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TS 96: Menschen auf fremden Sternen

TS 96: Menschen auf fremden Sternen

Titel: TS 96: Menschen auf fremden Sternen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Chad Oliver
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Sheks Frau schien äußerlich genau das Gegenteil von ihm zu sein, denn sie verhielt sich kühl und würdevoll. Die beiden Kinder des Ehepaares, zwei reizende kleine Mädchen, rannten durch das ganze Haus, bis sie von der Mutter zur Ordnung gerufen wurden.
    Leider konnte nur Shek Englisch sprechen, so daß Martin auf Zeichen und Blicke angewiesen war, wenn er den Kindern etwas sagen wollte. Shek mixte ihm einen Drink und reichte ihm ein hohes Glas. Ashley spürte eine merkwürdige Übereinstimmung der Gefühle und Ansichten. Er war ein Fremder und doch ein Freund der Familie. Das Haus gefiel ihm. Er wollte gern wieder zurückkehren, hatte aber das Gefühl, nicht in diese Welt zu passen.
    Shek bemerkte seine Nachdenklichkeit, stellte aber keine Fragen, bis Martin von selber anfing. „Ich bin gekommen, weil ich noch eine bestimmte Information brauche“, sagte er ernst. „Ich habe nicht mehr viel Zeit. Sie müssen mir deshalb helfen, die Teile des Puzzlespiels zusammenzusetzen.“
    „Ich kann es versuchen.“
    Martin trank erst sein Glas leer. Dann fuhr er fort: „Seit ich die Juarez verlassen habe, komme ich mir wie ein Narr vor. Sofort nach der Landung wurde mir die Besonderheit der Leute von Carinae IV klar. Fragen tauchten auf, aber die Antworten kann ich nicht finden. Die Nern sind nicht so primitiv wie sie auf den unbefangenen Beobachter wirken. Ich spürte es von Anfang an und stellte mich darauf ein. Jetzt habe ich die Bestätigung dieser Annahme. Sie sagten mir, die Nern seien selbst dieser hochentwickelten Zivilisation hier voraus.“
    Shek sah auf. „Drücken wir es anders aus. Die Komplexität dieser Fragen ist leider nicht allen verständlich zu machen. Es ist nicht leicht zu entscheiden, wer eigentlich weiter fortgeschritten ist. Solche Urteile werden zu subjektiv gefällt.“
    „Das glaube ich auch. Darauf kommt es mir aber heute nicht an. Ich weiß, was die Nern nicht sind, aber ich habe nicht die geringste Ahnung, was sie sind.“ Er sah seinen Gastgeber fragend an. „Ich muß es aber wissen, Shek.“
    Shek schien zu überlegen. „Ich kann auch nicht alles erklären, denn auch mein Wissen ist begrenzt“, gestand er freimütig. „Ich kann aber einen allgemeinen Abriß geben.“
    „Das ist wahrscheinlich mehr, als ich verdauen kann“, murmelteAshley und sah erwartungsvoll auf. Er war aufgeregt wie nie zuvor in seinem Leben.
     
    *
     
    Sheks Erklärungen dauerten lange. Ashley sah nichts von der Dämmerung, denn sein Blick hing am Mund seines Gastgebers. Nach Sheks Erklärungen war der Mensch überall ein merkwürdiges, mißverstandenes Wesen. Nicht das bessere Gehirn machte den Unterschied zu anderen Wesen aus, sondern seine Fähigkeit, Symbole und somit Kulturen zu schaffen. Diese Fähigkeiten wurden überall von Generation zu Generation größer, denn jede Generation übernahm eine funktionierende Ordnung und konnte darauf aufbauen. Das hatte aber auch den Nachteil gedankenloser Übernahme früherer Erkenntnisse. Kein Mensch dachte mehr nach, wenn er Nahrung kochte, sich der Elektrizität bediente und auf den Sportplatz ging. All diese Dinge wurden als gegeben betrachtet.
    Die Kultur bedarf aber der Träger, und diese Träger müssen sich alles mühsam erarbeiten. Der Mensch muß viele Jahre seines Lebens in Schulen zubringen, um all das zu lernen, was eine hochentwickelte Kultur hervorgebracht hat.
    Hochentwickelte Kulturen sahen sich bald vor eine schwierige Frage gestellt: Was geschieht, wenn alles so kompliziert geworden ist, daß der Einzelmensch nur einen Bruchteil übersehen kann?
    Auch die Technik wuchs lawinenartig an. Die Höhlenbewohner hatten es einfach, ihre Nachkommen nicht mehr. Die Bibliotheken wuchsen an, füllten sich mit der ungeheuren Vielfalt des Wissens. Kein Mensch konnte all dieses Wissen in sich aufnehmen. Wie sollte dieses Problem gelöst werden?
    Die Bewohner der Erde und des Planeten Carinae V gingen unbewußt den einzig erkennbaren Weg: sie spezialisierten sich. Die Ergebnisse dieser Spezialisierung auf ein engbegrenztes Gebiet waren mitunter erschreckend, Wissenschaftler konnten die Folgen ihrer Arbeit nicht mehr übersehen; Soldaten kämpften für Ideen, die sie nicht begriffen; alles bewegte sich in engen Bahnen. Die Entwicklung ging weiter, aber die Spezialisten wurden immer einseitiger. Nachfolgende Generationen waren bald nicht mehr in der Lage, nur die Spezialgebiete zu beherrschen.
    Die Nern hatten einen Weg aus diesem Dilemma gefunden und alles auf ein

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