TS 85: Endstation Zukunft
– der schönen Altstimme, die hundert Jahre von ihm entfernt war: „Ich bin Ann und du bist John. Weißt du nicht, daß wir nicht zusammenbleiben können, weil wir in verschiedenen Zeiten leben? Du mußt zurück …“
„Verdammt noch mal!“ rief er verzweifelt. „Zurück in dieses Irrenhaus!“
Plötzlich fiel sein Blick auf die Leinwand. Die blaugrünen, leuchtenden Augen starrten ins Leere. Die Lippen waren geschlossen, er wußte, daß er sie nie wieder sprechen hören würde – es sei denn …
Mallory lief aus dem Atelier, weil er Angst hatte, daß er das Bild beschädigen würde, wenn er versuchte, es zum Leben zurückzubringen – und es war doch alles, was von seinem Traum übriggeblieben war …
In der Küche hielt er die Dose mit Latakia in seinen zitternden Fingern. Er öffnete sie und sah, daß sie noch etwa drei Pfeifen enthielt. Zuerst wollte er sie aus dem Fenster werfen, aber dann überlegte er es sich anders und beschloß, die Dose gut aufzubewahren – bis er sich wieder einmal stark genug fühlte, um sich nochmals in die Zukunft zu begeben – in die Verrücktheit.
Mallory schüttelte sich und stellte den Tabak wieder in das alte Versteck zurück. Auf seiner Stirn perlte der Schweiß, denn er wußte jetzt, daß er sich nicht mehr frei entscheiden konnte – und daß er das Atelier nie wieder betreten konnte.
Zwei Tage später – nach achtundvierzig Stunden ohne Schlaf – kam er zu dem Entschluß, der auf einmal als der einzig vernünftige erschien. Nachdem er ihn getroffen hatte, fühlte sich Mallory seltsam befreit und ohne Sorgen.
Jetzt hatte er nur noch ein paar Briefe zu schreiben. Als er damit fertig war, machte er sich auf die Suche nach einem längeren Stück Gartenschlauch, das er irgendwo herumliegen gesehen hatte. Nachdem er es gefunden hatte, machte er sich auf den Weg zu seiner Garage und schob es dort über den Auspuff seines Autos. Während er damit beschäftigt war, lächelte er grimmig vor sich hin, weil er wußte, daß Colonel Harrys für seine Handlungsweise Verständnis gehabt hätte.
Der Arzt, der den Totenschein auszustellen hatte, würde sich zweifellos über die seltsame Tatsache wundern, daß ein Mensch Selbstmord verübt hatte, während er ruhig seine Pfeife rauchte.
Das Haus hatte nun schon einige Zeit leergestanden, aber der Ruf, den es jetzt hatte, war zu bekannt, und die Testamentsvollstrecker konnten es nicht einmal zu einem geradezu lächerlich niedrigen Preis verkaufen oder wenigstens vermieten.
Kauflustige Leute verbrachten Stunden in dem Haus und versuchten herauszubekommen, warum ein so hübscher Besitz auf dem Land zu einem solchen Spottpreis verkauft werden sollte. Der Makler war natürlich mit seinen Auskünften sehr zurückhaltend, aber trotzdem wurden die Käufer mißtrauisch. Gelegentliche Mieter hörten in jedem Gasthaus des Dorfes solche Schauergeschichten über das Haus und das Ende zweier seiner Bewohner, daß sie es vorzogen, gar nicht erst einzuziehen.
Die biederen Farmer warnten jeden Fremden gutmütig vor dem, was er vorhatte und machten ihn darauf aufmerksam, daß es schließlich seine Haut sei, die er da riskiere. Immerhin dauerte es über zwei Jahre, bevor jemand dazu bereit war.
Es war ein junger Mann Anfang dreißig, ein nicht übermäßig begüterter Schriftsteller, der auf der Suche nach einer einsam gelegenen Bleibe war. Ein netter junger Mann, intelligent, skeptisch und wohlerzogen.
Eines Morgens bahnte er sich seinen Weg durch das hohe Gras, das auf dem Weg zum Haus wuchs und öffnete die Haustür mit dem Schlüssel, den er von dem Makler bekommen hatte. Das alte Haus sah bei Sonnenschein besonders freundlich aus. Es war erst vor wenigen Tagen gründlich gereinigt worden – vom Dachboden bis zum Keller blitzte alles geradezu. Sogar der alte Küchenherd sah wieder ganz brauchbar aus.
Der junge Mann wußte noch nichts von den Tabakkrümeln, die in dem alten Herd in einer Steingutdose versteckt waren. Er besichtigte das Haus mit wachsender Zufriedenheit und wußte plötzlich, daß er nur hier sein Buch fertigschreiben konnte.
Das geschah an einem schönen warmen Sommertag, an dem man gar keine trübseligen Gedanken haben konnte. Seltsamerweise war der neue Besitzer des Häuschens ebenfalls überzeugter Pfeifenraucher …
Der Weg zur Erleuchtung
(THE ENLIGHTENED ONES)
Lukas warf einen raschen Blick auf die beleuchteten Instrumente vor sich. Die Geschwindigkeit betrug gleichbleibend dreißigtausend Kilometer pro
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