte sie

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