Tschoklet
instruiert. »Sag deiner Tante einen schönen Gruß!«
Roebuck umarmte und küsste sie zärtlich. »I love you«, flüsterte er ihr leise hinterher. Auf dem Weg über die Straße zur Pforte pfiffen ihr zwei junge Franzosen hinterher, was sie jedoch nicht bemerkte oder nicht bemerken wollte.
Kapitel 25
Chuck Harrison hatte sich mit seiner schwarzen Hose der US-Militärpolizei und dem laubgrünen Uniformpullover des französischen Polizeioffiziers bekleidet, auf dessen Schultern zwei Dienstgradschlaufen mit den silbernen Sternen und jeweils einem geschwungenen S, dem Symbol der Geheimpolizei, prangten. Harrison trottete gedankenversunken, den rechten Arm in einer Schlinge, unter den Schatten spendenden Platanen des Krankenhauses entlang und genoss die wärmende Sonne.
Rechts und links unter den Bäumen und auf Holzbänken saßen viele verwundete Soldaten. Sie unterbrachen ihre Unterhaltung und nickten dem vermeintlichen Polizeichef zu.
Als er plötzlich zwischen zwei Gebäuden hindurch auf der Straße eine Bewegung wahrnahm, sah er, wie ein Mädchen mit einem hellgrauen Mantel über dem Arm, aus einem amerikanischen Militärlastwagen ausstieg. Zuerst schenkte er der Sache keine Aufmerksamkeit, da die Soldaten alle mit dem Rücken zu ihm standen. Als sich einer der Behelmten jedoch nach links abwandte und den Blick auf Captain Edwards freigab, der dem Mädchen gerade lachend die Hände schüttelte und sie umarmte, bekam er einen Schreck.
Harrison erkannte seinen schlimmsten Feind. Dieser hatte sogar inzwischen eine Geliebte dabei! Sein Herz schlug laut in seiner Brust, die übermächtigen Gefühle der Rache wallten in ihm hoch und ließen ihn nicht mehr los. Er sah, wie das Mädchen sich der Krankenhauspforte näherte und beschloss, sie gleich dahinter anzusprechen und sie in ein unverfängliches Gespräch zu verwickeln. Er müsste sich etwas Mühe geben, den amerikanischen Akzent zu unterdrücken. Hauptsache nett und freundlich. Jetzt würde sich der Deutschunterricht während der Ausbildung bezahlt machen.
Kaum war Christine an dem Pförtnerhäuschen vorbei auf die schmale Alleestraße des Krankenhauses gelaufen, kam plötzlich ein Mann mit einem verbundenen Arm auf sie zu. Er sprach sie langsam auf Deutsch, mit leichtem, aber noch hörbarem amerikanischem Akzent, an: »Hallo Fraulein, kann ick Ihnen helfen?«
Verwundert musterte sie ihn. Ein Amerikaner namens Barricourt in einem französischen Hospital in der französisch besetzten Zone? Vielleicht ein abgestürzter Bomberpilot oder ein ehemaliger Kriegsgefangener? Aber der Name! Anthony hatte diesen Namen doch ein paar Mal erwähnt. Oder hörte er sich zufällig nur ähnlich an? War in Neulußheim nicht ein Polizist namens Barricourt unterwegs? Oder Barker? Christine zuckte mit den Schultern und verwarf den Gedanken wieder. Freundlich lächelte sie den Mann mit dem Verband an.
»Ja, vielleicht. Ich suche meine Tante Hilde. Hildegard Enderle, eine Krankenschwester.«
»Tut mir leid, aber hier in dem Krankenhaus gibt es keine Frauen. Hier gibt es nur französische Soldaten, französische Krankenpfleger und noch ein paar deutsche Ärzte.«
»Ach, das ist aber schade. Trotzdem, vielen Dank für die Hilfe.«
»Kein Problem, Fraulein.«
»Auf Wiedersehen, Mister.«
»Warten Sie, vielleicht kann ich Sie begleiten?«
»Nein, danke. Mein Freund holt mich nachher hier wieder ab.«
»Ihr Freund ist ein Franzose, nicht wahr? Die Franzosen haben alle junge Freundinnen hier.«
»Nein, mein Freund ist ein amerikanischer Soldat. Er ist gerade aus Mannheim …«, Mist, das hätte sie nicht sagen sollen. Sie hatte bei dem Wort Mannheim ein kurzes Zucken der Mundwinkel des Fremden bemerkt.
»Mein Freund ist in Mannheim stationiert«, versuchte sie sich aus der Situation zu retten.
»Wo denn? Ick war auch in Mannheim.«
»Ich weiß es nicht. So lange kennen wir uns noch nicht. Ich muss jetzt gehen.« Sie drehte sich weg und musste sich zusammenreißen.
Harrison grinste Christine mit einem unschuldigen Gesichtsausdruck an. Seine Stimme begann fast zu zittern, als er sich die beiden zusammen vorstellte. Hinter dem Rücken ballte er die Faust seines unverletzten Arms.
»Vielleicht sehen wir uns noch mal. Würde mich freuen, Fraulein«, setzte er schnell nach.
Christine nickte nur kurz und lief eilig zurück zur Pforte. Nervös setzte sie sich auf einen der knarrenden Holzstühle vor die Theke des Dienstmannes. Der dicke, mit Dienstmütze und einem hellblauen
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