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TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt

Titel: TS 97: Das Mittelalter findet nicht statt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. Sprague de Camp
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Martinus, oder? Martinus Paduei, Martinus Paduei. Habe ich dich nicht zum Präfekten ernannt oder so etwas? Du liebe Güte, ich kann mich an nichts mehr erinnern. Worüber wolltest du eigentlich mit mir sprechen? Immer Geschäfte, Geschäfte, Geschäfte. Ich hasse Geschäfte. Die Wissenschaft ist viel wichtiger. Diese dummen Staatsgeschäfte. Wovon habe ich eigentlich gesprochen?“
    In gewisser Beziehung war es ganz gut, daß Thiudahad sich nicht um die Staatsgeschäfte kümmerte. Unangenehm konnte es nur werden, wenn der König sich einfach weigerte, Padway anzuhören oder ein paar Tage lang ablehnte, irgendwelche Papiere zu unterzeichnen.
    Einmal geriet er in einen hitzigen Disput mit dem Zahlmeister der gotischen Armee. Der Mann weigerte sich, die kaiserlichen Söldner, die Padway gefangen hatte, in die Soldliste aufzunehmen. Padway argumentierte, daß die Männer erstklassige Soldaten waren, die dem italisch-gotischen Staat treu dienten und daß es schließlich nur wenig mehr kosten würde, sie als Soldaten zu besolden, als sie als Gefangene zu füttern. Der Zahlmeister erwiderte darauf, daß die nationale Verteidigung seit den Zeiten Theoderichs ein Vorrecht der Goten gewesen sei und daß die fraglichen Männer eben mit wenigen Ausnahmen keine Goten seien. Basta.
    Beide beharrten auf ihrem Standpunkt, und so wurde die Frage schließlich Thiudahad vorgelegt. Der König hörte sich beide Seiten an und schickte dann den Zahlmeister weg.
    „Martinus, wenn ich dir recht gebe, erwarte ich dafür ein Militärkommando für meinen Sohn Thiudegiskel.“
    Padway bemühte sich, seinen Schrecken nicht zu deutlich zu zeigen. „Aber Majestät, was für militärische Erfahrung hat denn Thiudegiskel?“
    „Keine. Das ist es ja. Ich finde eben, man sollte ihm eine Verantwortung geben. Etwas, was der Würde seiner hohen Geburt entspricht. Schließlich bin ich doch König, oder nicht? Ich finde, du schuldest Thiudegiskel etwas dafür, daß du ihn in dieses schreckliche Gefangenenlager gesteckt hast …“
    „Aber ich habe ihn doch nicht ins Gefängnis gesteckt …“
    „Unterbrich mich nicht, Martinus! Das gehört sich nicht. Entweder gibst du ihm ein Kommando, oder ich entscheide mich für diesen anderen Mann – ich weiß nicht mehr, wie er heißt. Das ist mein letztes königliches Wort.“
    Also gab Padway nach. Thiudegiskel erhielt das Kommando über die gotischen Truppen in Kalabrien, wo er, wie Padway hoffte, nicht viel Unheil anrichten konnte. Daran sollte er später noch denken.
    Und dann geschahen drei Dinge gleichzeitig. General Sisiges meldete, daß die Franken an der Grenze Militär zusammenzögen.
    Padway erhielt einen Brief von Tomasus, der von einem Attentat auf Exkönig Wittiges berichtete. Der Attentäter hatte es unerklärlicherweise fertiggebracht, sich in das Gefängnis zu schleichen, wo Wittiges, der bei dem Kampf leicht verwundet worden war, ihn getötet hatte. Niemand kannte den Attentäter, bis Wittiges erklärte, er hätte in dem Mann einen Agenten Thiudahads erkannt. Padway wußte, was das bedeutete. Thiudahad hatte Wittigess Gefängnis gefunden und gedacht, nun seinen Rivalen aus dem Weg zu schaffen. Wenn ihm das gelang, würde er versuchen, sich Padways Einfluß zu entziehen oder ihn vielleicht sogar aus dem Amt jagen.
    Schließlich erhielt Padway einen Brief von Justinian. Er lautete:
    „Flavius Amiews Justinian, Kaiser der Römer, an König Thiudahad.
    Grüße.
    Die Aufmerksamkeit unserer Majestät ist auf die Bedingungen gerichtet worden, die Ihr zu einer Beendigung des Krieges zwischen uns vorschlagt.
    Uns erscheinen diese Bedingungen so absurd und unvernünftig, daß es ein Akt großer Gnade unsererseits ist, daß wir überhaupt darauf antworten. Unsere heilige Aufgabe, die Provinzen Westeuropas zurückzuerobern, die unseren Vorvätern gehörten und daher rechtmäßig uns zukommen, wird bis zu ihrem siegreichen Ende durchgeführt werden.
    Was unseren ehemaligen General, Flavius Belisarius, angeht, so ist seine Weigerung, zu uns zurückzukehren, ein Akt der Pflichtverletzung, den wir zu gegebener Zeit gebührend bestrafen werden. Inzwischen möge sich Belisarius als frei von allen Verpflichtungen uns gegenüber betrachten. Ja noch mehr, wir befehlen ihm, sich unter den Befehl jenes Häretikers und Agenten des Bösen zu stellen, der sich Martinus Paduei nennt und von dem wir gehört haben.
    Wir sind überzeugt, daß die Feigheit und Unfähigkeit des Belisarius und der göttliche Fluch, der

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