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Tschick (German Edition)

Tschick (German Edition)

Titel: Tschick (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Herrndorf
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Vater zum Geburtstag.»
    Komischerweise fluchte sie nicht, sondern setzte nur ein genervtes Gesicht auf. Sie sagte: «Ich hab euch den Scheiß gezeigt, jetzt könnt ihr mir auch sagen, wozu ihr das braucht.» Tschick lag auf Knien auf dem Haufen, untersuchte einen Waschmaschinenschlauch nach dem anderen und hielt ihn in den Kanister.
    «Wozu!»
    «Wir haben ein Auto geklaut», sagte Tschick. «Und jetzt müssen wir noch Benzin klauen.»
    Er blies durch einen riesigen Schlauch durch und sah dabei das Mädchen an.
    Sie bombardierte ihn mit noch ungefähr hundert Schimpfwörtern. «War ja klar, ihr Oberspastis. Wenn ich euch den Scheiß schon zeig. Aber typisch. Macht doch, was ihr wollt.» Sie wischte sich mit dem Ärmel über das ganze Gesicht und setzte sich dann mit ihrer Holzkiste auf einen Treckerreifen. Ich hielt meinen Duschschlauch hoch und gab Tschick damit das Zeichen zum Aufbruch. Mit Kanister und drei Schläuchen machten wir uns auf den Rückweg.
    «Was wollt ihr wirklich damit?», rief das Mädchen uns hinterher.
    «Du nervst.»
    «Habt ihr was zu essen?»
    «Sehen wir so aus?»
    «Ihr seht wie Spastis aus.»
    «Du wiederholst dich.»
    «Habt ihr Geld?»
    «Für dich oder was?»
    «Ohne mich hättet ihr die nie gefunden.»
    «Hol dir einen drauf runter.»
    Tschick und das Mädchen beharkten sich noch, als wir schon fast außer Rufweite waren. Er drehte sich immer wieder um und brüllte ihr Beleidigungen zu, und sie brüllte von den Müllbergen zurück. Ich hielt mich da lieber raus.
    Aber dann kam sie uns auf einmal hinterhergelaufen. Und irgendwie hatte ich gleich ein komisches Gefühl bei der Sache, als ich sah, wie sie uns hinterherlief. Normalerweise können Mädchen ja nicht laufen, oder nur so schlenkerig. Aber die konnte laufen. Und sie lief mit ihrer Holzkiste im Arm, als ginge es um Leben und Tod. Ich hatte nicht direkt Angst vor ihr, wie sie da auf uns zuschoss. Aber ein bisschen unheimlich war sie mir schon.
    «Ich hab Hunger», sagte sie und blieb heftig atmend vor uns stehen. Dabei sah sie uns in etwa an, als würde sie fernsehen.
    «Dahinten sind Brombeeren», sagte ich.
    Sie machte mit dem Zeigefinger einen Kreis um ihren Mund und meinte: «Und ich dachte schon, ihr seid Schwuchteln. Wegen hier Lippenstift.»
    Tschick und ich gingen einfach weiter, und Tschick flüsterte mir nochmal zu, dass die nicht ganz richtig tickte.
    Aber wir waren noch nicht weit gekommen, da hörten wir sie schon wieder brüllen.
    «Hey!», brüllte sie.
    «Was hey?»
    «Wo sind die? Die Brombeeren, Mann! Wo sind die Brombeeren?»

30
    Der Rückweg erschien mir deutlich kürzer als der Hinweg. Vielleicht lag es daran, dass das Mädchen pausenlos redete. Sie lief zuerst hinter uns und dann zwischen uns und dann auf der anderen Seite vom Weg. Tschick hielt einmal seine Nase zu und sah mich dabei an, und es stimmte. Sie stank. Das Mädchen stank entsetzlich. Auf der Müllkippe hatte man das nicht so gerochen, weil die ganze Müllkippe roch. Aber es war ein Riesengestank, der von ihr ausging. Ein Comiczeichner hätte Fliegen um ihren Kopf schwirren lassen. Und dazu redete sie pausenlos. Ich erinnere mich nicht genau, was sie alles redete, aber sie fragte zum Beispiel dauernd, wo wir wohnen würden, ob wir zur Schule gingen, ob wir gut in Mathe wären (das war ihr besonders wichtig, ob wir gut in Mathe wären). Und ob wir Geschwister hätten, ob wir Cantors Unendlichkeitsdingens kennen würden und so weiter. Aber wenn man zurückfragte, warum sie das alles wissen wollte, kam nie eine Antwort. Auch was sie selbst auf der Müllkippe gesucht hatte – keine Antwort.
    Stattdessen redete sie davon, dass sie später mal beim Fernsehen arbeiten wollte. Ihr Traum wäre es, eine Quizsendung zu moderieren, «weil man da gut aussieht und irgendwas mit Worten macht». Sie hätte eine Cousine, die das machen würde, und das wäre ein «Superjob» und sie wäre «voll überqualifiziert» und man müsste nur nachts arbeiten.
    Als sie lange genug übers Fernsehen geredet hatte, kam sie auch nochmal auf den Scherz mit dem Autoklau zurück und meinte, Tschick sei schon ein witziger Typ, irgendwie, und sie hätte innerlich sehr lachen müssen über diesen Witz mit dem Auto, und Tschick kratzte sich am Kopf und sagte, ja, das hätte sie richtig beobachtet, er sei schon ein ziemlich witziger Typ manchmal, und deshalb würde er seinem Vater ja auch einen Schlauch zum Geburtstag schenken.
    «Und du bist eher so der Stille», sagte das Mädchen

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