Tschoklet
Maschinengewehr, allerdings auch mit fast doppeltem Patronendurchmesser.
Die Fahrzeuge fuhren die abwechselnden Rechts- und Linkskurven durch den Ort hindurch, an der evangelischen Kirche und weiter hinten an der ausgebrannten Ruine des Pfarrhauses vorbei. So wie es Willi Hauff beschrieben hatte. Kurz dahinter lag das nach hinten versetzte Haus des Veterinärs.
Auf der Straße und dem Platz vor dem Gebäude standen ein paar Männer und unterhielten sich, einige Buben sahen interessiert dem Tierarzt bei seiner Arbeit zu. Zwei Mädchen hielten eine meckernde Ziege an einem Seil fest. Als die Amerikaner mit ihrem Panzerfahrzeug auftauchten, liefen die Leute beiseite und grüßten freundlich. Edwards hatte Christine gefragt, ob sie einen Arzt benötige, aber diese lehnte nur lachend ab. Einen Viehdoktor wollte sie dann doch nicht konsultieren.
Dr. Zimmermann war sehr beschäftigt, zahlreiche Leute mit diversen Wehwehchen, ein Pferd, Hunde und zwei Schweine warteten im Hof geduldig auf eine Behandlung. Der Doktor hatte seine Sprechstunde komplett vor die Tür seines Hauses verlegt. Ein wackeliger Stuhl und ein Tisch mit Papieren unter dem Schatten spendenden Nussbaum ersetzten sein Sprechzimmer. Nebenbei rauchte er Pfeife und kritzelte allerhand Notizen auf schmale Kärtchen. Trotzdem erzählte er, während er einen Hundewelpen abtastete, von einem angeschossenen französischen Soldaten, der bei ihm gestern Abend aufgetaucht war und eine Operation forderte. Er konnte die vereiterte Wunde in dessen Schulter nur reinigen, desinfizieren und verbinden. Der Mann wäre schon sehr geschwächt gewesen, wollte aber unbedingt nach Karlsruhe fahren. Seiner Meinung nach hätte er dringend ins Krankenhaus gehört. Er hatte einen Offiziersmantel und einen französischen Uniformpullover an. Keine Waffen. Und er sprach Deutsch mit starkem englischen Akzent. Er und die anderen Franzosen und Marokkaner hätten sich ihm und der Grabener Bevölkerung gegenüber korrekt verhalten. Es hatte zwar Plünderungen gegeben, aber keine einzige Vergewaltigung. Sogar das Vieh blieb in den Ställen. Von Neudorf und Karlsdorf hatte er aber schon schlimmste Hiobsbotschaften gehört.
Das gestohlene Auto wurde am Mittag auf einem Waldweg südlich von Graben von einer französischen Streife entdeckt. Da die Franzosen inzwischen wussten, dass der Deserteur ein Scharfschützengewehr gestohlen hatte und auch sonst nicht besonders zimperlich mit der Waffe umging, orderten sie einen der Shermans von der Straßensperre. Nachdem das Fahrzeug eine ganze Weile beobachtet wurde und man sich sicher war, dass der Fahrer darin saß oder in der Nähe war, schoss der Panzer aus vierhundert Meter Entfernung darauf. Mit einer gewaltigen Explosion zerlegte sich Barricourts Renault in tausend Teile. Und mit ihm auch alle Beweise. Übrig blieb ein rauchender Schrotthaufen. Für die Franzosen war das Thema Deserteur vorerst abgeschlossen. Vorläufig.
Während Edwards und seine Leute am südlichen Ortsausgang von Graben mal wieder kontrolliert wurden, ertönte aus der Umgebung links von ihnen eine gedämpfte Detonation. Aus einem Wald in einiger Entfernung stieg eine schwarze Rauchsäule empor. Der Kolonialfranzose, der gerade die amerikanischen Papiere verlangt hatte, drehte sich kurz nach hinten um, fing an zu grinsen, nickte zu Vickers und winkte das Fahrzeug durch.
Letchus, der zwischenzeitlich zu Piece ins Fahrerhaus des Dodge gewechselt hatte, damit sich Roebuck um seine kranke Freundin kümmern konnte, fragte den Wachmann bei der Ankunft auf Französisch, ob dort etwas passiert wäre. Der Soldat lachte und erzählte nur kurz, dass man ein Auto mit einem Deserteur gesucht und gefunden hätte und der Panzer soeben sein Ziel getroffen habe. Voilà. Alles okay, weiterfahren.
Kapitel 18
Auf halbem Weg zwischen Graben und Hochstetten fuhren die Amerikaner durch ein kurzes Waldstück. Letchus ließ Piece mehrmals hupen, was für das vorausfahrende Fahrzeug ein Signal zum Halten bedeutete. An einem Waldweg fuhr Vickers rechts ran, stoppte und stieg aus. Neugierig kam er nach hinten zu dem Dodge gelaufen. Gleichzeitig zündete er sich die obligatorische Zigarette an.
»Was gibt’s denn so Wichtiges?«
Letchus winkte ihn zu sich an die Beifahrerseite. »Du, der Wachtposten in Graben erzählte uns gerade, dass sie den Renault gefunden und abgeschossen haben. Habt ihr die Detonation nicht gehört, als ihr losgefahren seid?«
»Doch, so ’nen Bums haben wir schon
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