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Tschoklet

Titel: Tschoklet Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Pflug
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Nachdem der Schmutz etwas abgewaschen war, zeigte sich darunter ein braun gebranntes, hageres Gesicht mit hohen Wangenknochen und zwei wunderschönen Augen, die kurzen, blonden Haare standen wie nasse Stacheln von ihrem Kopf ab. Christine lachte kurz, wischte die Haare nach hinten und band sich das heruntergefallene rote Kopftuch wieder auf. Danach hielt sie sich das nasse Tuch zur Kühlung an das linke Auge.
    »Aua«, sagte sie leise.
    Er hakte sie vorsichtig unter und führte sie zu dem Halbkettenfahrzeug. Die grinsenden Gesichter der Kameraden verwandelten sich in neidische Blicke. Die Kleine sah ja richtig gut aus!
    Christine stieg vorsichtig an Hucky vorbei auf die gepanzerte Ladefläche und setzte sich auf eine Munitionskiste zwischen die Spargelkörbe.
    Roebuck musste zähneknirschend zurück zum Dodge, viel lieber hätte er sich mit in die M3 gesetzt. Private Piece saß mit unschuldigem Blick hinterm Steuer und sah angestrengt in den Himmel. Als sein Vorgesetzter einstieg, grinste er ihn an.
    »Wieso haben wir hier eigentlich gehalten?«
    »Piece, der Chef hat sich verfahren und nur nach dem Weg gefragt.«
    »Nach dem Weg?«
    »Was soll das denn heißen? Wir wussten nicht, dass auf dem Acker Frauen arbeiten. Das war Zufall. Außerdem hatten wir die Abfahrt nach Hockenheim verpasst.«
    »Verpasst? Vickers ist nach rechts abgebogen, nicht versehentlich an der Gabelung vorbeigefahren!«
    »Tatsächlich?«
    »Ja. Er bog definitiv rechts ab. Er hatte da so eine Ahnung. Deshalb fuhr er einen anderen Weg. Er hoffte nur, dass Captain Edwards nichts merkte.«
    »Aber das mit dem Scharfschützen wusste er nicht vorher?«
    »Nein, aber er sagte mir, er habe sich Gedanken gemacht und eins und eins zusammengezählt. Außerdem will er nicht von so einem Spinner erschossen werden.«
    »Was hat er Ihnen noch erzählt?«
    »Er sagte, wenn der Scharfschütze nicht einfach vor uns herfährt und nur auf uns warten muss, will er verdammt sein. Wir müssen unseren vorgesehenen Weg nach Karlsruhe ändern und Umwege fahren. So wie diesen hier. Garantiert würde der von der MP uns wieder bei Hockenheim auflauern und auf uns warten. Das wollte er verhindern.«
    »Warum spricht er nicht mit Edwards darüber?«
    »Keine Ahnung. Er will einem Offizier keine Vorschriften machen und ich fahre ja nur ihm hinterher.«
    Piece konzentrierte sich wieder auf die Straße und verstummte. Roebuck saß mit gerunzelter Stirn neben ihm und überlegte. Hinten auf der Ladefläche scherzten Letchus und Jonas über Roebucks Mädchen. Als sie seinen bösen Blick von vorn bemerkten, verstummten sie und wurden rot.
    *
     
    Verdammt, wo bleiben die bloß? Die müssten doch längst hier vorbeigekommen sein! Ich muss die anderen Straßen kontrollieren, vielleicht sind sie falsch abgebogen. Edwards hat nie Umwege geduldet. Als er mich in Mannheim kalt abservierte, hat er auch keinen Umweg gemacht und sich beim höchsten Mann beschwert! Wie gut, dass der dämliche Soldat Boone bei ihm mitfährt. Der hat mir sein Notizbuch gezeigt und ich habe es gelesen! War interessant, was er so geschrieben hatte. Es nützt nichts, ich fahre weiter nach Neulußheim. Dort müssen sie vorbei. Über Bruchsal wäre der Umweg zu groß.
    *
     
    Vickers war mit der Halbkette inzwischen in den Ort hineingefahren und bog auf Weisung der jungen Frau in eine Seitenstraße ab, bis sich vor ihnen eine Wiese hinter einem großen Haus öffnete, die von einem klapprigen Holzzaun umschlossen war. Auf einem Straßenschild stand ›BAHNHOFSANLAGE‹. Ein paar Kinder spielten in der Straße und liefen sofort in ein Haus, sowie sie die Soldaten bemerkten. Ein älterer Mann, der auf einer Bank gesessen hatte, stand langsam auf, stützte sich auf seinen Stock und humpelte in Richtung des Zaunes. Er öffnete das quietschende Gatter und wunderte sich sehr, als er zwischen den Köpfen der Soldaten das Gesicht der Pfarrerstochter entdeckte.
    Er nickte Hucky und Edwards freundlich zu, während sich das Fahrzeug langsam mit quietschenden Ketten an ihm vorbeibewegte und auf die Wiese fuhr. Nachdem ihn auch der Dodge passiert hatte, ließ er das Gatter zufallen und schlurfte wieder zurück zu seiner Bank.
    Christine war inzwischen ausgestiegen und lief dem Greis hinterher. Nachdem er sich umgedreht hatte, fiel sie ihm um den Hals und redete kurz auf ihn ein. Während des Gesprächs sah er sich ein paar Mal nach den Soldaten um und nickte. Anschließend küsste er sie auf die Wange, musterte mit besorgtem

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