TS 90: Die dritte Chance
funkelte ein fanatisches Feuer.
Fabians Hoffnungen sanken.
„Sie suchen den Fehler nur auf der einen Seite“, rügte er. „Sie tadeln die Amerikaner für etwas, das sie tun mußten.“
„Sie sprechen wie Weißberger!“
„Ich war nie mit seinen Ansichten einverstanden, aber er hatte recht, wenn er behauptete, es könne nur auf beiden Seiten Konzessionen geben. Einseitige Konzessionen sind Selbstmord.“
Harrison lehnte sich zurück und sah Fabian ins Gesicht.
„Angenommen – nur angenommen –, die Atombombenvorräte Amerikas würden von heute auf morgen unbrauchbar. Was wäre – Ihrer Meinung nach – die Folge? Wir glauben, jede Kriegsgefahr wäre damit verschwunden.“
Fabian schüttelte den Kopf.
„So leid es mir tut, das zu sagen, aber ich glaube, dann wären wir nicht mehr lange ein freies Land. Die einzige Lösung wäre, daß dieVorräte hüben wie drüben unbrauchbar würden. Sind Sie anderer Meinung?“
Harrison nickte.
„Das bin ich allerdings. Fabian, ich mache Ihnen einen Vorschlag: Sie arbeiten für uns! Sie sorgen dafür, daß die Pläne der neuen Todesbombe in unsere Hand gelangen. Ja, wir kennen natürlich die Strahlbombe. Der amerikanische Geheimdienst hat schon dafür gesorgt, daß wir davon hörten. Wir werden diese Pläne an die Russen ausliefern, damit das militärische Gleichgewicht wiederhergestellt ist. Nur so ist der Frieden gesichert.“
Mit wachsendem Entsetzen hatte Fabian zugehört. Nun war die Katze aus dem Sack. Harrison war ein feindlicher Agent, ein Spion.
„Niemals werde ich so etwas tun, Harrison – oder wie immer Sie heißen mögen. Ich bin kein Spion und Verräter. Täte ich das, würde sich die Chance des Weltunterganges nur verdoppeln. Ich erkenne nun Ihre Absichten. Sie tun so, als ob Ihnen genau wie mir am Weltfrieden liegt, in Wirklichkeit aber arbeiten Sie für die andere Seite. Sie wollen nicht nur unsere Kraft schwächen, sondern die des Gegners noch stärken. Nein, Sie haben sich in mir geirrt. Ich weigere mich, auch nur noch ein Wort mit Ihnen über dieses Thema zu sprechen. Nicht nur unsere Wege, sondern auch unsere Ziele sind verschieden. Wenn meine Vorträge und die in ihnen geäußerten Ansichten Sie zu Fehlspekulationen veranlaßten, so tut mir das aufrichtig leid. Sie werden mir unter diesen Umständen nicht zumuten, daß ich die Nacht in Ihrem Haus verbringe.“
Harrison lächelte nicht mehr. Sein Gesicht war kalt und abweisend geworden.
„Ich glaube, Sie verkennen die Situation. Ihnen bleibt überhaupt keine andere Wahl, als mein Angebot anzunehmen. Selbst wenn Sie nicht draußen auf dem Friedhof landen, so wäre es doch zumindest unangenehm für Sie, wenn Ihre Vorgesetzten erführen, daß Sie einmal mit Weißberger über die Möglichkeit sprachen, die zehn Strahlbomben aus dem geheimen Arsenal zu stehlen.“
„Das wissen Sie?“ entfuhr es Fabian, ehe er sich auf die Unterlippe beißen konnte.
„Wir wissen noch einiges mehr, lieber Doktor. Glauben Sie nur nicht, wir säßen nur hier auf der Farm. Wir wissen auch, daß Sie einmal daran dachten, die zehn Bomben zu entschärfen. Mann, seien Sie doch vernünftig! Wir wollen doch das gleiche! Arbeiten Sie mit uns zusammen, und Ihre Zukunft ist gesichert.“
„Aber nicht die der Welt“, erwiderte Fabian wütend. Er sah keinen Ausweg mehr aus dieser Lage. Sie hatten ihn völlig in der Hand. Und sie würden ihn beseitigen, das stand fest. Sie kannten keine Rücksicht. Niemand würde je auf den Gedanken kommen, ihn oder sein Grab hier in der Wildnis zu suchen. Alle Spuren waren verwischt worden.
Er war irgendwo in der unermeßlichen Weite des amerikanischen Kontinentes verschwunden.
Harrison mochte einsehen, daß es jetzt keinen Sinn mehr hatte, auf weltanschauliche Dinge einzugehen. Er seufzte.
„Ich werde Ihnen jetzt Ihr Zimmer zeigen, Fabian. Sie erhalten eine gute Mahlzeit und können sich überlegen, wie Sie sich entscheiden wollen. Ich gebe Ihnen Zeit bis morgen früh. Dann will ich wissen, woran ich bin. Morgen früh, und keine Stunde mehr. Dann werden wir weitersehen. Sollten Sie eher zu einem Ergebnis gelangen, brauchen Sie nur an die Tür zu klopfen.“ Er stand auf. „Und noch etwas: Kommen Sie nicht auf den verrückten Gedanken, fliehen zu wollen. Sie sind unbewaffnet und können wahrscheinlich nicht einmal mit einem Gewehr umgehen. Meine Leute bewachen nachts die Farm. Keine Maus kann raus oder rein. Und wenn man Sie als Einbrecher erschießt, kann uns nicht einmal das
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